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„Rosalba Carriera – Perfektion in Pastell“ in der Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

 

 

Rosalba Carriera, Selbstbildnis als Winter
© Gemäldegalerie Alte Meister,
Foto: Elke Estel/ Hans-Peter Klut

 

 

 

Ihr Selbstporträt zeigt ihre faszinierende
Persönlichkeit. In Anspielung auf ihr vorgerücktes Alter
betitelte sie das Bild als Darstellung des „Winters“.
Carriera trägt dazu einen Hermelin, der als Umhang
eigentlich nur dem König vorbehalten war.

Selbstbewusst und mutig!
Ihr war bewusst, was sie konnte, wer sie war.

Das Dresdner Pastellkabinett

Noch am Anfang des 20. Jahrhunderts füllten fast 160 Pastelle Rosalba Carrieras (1675 – 1757) die Dresdner Kunstsammlungen. Die von den sächsischen Grafen Brühl und Algarotti im Auftrag des sächsischen Kurfürsten Friedrich August II. oder August III., König von Polen (1696 – 1763), zusammengetragenen Werke präsentierte der Monarch ab 1746 in einem eigens dafür eingerichteten Saal, dem Pastellkabinett im Johanneum nahe der Dresdner Frauenkirche.

Der sächsisch-königliche Leibarzt Johann Ludwig Bianconi bezeichnete in seiner Biografie über Raphael Mengs diesen Raum begeistert als das „Sanktuarium der Pastellmalerei“ mit Gemälden von Rosalba Carriera, Raphael Mengs und Jean- Etienne Liotard.

Rosalba Carriera, Eine schwarzhaarige Dame mit dünner goldener Halskette
Pastell auf Papier 29,5 x 26 cm
© Gemäldegalerie Alte Meister,
Staatliche Kunstsammlungen Dresden,
Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut

Wie kam der sächsische Kronprinz Friedrich August nach Venedig 

Friedrich Augusts Vater, August der Starke (1670 – 1733) war als König von Polen zum Katholizismus konvertiert. Sein Sohn und Nachfolger konnte diese Machtposition nur als Katholik behaupten, eine schwierige Situation für den jungen sächsischen Kronprinzen im streng protestantischen Sachsen. Der Vater regelte es, indem er ihn für eine lange Zeit vom Dresdner Hof fern hielt, ihn viel länger als üblich auf eine Kavalierstour vor der Hochzeit mit der Erzherzogin Maria Josepha von Österreich durch Europa schickte.
Von 1711 bis 1719 tourte der Prinz durch die europäischen Metropolen, u.a. auch nach Venedig. Er traf, wie alle, die etwas auf sich hielten, Rang, Namen und Geld hatten, die bereits berühmte Miniatur- und Porträrtmalerin Rosalba Carriera. Es entstand 1714 das 82 x 65 cm große Porträt des sächsischen Thronfolgers, bekleidet mit einem strahlend roten Umhang. Es ist das einzige überlieferte Ölgemälde Rosalba Carrieras.

Die Begeisterung für Rosalba Carriera und ihr Können war bei ihm entfacht.

 

 

Rosalba Carriera, Maria Josepha,
Gemahlin König Augusts III. von Polen, 1730
Pastell auf Papier 53,5 x 42,5 cm
© Gemäldegalerie Alte Meister,
Staatliche Kunstsammlungen Dresden,
Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut

Rosalba Carriera – eine berühmte Persönlichkeit

Kronprinz Friedrich August war nicht der einzige, der „La Rosalba“, wir man sie nannte, die Aufwartung machte. Christian Ludwig von Mecklenburg, die Herzöge Maximilian und Karl von Bayern oder Friedrich IV. von Dänemark, sie alle drängelten sich in ihren Bekanntenkreis, musizierten gemeinsam, … oder wurden porträtiert.

In einer Festrede am 1. August 1838 in der Aula der Akademie zu Venedig äußerte sich der Schriftsteller Tommaso Locatelli über die Beziehungen des Dänenkönigs zu Rosalba:

„Als Friedrich nach Venedig kam und sich zu Ehren seiner Anwesenheit der Wettkampf all jener Festlichkeiten entspann, … bestand der König darauf, die liebenswürdige Künstlerin stets an seiner Seite zu sehen. Denn die vornehmste und die würdigste Begleitung für einen Kronenträger … sei das Genie. - Häufig sah man Friedrich IV. die Schwelle der bescheidenen Häuslichkeit Rosalba Carrieras überschreiten. “
"Rosalba Carriera, die Meisterin der Pastellmalerei“, Emilia von Hoerschelmann, Verlag von Klinkhardt & Biermann in Leipzig, 1908, Seite 71.

La Rosalba – wer war sie?

Rosalba Carriera hatte gemeinsam mit ihren beiden Schwestern Giovanna und Angela eine harmonische Kindheit genossen. Ihre Eltern waren schon vor Rosalbas Geburt nach Venedig in eine bescheidene Wohnung am Canale Grande gezogen. Alle drei Mädchen zeichneten sich durch eine breite musische und Sprachbegabung aus, die von den Eltern sehr gefördert wurden. Vor allem das Klöppeln („Venezianische Spitzen“) und das Kunststicken der Mutter regte Rosalbas Phantasie, ihr Gefühl für Kunst und Schönheit an. Beim Entwerfen von Mustern war sie schon in jungen Jahren dabei. Die Lust am Gestalten wurde immer stärker. Talentiert wie sie war, ihre ersten gemalten Bilder waren mit Achtung aufgenommen worden, erkannte sie ein lohnendes Geschäft. Schnupftabak war in Mode gekommen, jeder sehnte sich nach seinem Porträt von ihr auf dem Dosendeckel. Das Geschäft mit Miniaturporträts florierte, sogar in einer eigenen Firma.

Zwei hervorragende Männer beeinflussten die weitere Entwicklung Rosalbas entscheidend: der Engländer Christian Cole begeisterte sie für die Pastellmalerei und der Franzose Pierre Crozat, Bankier und Sammler, lockte sie nach Paris. 

 

 

Rosalba Carriera, Ein junger Herr in bräunlichem Samtrock mit Goldstickerei,
um 1720/25
Pastell auf Papier 56,5 x 44 cm
© Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden,
Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut

Der Aufstieg

Der Engländer Christian Cole ließ sich Anfang des 18. Jahrhunderts von Rosalba porträtieren. Diese Begegnung war für sie menschlich und künstlerisch sehr wichtig, sie führte zu einem wesentlichen Wendepunkt in ihrer Laufbahn. Cole veranlasste sie, sich dem Pastell, der „Trockenmalerei“ zuzuwenden. 

Pastellmalerei. Durch Mischen von Farbpigmenten zu einem Teig („pasta“), der zu Kreiden oder Farbstiften verarbeitet wird, entstehen unterschiedliche Pastellfarben. Nach Vorzeichnen eines Motivs werden sie auf einen rauhen Untergrund „trocken“, staubig aufgetragen. Die Farben können übereinander gelegt werden und erreichen durch unterschiedlichen Wasseranteil Farbvarianten von dunkel zu hell, von kräftig zu zart. Sind die Pigmente aufgetragen, werden sie mit einem Pinsel oder dem Finger verwischt, dann fixiert. Bezaubernde, lebendig ineinander verlaufende, nuancenreiche Farbabstufungen erlauben so, Stimmungen, die Mimik, eine stolze Haarpracht, charmante Grübchen, gepuderte Gesichter und Perücken wiederzugeben.

 

Ihre Pastell-Porträts widerspiegelten den Zeitgeschmack des verspielten Rokoko.  Eine Technik, die Rosalba Carriera zur Perfektion brachte. Faszinierend „identifizierten“ ihre Porträts die Merkmale der Porträtierten als wären es Momentaufnahmen. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts stand Schlange, um sich von ihr in Pastell porträtieren zu lassen, kein Wunder, dass sich die Droschken vor ihrem Atelier stauten.

 

Rosalba Carriera, Weiblicher Studienkopf in grauviolettem Mantel
Pastell auf Papier 30 x 26 cm
© Gemäldegalerie Alte Meister,
Staatliche Kunstsammlungen Dresden,
Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut

 

 

 

Rosalba Carriera –  eine Ikone der bildenden Kunst im 18. Jahrhundert

Mit der Einladung an den Düsseldorfer Hof 1706 begann Rosalba Carrieras internationale Karriere.
Auch Paris wartete auf sie, hier war es der kluge Pierre Crozat, der ihr die Wege ebnete. Neben den vielen Porträtwünschen des französischen Adels und des Königshauses, u.a. dem des jungen Ludwig XV., war es der Wunsch Antoine Watteaus (1684 – 1721), Rosalba kennenzulernen. Sie porträtierte auch ihn.
18 Monate lang, von 1720 bis 1721, hielt sie den französischen Adel in Atem, entwickelte die Pastellmalerei zu einer bis dahin unbekannten Meisterschaft, zu einer ihr eigenen Kunstform.

Rosalba Carriera, König Ludwig XV. von Frankreich,
1720/21
Pastell auf Papier 50,5 x 38,5 cm
© Gemäldegalerie Alte Meister,
Staatliche Kunstsammlungen Dresden,
Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut

Überall war sie willkommen, um den Honoratioren und ihren Familien ein Gesicht zu geben. Am Hof von Modena porträtierte sie den Herzog Rinaldo d’Este und seine Tochter, bevor sie sich 1730 längere Zeit am kaiserlichen Hof in Wien aufhielt. Kaiser Karl VI. war ihr sehr gewogen, seine Gattin Elisabeth Christine von Braunschweig liess sich von ihr im Malen unterrichten.

Ehrungen und Mitgliedschaften in ehrwürdigen europäischen Kunstakademien bereicherten und zierten ihre Arbeit.

Anlässlich des 350. Geburtstages von Rosalba Carriera widmet die Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ihr eine eigene Ausstellung. Im Winckelmann-Forum im Semperbau werden rund 150 Objekte gezeigt, viele davon aus dem eigenen Bestand. 73 Arbeiten sind von den einst 157 Friedrich Augusts III. noch im Bestand der Dresdner Sammlung, damit weltweit das größte Konvolut an Werken der Venezianerin.

Schon 1908, Carrieras Kunst war im 19. Jahrhundert nahezu unbekannt geblieben, wertete Emilia von Hoerschelmann das Wirken Rosalba Carrieras auf eine uns sehr bekannte Weise:

„Vor allem ist die Tatsache anzuerkennen, dass diese verschollene Größe eine der tapfersten Vorkämpferinnen für zielbewusstes Wollen, für Freiheit und Selbstbestimmung der Frau, mithin für alle von der modernen Frauenemanzipation (im edelsten Sinne des Wortes) angestrebten Ziele war, die ihre Zeit überhaupt aufzuweisen hat. Für die ganze Entwicklung, die seit den Tagen Stuart Mills (britischer Philosoph, Politiker und Ökonom, Unterstützer der Frauenemanzipation, der Verf.) das Weib von heutzutage zu einem völlig neuen Faktor im allgemeinen Kulturleben machte, war und bleibt Rosalba Carriera einer der tapfersten Pioniere - eine der sieghaftesten Vorkämpferinnen dieser unserer modernen Bewegung und Ihrer Ideale! Für uns Nachgeborene liegt ohne Zweifel ihr größtes Verdienst in den Eigenschaften, die sie nicht als Künstlerin, sondern als Charakter und als Individualität zu dem machten, was sie war. “
"Rosalba Carriera, die Meisterin der Pastellmalerei“, Emilia von Hoerschelmann, Verlag von Klinkhardt & Biermann in Leipzig, 1908, Seiten 33/34

 

Rosalba Carriera, Caterina Sagredo,
um 1735/40
Pastell auf Papier 42 x 33 cm
© Gemäldegalerie Alte Meister,
Staatliche Kunstsammlungen Dresden,
Foto: Marina Langner/Wolfgang Kreische

 

 

„Rosalba Carriera – Perfektion in Pastell“
Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Gemäldegalerie – Alte Meister
Im Zwinger, 01067 Dresden

9. Juni 2023 bis 24. September 2023

Öffnungszeiten
10-18 Uhr, montags geschlossen