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Interview mit Margret Eicher zur Ausstellung »B.A.R.O.C.K«

Im Rahmen des Gallery Weekend in Berlin eröffnet am 27. April um 11 Uhr in der Wunderkammer Olbricht des me Collectors Room die Ausstellung »B.A.R.O.C.K. – Künstlerische Interventionen in der Wunderkammer Olbricht und im Schloss Caputh«. Am 04. Mai öffnet der umfangreichere Ausstellungsteil im frühbarocken Schloss Caputh, das etwa 35 km außerhalb von Berlin liegt, seine Pforten. Caro vom sisterMAG Team hat sich vorab mit der Kuratorin und Medienkünstlerin Margret Eicher getroffen, um mit ihr über das Projekt und die Zeit des Barocks zu sprechen. Das vollständige Interview findet ihr hier!

Interview mit der Kuratorin und Künstlerin Margret Eicher 

Zur Eröffnung der Ausstellung »B.A.R.O.C.K. – Künstlerische Interventionen in der Wunderkammer Olbricht und im Schloss Caputh«

Am 27. April eröffnet im Rahmen des beliebten Gallery Weekends in Berlin in der Wunderkammer Olbricht des me Collectors Room die Ausstellung »B.A.R.O.C.K – Künstlerische Interventionen in der Wunderkammer Olbricht und im Schloss Caputh«. Wenige Tage später, am 4. Mai, eröffnet der Hauptteil der Schau im frühbarocken, an der Havel gelegenen Schloss Caputh, das einzige noch erhaltene Schloss aus der Zeit Friedrich Wilhelms von Brandenburg. In einem Gespräch berichtet die Kuratorin und Künstlerin Margret Eicher vorab über das Projekt und liefert einige interessante Hintergrundinformationen zu der Zeit des Barocks.

Liebe Margret Eicher, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Gespräch mit uns nehmen. Wollen Sie sich selbst einmal kurz vorstellen?

Mein Name ist Margret Eicher, ich bin Medienkünstlerin und arbeite mit Bildern verschiedenen Ursprungs, um daraus digitale Tapisserien herzustellen. Ich konfiguriere diese Bilder zu einer neuen Gesamtheit und lasse sie in einer flandrischen Weberei als Tapisserien weben. Dabei habe ich immer die Tapisserie des 16. und 17. Jahrhunderts im Auge, die sich formal dadurch kennzeichnet, dass es ein zentrales Mittelbild und eine Bordüre gibt. Das Zitat dieser Bildform ist mir deshalb wichtig, weil sie in der Barockzeit ein Bildmedium der Macht war. Man hat auf Tapisserien das verhandelt, was politisch, weltanschaulich und religiös wichtig war. Unter dem Gesichtspunkt der Kommunikation wurden sie unter Herrscherhäusern auch ausgetauscht, reisten von Residenz zu Residenz mit oder wurden beim Einzug des Herrschers an die Fassaden gehängt. Diese flexible Handhabung finde ich vergleichbar mit unseren heutigen Medien. Eine Tapisserie ist eigentlich eine Form eines «Riesenscreens«. Das hat mich so fasziniert, dass ich mir diese Bildform seit vielen Jahren zu eigen mache.

Gerne würde ich mit Ihnen über die kommende Ausstellung »B.A.R.O.C.K. – Künstlerische Interventionen in der Wunderkammer Olbricht und im Schloss Caputh« sprechen. Was werden die Themenschwerpunkte dieser Ausstellung sein und welche künstlerischen Arbeiten erwarten die BesucherInnen?  

Das Projekt ist eine 2-teilige Schau, die zum einen in den Räumlichkeiten vom Schloss Caputh, das etwa 35 km außerhalb Berlins liegt, und zum anderen in der Wunderkammer Olbricht im me Collectors Room in Berlin-Mitte, stattfinden wird. In Caputh werden wir mit großformatigen Werken agieren, ich selbst werde dort mehrere Tapisserien zeigen. Luzia Simons wird großformatige Fotoarbeiten, ihre bekannten Tulpen-Stillleben, ausstellen, die teilweise zwischen den historischen Stillleben arrangiert werden. Myriam Thyes wird ihre Videos an nicht bemalte Decken projizieren, sodass ein bewegtes Deckengemälde entsteht. Auch eine 13-teilige Serie von sogenannten »Jägerinnen« wird sie mit römischen Kaisern im Schloss Caputh konfrontieren. Rebecca Stevenson wird im Sommerspeisesaal drei großformatige Tierskulpturen ausstellen: Wildschwein, Hase und Reh. Tiere, die bei einem höfischen Bankett aufgetischt wurden, damit das Motiv der Vergänglichkeit sehr stark thematisieren und auch auf das Barocke zurückgreifen. In der Wunderkammer der Olbricht Stiftung werden wir ähnlich auftreten, aber mit kleineren Werken, die sich an die Vitrinengrößen und räumlichen Verhältnissen anpassen. Durch die Vermittlung des bekannten Kurators Mark Gisbourne, der auch hier mitwirkt, kam die Zusammenarbeit mit der Stiftung Olbricht zustande. Der Ausstellungsraum befindet sich mitten in der Stadt und fungiert sozusagen als »Fenster nach Caputh«. Hier können wir Kunstinteressierte mit einem Video auf das Ausstellungsprojekt aufmerksam machen und motivieren, nach Caputh rauszufahren.

Beide Ausstellungen funktionieren auf der Basis der Intervention und nicht als Bild-für-Bild Ausstellung. Wir gehen auf das Inventar des Schlosses und der Wunderkammer ein versuchen, die historischen Werke und das historische Ambiente durch unsere Konfrontationen zum Klingen zu bringen.

Welche Bedeutung hat der Begriff »vanitas« in Bezug auf die Ausstellung?

Der »vanitas«-Begriff ist der Begriff der Vergänglichkeit, der im Barock eine große Rolle spielt. Charakteristisch für die Zeit ist auf der einen Seite der starke Glaube an die Ewigkeit und das Leben nach dem Tod und auf der anderen Seite das Bewusstsein der Vergänglichkeit des Irdischen und der Angst vor dem Tod. Es gibt unglaubliche Übertreibungen, um ein starkes Gefühl zum Ausdruck zu bringen. Dieses starke Gefühl ist das Resultat dieser beider Pole, die Pracht und der Glaube an das Ewige und gleichzeitig die menschliche Angst vor dem absoluten Untergang und dem Tod. In unseren Werken spielt diese Polarität ebenfalls eine große Rolle, an diversen Motiven ist sie ablesbar. In der Wunderkammer der Olbricht Stiftung und den dortigen Sammlungsbeständen geht es ganz stark um Vergänglichkeitssymbole, um Skelette und Totenköpfe. Der Sammler Thomas Olbricht ist von Beruf Arzt und der Blick auf das Vergängliche ist in der Medizin sicher naheliegend. In beiden Sammlungen gibt es in diese Richtung eine starke Vorgabe, die diesem Vergänglichkeitsthema Rechnung tragen und da sind wir natürlich drauf eingegangen.

Wie ist es genau zu dieser Konstellation von Künstlerinnen gekommen?

Myriam Thyes kenne ich am längsten. Wir haben uns vor 15 Jahren im Laufe unserer Ausstellungstätigkeiten kennengelernt. Rebecca Stevenson traf ich vor etwa 4 Jahren bei einem gemeinsamen Projekt in Italien. Luzia Simons kannte ich bis dato nur von ihren Arbeiten und nicht persönlich. Sie habe ich kontaktiert und daraus ist dann diese Vierergruppe entstanden. Es gibt keine Abteilungen für jede künstlerische Position, die Verflechtungen der Künstlerinnen untereinander in den Räumlichkeiten sind gewollt.

Eine Besonderheit von Schloss Caputh ist im Übrigen, dass es von der zweiten Frau des Großen Kurfürsten stark geprägt wurde. Es war ihr persönlicher Landsitz und als für ihre Zeit ungewöhnlich selbständige Frau stattete sie das Anwesen extrem prachtvoll aus. In Referenz zu ihr hatte ich dann auch keine Bedenken, nur Frauen einzuladen.

Können Sie etwas zum Kunstvermittlungsprogramm sagen?

Zu der Ausstellung wird ein großformatiges, prächtiges Künstlerbuch zu günstigem Preis erscheinen, das auf die sinnliche Erfahrung der Kunst des barocken Gefühls bedacht ist und gleichzeitig hochkarätige Texte zum Thema Barock und Gegenwart bietet. Auch in der Ausstellung wird es Textmaterial geben. Auf Schloss Caputh wird es außerdem sehr intensive Führungen geben, das Personal wurde eigens dafür unterrichtet. Normalerweise ist das Schloss nur mit Führung begehbar, weil es vollmöbliert ist, aber im Kontext dieser Ausstellung wird es auch möglich sein, selbständig das Schloss zu begehen.