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Hosen – und ihre Geschichte

In unserer sisterMAG »Hosen«-Ausgabe wollen wir uns natürlich auch mit der Geschichte der Hose auseinandersetzen. Deswegen hat Dr. Michael Neubauer einen Text darüber geschrieben, den ihr hier lesen könnt.

  • Text: Dr. Michael Neubauer

Hosen – und ihre Geschichte

Nicht ganz unerwartet, waren die Germanen in Mitteleuropa die ersten, die Hosen trugen. Gegen Kälte, unwegsames Gelände, gefährliche Tiere oder beim Reiten war der Schutz einer der wichtigsten Körperregionen durch ein Feigenblatt oder einen Lendenschurz einfach zu wenig. Die hosenähnlichen Gebilde – fest um beide Beine gewickelt und knöchellang – wurden aus Leder, Naturfasern oder Fellen gefertigt und bereits damals mit einem Gürtel gehalten.

Lange vorher im 7. bis 5. Jahrhundert v. Chr. bedienten sich Naturvölker in den eurasischen Grenzregionen hosenähnlicher Gebilde. Sie waren Nomaden und Reitervölker. Aber auch in den zentralen Regionen Europas, wo wir die Menschen in der Zeit zwischen dem 8. und 5. Jahrhundert v. Chr. als Kelten bezeichnen, führte die Erfindungsgabe zu einer schamfreundlichen, hosenähnlichen Bedeckung, die von den Germanen übernommen wurde. Nicht aber von den Römern! Eine »Mode«, die den Wilden, den Barbaren anstand, war für Rom nichts. Erst im Laufe der Zeit lockerte sich diese Aversion, weil nämlich auch die römischen Soldaten die Beinkleider sehr praktisch fanden. Im frühen Mittelalter, manche bezeichnen es als eine »dunkle, rückständige« Epoche passierte in der Mode sehr wenig. Erst im 11./12 Jahrhundert, wir befinden uns im Hochmittelalter und die Salier und Stauffer bestimmten das Tun. Riesige Kirchenbauten entstanden und die Männer trugen erstmals kurze Unterhosen, so genannte Bruochs. Wurde es plötzlich kalt, ließen sich Beinlinge anknüpfen. Die eigentlichen Hosen waren enganliegend, lang und wurden mit langen Strümpfen und knöchelhohem Schuhwerk kombiniert, dazu ein kurzer, anliegender und stets umgürteter Rock mit Stehkragen. Zwar trennte sich in diesen Jahren die weltliche von der klösterlichen Kleidung, aber die Hose setzte sich endlich zum Statussymbol für den Mann durch. Ausnahmen waren der Kilt der Schotten und die Fustanella (Männerrock) der Griechen. In der Renaissance blieben die Hosen zunächst schmal, enganliegend, wie Strumpfhosen, aber man erleichterte das Leben der Männer durch eingenähte »Schamkapseln«. Wo aber blieb das Kreative? Schweizer und süddeutsche Landser nahmen sich der Sache an und schnitten ihre Gewänder an den sie störenden Stellen, meist im Bereich der Gelenke, auf, die offenen Stellen wurden mit gebauschtem Futter unterlegt und alsbald sprach man von Pluderhosen, in Spanien nannte man sie Heerpauken. Wie 2 Kugeln umschlossen sie den Beckenboden mit all seinen Geheimnissen, so dass die in Strumpfhosen gebundenen Beine in ganzer Länge und Schönheit zu bewundern waren. In ihren besten Zeiten zierten sie die Mode am Hofe mit und ohne Schamkapsel. Einfache Leute trugen auch im 16. Jahrhundert (Reformationszeit) normale Hosen, die bis über das Knie reichten und unter dem Knie gebunden wurden, so genannte Pumphosen. Das Barock, die Zeit des Franzosenkönigs Ludwig XIV. kürte sich mit breiten, bis zu den Knien reichenden, am Ende mit Spitzen besetzten Beinkleidern, die eher an einen kurzen Frauenrock erinnerten. Zahlreiche Bänder zierten diese »Rheingrafenhosen« und verstärkten den weiblichen Eindruck. Allerdings vereinfachte sich die Männermode zum ausgehenden 17. Jahrhundert mit relativ engen Hosen, die bis unter das Knie reichten und mit dem Jackett harmonierten. Sie nannten sich »Culottes« (Höschen!). Die französische Revolutionszeit verbürgerlichte die Mode. Angelehnt an Ideen, die vom fortschrittlichen England herüberwehten, wurden die Hosen bequemer, gerade und knöchellang und hießen deshalb »Sansculotten«. Diese einfachen, den unsrigen schon sehr ähnlichen langen Hosen mussten im Laufe des 19. Jahrhunderts vor allem in Preußen noch einige Barrieren überspringen, waren aber bald in ganz Europa anerkannt. Die französischen Revolutionäre allerdings schmückten sich zum großen Teil mit sogenannten Pantalons, besonders röhrenförmigen Beinen und hohen Husarenstiefeln. In der Mitte des 19. Jahrhunderts bekamen die Hosen einen knüpfbaren Hosenschlitz. Die um die Jahrhundertwende des 19./20. Jahrhundert einsetzende Sport- und Freizeitbewegung ließ den Knickerbocker entstehen. Länge und Weite dieser an die historischen Pumphosen erinnernden Hosen haben oft gewechselt. Sie sollten eine Handbreit unterhalb der Kniekehle enden.

Die langen Hosen sind uns Männern geblieben, variierte man sie mal weiter, mal enger, mit und ohne Hosenumschlag, mal aufsitzend, mal knöchellang, gestreift oder glatt, mit Seitenborde oder ohne, aber letztlich fühlen wir uns damit angezogen. Das Bild ist insgesamt bunter geworden. Kurze Hosen, halblange, aus Stoff, Leder oder feinstem Tuch und das in allen Farben sind heute möglich. Einer Revolution gleich kam die Einführung von Jeans. Schon 1873 war die Hose aus blauem, derben Baumwollstoff patentiert wurden. Levi Strauss hatte eine aus Genua nach Amerika eingeführte Hose zum Vorbild für starke, robuste Arbeitskleidung genommen, verwendete den blauen Stoff und sicherte die Ecken mit Nieten. Aus dem Französischen »Genes« für Genua machten die Amerikaner den Begriff »Jeans«. Einen ungebrochenen Siegeszug in alle Bereiche des Lebens vollzog diese Hose. Und wie vor 500 Jahren sind auch heute diejenigen die coolsten, die ihre Jeans einschneiden, über dem Knie oder darüber …

Und die Frauen.  

Man sagt, man hätte hosentragende Frauen in der Antike gesehen, dann aber nie wieder. Von weiblichen Hosen sprechen wir erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts, als Beinkleider unter der Oberbekleidung, die Frauen vor Ungemach schützten. Im Zuge der Frauenemanzipationsbewegung entschlossen sich immer mehr weibliche Avantgardistinnen, den Rock abzulegen, allen voran Persönlichkeiten wie Amelia Bloomer oder George Sand. Die im 19. Jahrhundert beliebten Hosenrollen in Oper, Operette und Schauspiel förderten ebenso den Weg zur Hose für die Frau wie Varietés oder der Sport. Vor allem das Reiten und das Fahrradfahren, die für die Frauen bequeme und angepasste Kleidung verlangten, ermöglichten ihnen, Hosen immer selbstbewusster zu tragen. Typisch hierfür waren die Stiefelhosen für die Reiterinnen, die so genannten Breeches. Große Weite am Oberschenkel ermöglichten den sicheren Sitz auf dem Sattel. Für das Fahrrad kamen Hosenröcke in Mode. Die folgerichtige zunehmende Beteiligung der Frau am Arbeits- und Gesellschaftsleben, im Sport und in der Armee förderten im Laufe des 20. Jahrhunderts die Übernahme der Hose auch in die Frauenmode. Verschiedene modische Varianten zeigen, wie attraktiv die »Hose« auch der Frau zu Gute kommt. Sei es die weite Marlene-Dietrich Hose, die gerade fallende Business-Anzugshose, die Pumphose oder die enge, körperbetonte schmale Jeans. Der Siegeszug der Frauenhose war nicht störungsfrei, bis in die jüngste Vergangenheit wurden Frauen in Hosen angefeindet. Das sollte vorbei sein, sisterMAG liebt die Frauen in Hosen sehr, aber ab und zu auch mal im Rock …