In der Vorzeit
Das Buch Ester aus dem Alten Testament berichtet uns über den beinahe ersten Genozid am jüdischen Volk viele Jahre vor Christi Geburt. Haman, der höchste Beamte im persischen Reich hasste die Juden, nur weil der Jude Mordechai ihn nicht gebührend achtete. Allein das reichte ihm, beim persischen König Artaxerxes (gest. 424 v.Chr.) einen Erlass zur Ausrottung der im ganzen Land verstreut lebenden Juden zu erwirken. An einem Tag sollten alle Juden, gleich ob jung oder alt, ob Kind oder erwachsen, getötet werden. Nur durch mutiges und konsequentes Handeln der schönen Ester, sie war Artaxerxes Frau, und die Nichte ihres Onkels Mordechai gelang es, das Schlimme zu verhüten.
Als Ursache dieser vorchristlichen, antijüdischen Haltung nimmt man an, dass der jüdische Glaube an den einen Gott andere Völker, die eine Vielzahl von Göttern verehrten, provozierte.
Noch heute gedenken die Juden mit dem Purimfest Anfang März eines Jahres dieser glücklichen Wende durch Ester und Mordechei.
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Mendel Grossman,
Kinder auf einer Straße im Ghetto ?ód?, o.J.,
© Yad Vashem Archives
Über die Jahrhunderte
Allerdings gibt es nur wenige Beispiele in der Geschichte der Menschheit, in denen der unterschwellig immer vorhandene, unbegreifliche Judenhass abgewendet werden konnte.
Als die Juden wegen staatlicher und religiöser Gängelung im großen Jüdischen Krieg gegen die Römer zogen, mussten sie 70 n. Chr. die Eroberung Jerusalems und die vollkommene Zerstörung ihres Jerusalemer Tempels durch die Römer hinnehmen. In der Folge verstreuten sich die Juden im ganzen römischen Reich, letztlich in alle Länder der Erde.
Der oströmischen Kaiser Theodosius I. (347 – 395) erhob schliesslich im Jahr 380 den christlichen Glauben für alle Bürger des Reichs zur verbindlichen Staatsreligion. Bald übertrugen die Christen Teile der hebräischen Bibel auf sich und negierten den Ursprung als jüdisch. Der Keim des gegenseitigen Unverständnisses war gelegt. Die Christen lehnten jüdische Riten, Traditionen und Feste ab und entfernten sich immer mehr vom gemeinsamen Ursprung. Der christliche Vorwurf, die Juden seien für den Tod Jesus Christus verantwortlich, schürte die Zerwürfnisse besonders und erhitzte christliche Gemüter über Jahrhunderte. Juden wurden abgesondert, mussten in Ghettos leben, Sondersteuern zahlen, Demütigungen erfahren, für alles Negative waren sie die Verantwortlichen. Jeder beliebige Grund, etwa eine Pestepidemie oder eine Missernte, war Anlass, Juden zu verfolgen, in Progromen zu misshandeln oder zu ermorden. Das im 19. Jahrhundert aufkommende Rassendenken separierte sie noch mehr.
Pnina Schinzon und Abraham Tory im Ghetto Kaunas,
Dezember 1943,
© Yad Vashem Archives
Judenhass, warum?
Wie ist dieser abgrundtiefe Hass zu erklären? Eine große Rolle spielten neben den religiösen Machtspielen Neid und Missgunst. Seit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem im Jahre 70 waren die Juden verdammt, in der Diaspora zu leben. Grundbesitz oder der Beruf eines Handwerkers waren in der Regel nicht möglich. So blieben ihnen Geisteswissenschaften, Medizin, Handel und Geldverleih, Tätigkeiten, die sie wiederum von der breiten Masse unterschieden.
Die Entscheidung für den Völkermord
Und es sollte noch schlimmer kommen!
Heinrich Hoffmann,
offizieller Fotograf der NSDAP und Adolf Hitlers persönlicher Fotograf,
bei einer Bootsfahrt auf dem Rhein,
rechts neben Hitler sitzend,
Bad Godesberg 1933,
© Yad Vashem Archives
Der Holocaust!
Aryeh Ben-Menachem,
Mendel Grossman fotografiert heimlich die Deportation
von Jüdinnen und Juden aus dem Ghetto ?ód?, o.J.,
© Yad Vashem Archives
Sechs Millionen europäischerJuden wurden während des Zweiten Weltkrieges ermordet.
Es war Programm der Nazis, die Juden auszurotten. Jahrhundertalte Feindseligkeiten hatten diesen Genozid vorbereitet. Deutschland hatte den Ersten Weltkrieg verloren, wer hatte Schuld? Natürlich die Juden. In seinem Buch “Mein Kampf” beschrieb Hitler seinen Judenhass und verwehrte jüdischen Menschen ihr Wohnrecht in Deutschland.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges, vor allem mit den Beschlüssen der Wannseekonferenz 1942 wurde der Holocaust an allen europäischen Juden im Detail minutiös geplant, koordiniert und radikalisiert. Was mit den Ghettos und Konzentrationslagern in Polen begann, erfüllte sich auch durch Massenerschiessungen von Juden in der Sowjetunion. Die „Endlösung der Judenfrage“ als Form des Völkermords nahm gnadenlos in allen überfallenen Ländern ihren Verlauf.
Die Ausstellung
Die Internationale Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem zeigt in Kooperation mit der Kunstbibliothek und dem Freundeskreis Yad Vashem e.V. im Berliner Museum für Fotografie ihre Ausstellung „Flashes of Memory. Photography during the Holocaust“ erstmals in Deutschland.
Sie zeigt Fotografien, die die grausame Vernichtung der Juden dokumentieren.
Man darf nicht vergessen, dass so etwas in der greifbaren Vergangenheit möglich war, geschehen konnte.
Die mit kritischem Blick zu sehenden Fotografien und Filme entstanden während des Holocaust. Sie wurden von deutschen Bürgern, nationalsozialistischen Propagandafotografen, von jüdischen Fotografen in den Ghettos sowie Mitgliedern der alliierten Streitkräfte aufgenommen. Die Ausstellung will mit dieser pointierten Auswahl einerseits zeigen, wie das NS-Regime die einheimischen Massen manipulierte und mobilisierte, andererseits wie die Arbeit jüdischer Fotografen den Überlebenskampf ihrer geschundenen Mitbürger in den Ghettos positiv beeinflusste und dokumentierte.
Die Sammlung zeigt aber auch, welchen Einfluss die Sichtweise, Weltanschauung, Wertvorstellung und die Moral eines Fotografen auf die Aussage einer Fotografie oder eines Filmes hat. Sie wird immer eine subjektive sein!
Museum für Fotografie
Flashes of Memory. Fotografie im Holocaust
24. März – 20. August 2023
Eine Sonderausstellung von Yad Vashem in Kooperation mit der Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin und dem Freundeskreis Yad Vashem e.V.
Museum für Fotografie
Jebensstraße 2, 10623 Berlin
Di + Mi 11 – 19 Uhr, Do 11 – 20, Fr – So 11 – 19 Uhr