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Interview mit Bildhauerin Emily Young

Die in London geborene Emily Young (*1951) wurde von der Financial Times zu den führenden lebenden britischen Bildhauern ernannt und ist mit ihren Arbeiten in vielen öffentlichen und privaten Kunstsammlungen vertreten. Welche Beziehung schon ihre Großmutter zu Rodin hatte und wie die einstige Muse von Pink Floyd künstlerisch tätig ist, erfahrt ihr in diesem Interview der neuesten sisterMAG Ausgabe, das Caro vom sisterMAG Team mit der Künstlerin geführt hat.

Interview mit der Bildhauerin Emily Young

Auch im 21. Jahrhundert gibt es spannende künstlerische Positionen in der Bildhauerei, die den Einfluss von Rodin in sich tragen, wie z.B. die der in London geborenen Emily Young (*1951), die einst die Muse von Pink Floyd war und mittlerweile mit ihren Arbeiten in öffentlichen und privaten Kunstsammlungen weltweit vertreten ist. Von der Financial Times wurde sie zu den führenden britischen Bildhauern gezählt. Sie lebt derzeit alleine in einem Kloster in der Toskana, wo sie ihre bizarren und aufregenden Projekte realisiert. Aktuell arbeitet sie intensiv an ihrem neuesten Projekt »Weeping Guardians« (dt.: »Weinende Wächter«), bei dem sie 12 Tonnen schwere Skulpturen kreiert, die auf dem Meeresboden der Toskana abgesenkt werden sollen, um damit das Ausbreiten illegaler Schleppnetze entlang der Küste zu verhindern. Kunst als politisches Statement also.

In dieser Ausgabe vom sisterMAG erzählt uns Emily Young mehr über ihre künstlerische Arbeit und ihren spannenden Werdegang.

1. Liebe Emily, erzähle uns gerne etwas über deine Karriere. Wie bist du zur Kunst gekommen?

Ich komme aus einer Familie von Autoren und Künstlern. Mein Onkel Peter Scott hat Tiere gemalt und war Naturschützer. Er hat sein Leben damit verbracht, Vögel in der Wildnis zu beobachten und zu malen. Meine Großmutter war eine erfolgreiche Bildhauerin, die im Paris der frühen 1900er mit Rodin zusammengearbeitet hat – genau wie er hat auch sie hauptsächlich mit Bronze gearbeitet.

2. Was verbindest du mit Auguste Rodin?

Unglaubliche figurative Zeichentechnik, eine leichte Hand bei der Modellierung, ein wahrheitsgemäßes Auge und eine wilde Energie, die all diese Eigenschaften verbindet und eine neue, ehrliche Art und Weise der Darstellung von Menschen hervorgebracht hat – das hat ihn zu dem erfolgreichen Künstler gemacht, der er war. 

3. Wie würdest du deinen eigenen Stil beschreiben? Wie arbeitest du künstlerisch?

In den 1980ern in London habe ich von der Malerei zur Bildhauerei gewechselt, weil ich das Gefühl hatte, dass Stein das Medium war, das zu meiner Energie gepasst hat. Ich musste dann herausfinden, was genau passieren würde, wenn ich mich mit dem Stein auseinandersetze.

Ich habe herausgefunden, dass das Material so starr, so unerbittlich und so wunderbar unbeeindruckt von meiner Mühe, es zu verändern, war – der einzige Weg nach vorne war, dem Stein besser zu zuhören und zu beobachten, wo das hinführt. Daraus entstand die Idee, als Diener der Stille des Steins zu fungieren; seiner unendlichen Antik-heit. Die Geschichte seines Ursprungs ist auch die Geschichte der Entstehung von Leben auf der Erde, die Geschichte der Entstehung dieses Planeten, des Sonnensystems, der Galaxie, des Universums. Meine Einladung zu etwas, das älter ist als die Menschheit selber, schien eine mächtige Anordnung zu sein, um zu zeigen, wie die Schönheit eines jeden Steins die volle Schönheit und das Mysterium seiner Entstehung zeigt.

Die Praktik ist jetzt mein Lebensinhalt, meine Bemühung, den Bedürfnissen des Planeten und der Biosphäre gerecht zu werden. Ich weiß, dass meine Steinarbeiten in der Zukunft bestehen werden und in der Zukunft, wenn wir lange vergessen sind, noch als kleines Protokoll dienen könnten. Ein Teil der Konversation zwischen Mensch und Planet, die in eine komplett unbekannte Zukunft läuft.

Der Stein ist unser Vorfahre: wir sind Kinder des Steins. Für eine Sekunde können wir tiefe Zeit berühren; tiefen Raum, der uns an die Geschichte unseres Planeten erinnert, unserer winzigen, blauen Heimat.

So schaffe ich den menschlichen Kopf und weibliche Torsos (abstrahiert), und Mond- und Sonnenscheiben.

Die Köpfe sind oft voller buddhistischer Stille und laden zu einer durchdachten und reflektierten Beobachtung ein.

Nur eine Sekunde an diesem Verständnis des menschlichen Lebens teilzuhaben, das seit 200.000 Jahren existiert, oder der Länge des Universums mit 14.7 Billionen Jahren, mit 17 Billionen Jahren Zukunft vor sich – das bringt hoffentlich Demut und Ehrfurcht mit sich.

Ich stelle mir vor, dass meine Arbeiten die Verkörperung eines Bewusstseins ist, in dem wir echte Diener unseres Planeten sind; ihre Bewacher anstelle ihrer Zerstörer.

So, als ob sie ein Tempel ist und wir ihre Anbeter. Für mich würde das Sinn in jegliches menschliche Leben bringen und all die ehren, die den Planeten mit uns teilen.

Letztendlich habe ich also keinen genauen Stil; ich möchte nur zeigen, dass Kunst nicht mehr als neutraler Raum von Ideen und formellen Vorstellungen gesehen werden kann: sie kann jetzt sofort in die Köpfe der Menschen eindringen und den Geist nähren, den wir heute brauchen, um unserem Planeten zu helfen. Das ist das unverschämte Jetzt.

4. Wo und wann werden deine Arbeiten in nächster Zeit ausgestellt?  

Museo del Tartuca, Siena. Tuscany Italy.

Ab 25. Mai. Offen für 6 Wochen.

22 neue Steinskulpturen.

 

Bowman Sculpture,

6 Duke street St. James’s

London SW1Y 6BN

Mitte Juni für 6 Wochen.

12 neue Bronzen, vom Stein abgegossen.