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Moderne Kunst in Spanien nach 1945

Mit unserem Februar-Kunstwerk befinden wir uns in den 1970er Jahren. Zeit also, die Kunstgeschichte und die moderne spanische Kunst nach 1945 in dieser sisterMAG-Ausgabe etwas genauer zu beleuchten. Welche Künstler dominierten die Kunstszene zu dieser Zeit? Welche Kunstströmungen entwickelten sich und was waren die geschichtlichen Hintergründe? Kommt mit auf einen kleinen Exkurs in die Kunstgeschichte.

Moderne Kunst in Spanien nach 1945

Die wichtigsten Entwicklungen und Akteure in der spanischen Kunstszene des 20. Jahrhunderts

Um die Zeit und Entwicklungen der Kunstgeschichte nach 1945 in Spanien besser verstehen zu können, müssen wir einige Schritte früher beginnen und einen kurzen Blick auf das Jahr 1936 werfen. Das Jahr, in dem der Diktator Francisco Franco Staatsoberhaupt des Landes wurde. Er sollte Spanien bis zu seinem Tod im Jahre 1975 anführen und die spanischen Geschehen dirigieren. Die Periode der fast 40-jährigen Herrschaft war gekennzeichnet von einem einzigartigen Personenkult um Franco, der bis heute nachhallt. Mit dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs im gleichen Jahr, waren viele Künstler gezwungen, ins Exil zu gehen, was den Kontakt zur französischen Kunstszene steigerte und großen Einfluss nahm auf die Weiterentwicklung der spanischen Künstler. Genau diese Beziehungen zu Paris zu Beginn des Jahrhunderts, die internationale Isolierung nach dem Bürgerkrieg und die Öffnung gegenüber neuen Tendenzen ab den 50er Jahren sind charakteristisch für das 20. Jahrhundert in Spanien.

Sowohl vor als auch nach 1945 lassen sich in der spanischen Kunstszene eindeutige Hauptakteure herausstellen, die mit ihrem künstlerischen Schaffen zu weltweiter Anerkennung gekommen sind:

Pablo Picasso (1881 – 1973)

Der Maler, Grafiker und Bildhauer gehört zu den populärsten Künstlern des 20. Jahrhunderts und ist für sein vielfältiges Oeuvre künstlerischer Ausdrucksformen und Techniken auf der ganzen Welt bekannt. Gemeinsam mit Georges Braque begründete er schon ab etwa 1906 den Kubismus – eine Kunstströmung, die sich von der Darstellung der scheinbaren Welt distanziert, mit vorherrschenden Denkstrukturen und Konventionen innerhalb der Malerei bricht und damit zu der revolutionärsten Kunstneuerung im 20. Jahrhundert wurde. Werke des Kubismus sind vor allem an dem Einsatz von vielfältigen und zum Teil geometrischen Formen erkennbar. Den Grundstein für den neuen Stil legte Picasso mit dem Schlüsselbild der Moderne »Les Demoiselles d’Avignon« (1907), das auch zu seinen bekanntesten Arbeiten zählt. Während des zweiten Weltkrieges zog sich Picasso in Paris zurück und lernte dort den Künstler Henri Matisse kennen, der mit seinem spielerischen Bildaufbau und der flächigen Farbgebung einen großen Einfluss auf sein Spätwerk ausübte.

Joan Miró (1893 – 1983)

Der spanisch-katalanische Künstler Miró lässt in seinen fantasievollen Bildern Einflüsse des durch Picasso begründeten Kubismus durchscheinen und bringt magische Symbole, wie z.B. Mond, Sterne, Vogel, Auge und Frau – um nur seine populärsten Elemente zu nennen –  in seiner Kunst zusammen. Sein Spätwerk, darunter die 5-teilige Serie »Toiles brûlées« (dt.: verbrannte Leinwände), die 1973 als eine Art Performance und dabei auf Film aufgenommen entstand, richtet sich gegen die Kommerzialisierung des Kunstbetriebs. Auch  ein Protest gegen einen Anschlag des Franco-Regimes wird in der Forschung nicht gänzlich ausgeschlossen. Durch Miró bilden sich in der Malerei künstlerische Variationen von ikonischen, magischen und symbolischen Zeichen aus. Auch Miró lebte für einige Zeit in Paris (1936 – 1940) und kam mit den dortigen Künstlerkreisen in Kontakt.

Salvador Dalí (1904 – 1989)

Als Maler und Grafiker kam Salvador Dalí schon zu Lebzeiten zu großem Ruhm und weltweiter Bekanntheit. Er ist der Hauptvertreter des Surrealismus – eine Strömung, die Absurdes, Fantasievolles und das Unbewusste in Bildern zusammenbringt. Die Welt des Unbewussten, die in Träumen erscheint, zieht sich lange wie ein roter Faden durch sein künstlerisches Schaffen. Die schmelzende Uhr in seinem Werk, die die Allgegenwärtigkeit der Zeit verdeutlichen soll, zählt dabei wohl zu seinen populärsten Motiven. Zur Zeit des Spanischen Bürgerkriegs ließ er sich für ein paar Jahre mit seiner Frau in den Vereinigten Staaten nieder. Nach 1945 entfernte sich der Künstler nach und nach von seinem an den späteren Fotorealismus erinnernden Stil und kehrte zurück zu einer eher klassischen Darstellungsform mit Anlehnung an die Ästhetik der italienischen Renaissance, z.B. die des großen Meisters Raffael. Bis heute löst der Künstler aufgrund seiner exzentrischen Persönlichkeit, der offenen Sympathie für den Diktator Franco und seines stark veränderten Spätwerks zahlreiche Kontroversen aus.

»Für immer ein Surrealist zu bleiben ist, wie wenn man sein ganzes Leben Augen und Nasen malt.« – Salvador Dalí

Neben dem Wirken dieser drei Protagonisten sind in den 50er Jahren zudem zwei sehr unterschiedliche moderne Künstlergruppen in Spanien entstanden: Zum einen die Gruppe »El Paso« in Madrid, die sich vor allem mit Action Painting beschäftigte und u.a. durch Antonio Saura, Manuel Millares und Rafael Canogar vertreten wurde. Zum anderen das Kollektiv »El Equipo 57« in Cuenca in Duart, Ibarrola, Serrano und Duarte, das der Zeichnung eine besondere Bedeutung zuschrieb. Hinzu kommt außerdem Juan Genoves, der gemeinsam mit der valenzianischen Gruppe »Equipo Cronica« den kritischen Realismus der späten Francozeit im Land vertreten hat.

Zu den bekanntesten zeitgenössischen Vertretern für moderne Kunst in Spanien gehören mittlerweile Namen, wie der 2012 verstorbene Antoni Tàpies und Miquel Barceló in der Malerei und Ricardo Bofill und Rafael Moneo im Bereich der Architektur.