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Karl Lagerfeld Ausstellung im Kunstmuseum Moritzburg

Noch bis zum 06. Januar 2021 wird im Kunstmuseum Moritzburg in Halle die Ausstellung »KARL LAGERFELD. FOTOGRAFIE Die Retrospektive« gezeigt. Kunstliebhaber Dr. Michael Neubauer hat die Ausstellung besucht und berichtet im sisterMAG über seine Erfahrungen. Lest hier den ganzen Artikel.

  • Text: Dr. Michael Neubauer

Karl Lagerfeld Ausstellung im Kunstmuseum Moritzburg

Das Kunstmuseum Moritzburg zeigt bis zum 06. Januar 2021 eine einzigartige Bilderschau. »KARL LAGERFELD. FOTOGRAFIE Die Retrospektive«

Der legendäre Modezar Karl Lagerfeld sagte in einem Interview: »Wahrscheinlich bin ich durch Arbeit und mitleidlose, eiserne Entschlossenheit zu dem geworden, der ich heute bin.« Man müsse »immer das Gefühl behalten, man könnte noch viel mehr erreichen und sich noch verbessern.« Er hat es vorgelebt wie kein anderer!

Er war ein künstlerisches Multitalent, das er nicht nur genial als Modedesigner bei Fendi, Chanel und anderen bedeutenden Modefirmen ausschöpfte. Seine Kreativität forderte auch die perfekte visuelle Wiedergabe seiner Labels. Die Qualität des Stoffes, das Besondere eines Schnittes, das Bild als Ganzes sollte seine Kreation zeigen.

Sein Blick, der in Sekundenschnelle Situation, Arrangement und Beziehungen einer Szene erfassen konnte, schrie nahezu danach, die Kamera selbst in die Hand zu nehmen, wenn auch Chanel etwas nachhalf. Das Interesse war schnell geweckt. 1987 fotografierte Karl Lagerfeld erstmals für eine Pressemappe für Chanel und es dauerte nicht lange, dass seine Werke die bedeutendsten Modejournale wie »Vogue«, »Harpers Bazaar«, »Numero« und »V Magazine« schmückten. Schnell wurde aus dem Muss eine Leidenschaft. Neben dem Entwerfen der Mode für Chanel, für die er über 30 Jahre als Chefdesigner tätig war, oder Fendi, wo er seiner Phantasie für die Mode freien Lauf lassen konnte, war die Fotografie zum zweiten Beruf geworden.

Nicht nur die Mode, sondern viele andere Motive entdeckte er. Er sagte selbst, dass er viele oder keinen Stil hätte. So wie das Leben, die Mode, so müsse sich auch das fotografierte Bild ändern, sich immer wieder neu erfinden. Viele seiner Bilder sind in Schwarz-Weiß gehalten und spiegeln in ihrer einfachen klassischen Weise seine Auffassungen von Mode wider.

Auf der Suche nach einer einwandfreien Wiedergabe seiner Werke fand Karl Lagerfeld in der bereits weithin geschätzten Siebdruck-Werkstatt für Druckgrafik und deren Meister Gerhard Steidl den richtigen Fachmann in Göttingen. Ihre intensive Zusammenarbeit gipfelte zweimal in der Gründung eines gemeinsamen erfolgreichen Verlages. Die Partnerschaft währte sogar über den Tod Karl Lagerfelds hinaus, denn die Retrospektive »Karl Lagerfeld FOTOGRAFIE«, die in der Moritzburg in Halle stattfindet, wurde von Gerhard Steidl zusammen mit dem Director Image bei Chanel Fashion Eric Pfrunder kuratiert. Sie vereinen um die 300 Fotografien, die noch zu Lebzeiten gemeinsam mit Karl Lagerfeld eigens für die Präsentation in Halle ausgewählt und produziert wurden. »Eine solche Ausstellung hat es in Mitteldeutschland noch nicht gegeben!« prognostiziert das Museum. So Aufsehen erregend Lagerfelds Modenschauen inszeniert waren, so furios ist die Präsentation in der Moritzburg kuratiert. Man betritt den Burghof und wird von einem Meer lebensgroßer Selbstporträts Karl Lagerfelds empfangen.

Die Ausstellung selbst präsentiert das gesamte Spektrum der fotografischen Medien von Lagerfeld, von Daguerreotypien über Platinotypien, Polaroidtransfers, Silbergelatine-Prints, Siebdrucken, handcolorierten Algrafien, Acryl-Injektdrucken bis zu hintergrundbeleuchteten LED-Panels. Die ausgestellten Bilder beleuchten Lagerfelds vielfältige Interessengebiete: Bilder zur Architektur, Landschaften, abstrakte Darstellungen, Porträts, Selbstporträts und natürlich Modefotografien für Fendi, Chanel und andere bereichern das Oeuvre seines Schaffens.

Besonders interessant sind ein bibliophiles Fotobuch der einander liebenden Findelkinder Daphnis und Chloe des antiken Dichters Longus und ein 18m langer Paravent zu Homers Odyssee. Odysseus ist der König der Insel Ithaka. Durch seine List (Trojanisches Pferd) hatte er seinen griechischen Landsleuten den Sieg über Troja erleichtert. 10 Jahre brauchte er, um von dort auf seine Insel Ithaka und zu seiner Frau Penelope zurückzukehren. Karl Lagerfeld nutzte diese Odyssee, um die lange Reise mit den Erlebnissen und Gefahren mit seinen schönen Mannequins auf eine sehr ästhetische Art und Weise fotografisch nachzuempfinden. Der 18m lange Paravent behauptet sich in einem historischen Gewölbe der Moritzburg im Kontext zu christlichen Ikonen und Skulpturen, so dass man eine besondere, mythische Atmosphäre wahrnimmt. Man muss es erleben!

Am 19. Februar 2019 starb Karl Lagerfeld an einer malignen Erkrankung. Bis in seine letzten Stunden bewahrte er eine bewundernswerte Haltung. Nie war er gebunden gewesen, so wollte er es. Er hatte männliche Musen, sein Arbeitsumfeld wurde aber von zwei Frauen beeinflusst: der britischen Kreativen und Autorin Amanda Harlach („Lagerfelds Auge außerhalb von Paris“) und seiner Stellvertreterin und Nachfolgerin Virginie Viard.

Karl Lagerfeld war ein Leben lang ein bewusster Einzelgänger, ein begnadetes Genie mit einem ungewöhnlichen Arbeitswillen und einer exzessiven Liebe für Bücher. Aber er war nicht König aller Herzen. Er nahm kein Blatt vor den Mund und wer ihm nicht mehr gefiel, wurde ausgetauscht. Nur für eine hatte er einen grenzenlosen Langmut, seine Katze Choupette. Ja, in seinem Outfit, seinem Auftreten sah so mancher etwas Spleeniges, aber das sollte man einem Genie dieses Ausmaßes nachsehen. Er war Modedesigner für eine Vielzahl von Firmen, Fotograf, Verleger, kreierte Parfüms, lehrte die Modeklasse an der Wiener Universität für angewandte Kunst, brachte eine eigene Modemarke heraus und war als Kostümbildner an Theater und Oper tätig. Er war der erste Top-Modemacher, der bereit war, auch den Massenmarkt zu bedienen. H&M profitierte von seinen Entwürfen, weil er der Meinung war »Der Massenelitismus, der lange mein Traum war (…), ist die Zukunft der Moderne.«

Hubert Barrere war über 21 Jahre sein Mitarbeiter als Leiter der Stickerei für das Atelier, ein Teil von Chanels Tochterfirma Paraffection zur Förderung herausragenden Kunsthandwerks.

Nach Lagerfelds Tod sagte er u.a.:

»Sein enzyklopädisches Wissen (…); seine Fähigkeit, unermüdlich zu arbeiten; seine Kampfeslust; seine natürliche Begabung, allem immer ein, zwei, drei Schritte voraus zu sein. Seine nahezu hellseherische Fähigkeit, die Zukunft zu verstehen und sie der Gegenwart anzupassen.« Das war er – Karl Lagerfeld!