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Der Jugendstil und das Grand Budapest Hotel

Unverkennbar ließ sich Wes Anderson bei der Gestaltung seines Films Grand Budapest Hotel vom Jugendstil inspirieren. Diese Strömung, die auch unter dem Namen Art Nouveau bekannt ist, entwickelte sich um die Jahrhundertwende und verkörpert gewissermaßen das Fin de siècle. Als eine Reaktion auf die rasante Industrialisierung war der Jugendstil nah an der Zeit, findet jedoch bis heute Fans – wie Wes Andersons Werk zweifellos beweist.

Der Jugendstil und das Grand Budapest Hotel

 

Wie in Zuckerwatte getaucht erscheint die unwirkliche Szenerie: Majestätische Paläste, aufragend in makelloser Symmetrie, sorgfältig arrangierte Requisiten, die ganze Kulisse wie mit einem Filter überzogen, der jegliche Unregelmäßigkeit verschwinden lässt. Wes Andersons Grand Budapest Hotel anzuschauen, ist wie in einen pastellfarbenen Traum abzutauchen. Der Regisseur hat sich dabei unverkennbar vom Jugendstil inspirieren lassen.

In dem 2014 erschienenen Film Grand Budapest Hotel ist der Jugendstil ein zentrales gestalterisches Merkmal. Zwar ist die fiktive Handlung nicht um die Jahrhundertwende angesetzt – die Parallelen zur Zeit des Nationalsozialismus lassen sich vielmehr kaum übersehen – doch die gesamte Ausstattung zelebriert unverkennbar den Jugendstil: Geschwungene, fließende Linien, florale Elemente, Ornamente, Symmetrie. Die Natur in all ihren Variationen ist zwar präsent, aber konsequent geformt und einem künstlerischen Prinzip untergeordnet.

Jugendstil Merkmale

Der Name ‚Jugendstil‘, inspiriert von der Zeitschrift Jugend, die um die Jahrhundertwende in München erschien, entwickelte sich in Deutschland und ist auch in einigen anderen Ländern verbreitet. In Frankreich (und vielen anderen Ländern) hingegen spricht man von ‚Art Nouveau‘ und meint damit die gleiche Kunstrichtung, ebenso wie mit dem englischen ‚Modern Style‘. Die gemeinsame Stoßrichtung ist aber offensichtlich: Es ging, wie so oft bei einem neuen Stil, darum die Kunst zu erneuern – in diesem Fall hieß das insbesondere, die vorherrschende Kunstrichtung Historismus zu überwinden. Ein einfacher Unterschied erleichtert die Unterscheidung der Werke beider Stile: Anstatt die Vergangenheit zu zitieren (und nicht selten zu verherrlichen), steht beim Jugendstil ganz die Gegenwart im Mittelpunkt. Motive, wie beispielsweise Tiere, lassen sich deshalb nicht vorrangig historisch, sondern symbolisch lesen.

Die Kunst des Jugendstils und Secessionen

Wie auch in anderen Stilepochen lebte der Jugendstil, bzw. Art Nouveau, ganz wesentlich von lokalen Zusammenkünften verschiedener Künstler und Künstlerinnen. Während die „Wiener Secession“ um Gustav Klimt den meisten wohl ein Begriff ist, bemühten sich beispielsweise auch die „Berliner“ und die „Münchner Secession“ um Abgrenzung von den etablierten Kunstrichtungen. Der durchschlagende Erfolg der Münchner Kunstschaffenden machte sie übrigens zu den Wegbereitern der heutigen Kunststadt München.

Jugendstil und Impressionismus

Der Fokus auf das Gegenwärtige stellt eine wichtige Parallele zum Impressionismus dar, in dem nicht wenige Jugendstil-Künstler künstlerisch wurzelten. Max Liebermann ist ein prominenter Vertreter, dessen Biographie die parallele Entwicklung beider Strömungen, und gleichzeitig die regionalen Unterschiede aufzeigt: Während Liebermann lange Jahre Präsident der Berliner Secession war, wird sein Werk und seine Gemälde im Allgemeinen eher dem Impressionismus zugerechnet. Während die Bildende Kunst, insbesondere die Malerei, eines der wichtigsten Genres des Jugendstils ist, manifestierte der Stil sich (anders als der Impressionismus) auch in anderen Bereichen wie zum Beispiel der Architektur und der Literatur. Nicht zu vergessen das Kunsthandwerk, das meist besonders mit dem Jugendstil assoziiert wird. Das hat mehrere Gründe: den Ursprung des englischen ‚Jugendstils‘ in der Arts and Crafts-Bewegung mit ihrem Fokus auf Gebrauchskunst ab dem späten 19. Jahrhundert sowie, während die Industrialisierung weiterhin Fahrt aufnahm, eine Art Rückbesinnung auf das Ursprüngliche, Handwerkliche. Die Natur rückte als Gegenpol wieder mehr in den Fokus, und es ist interessant, dass sich im Jugendstil zweifellos eine Sehnsucht zurück zur Natur ausdrückt, während gleichzeitig nichts an der Natur dem Zufall überlassen wird – eine weitere Parallele zu Wes Anderson und seinem Grand Budapest Hotel.