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Mode- und Militärstickerei Hand & Lock

Bereits seit 1767 ist das Mode- und Militärstickerei-Atelier „Hand & Lock“ für seine maßgeschneiderten Verzierungen bekannt. Wir stellen euch diese ganz besondere Manufaktur näher vor, erforschen die Herkunft und mit welchen bekannten Designern sie schon zusammengearbeitet haben. Eine ganz besondere Kollaboration – die zur Krönungsfeier von Queen Elizabeth II. für ihr weltberühmtes Krönungskleid – beleuchten wir näher.

Hand & Lock – Die Mode- und Militärstickerei in London

 

Das war 2017 selbst für London ein Ereignis, als die Stickerei-Manufaktur „Hand & Lock“ ihr 250-jähriges Bestehen feierte. Mit Konferenzen, Ausstellungen, einem Galadiner und einer Wohltätigkeitsauktion wurde die jahrhundertalte Tradition des Stickens im Allgemeinen und die Manufaktur im Besonderen gewürdigt.

Wie es begann

 

Es hatte damit begonnen, dass der aus Flandern stammende M. Hand 1767 in London die Firma „M. Hand & Co“ gründete, um Stickereien und Spitzen für das Militär, den Königshof und den Adel bereit zu halten und bald in eigener Fertigung herzustellen. Nach über 200 Jahren fusionierte M. Hand & Co 2001 mit der Stickereifirma S. Lock Ltd., um gemeinsam unter dem Label „Hand & Lock“ die Hand-und Maschinenstickerei noch effizienter anbieten zu können. Stanley Lock, der in den 1950er Jahren ein talentierter Stickereidesigner bei C.E Phipps & Co. war, hatte 1956 die Stickerei „Phipps & Co“ übernommen, die 1898 von C.E. Phipps gegründet worden war. 

 

„Hand & Lock“, eine englische Firma mit internationaler Ausstrahlung

 

„Hand & Lock“ erweiterte nach der Fusion die bereits bestehenden Beziehungen zu namhaften Couture-Häusern Europas. Markenzeichen blieb die hochwertige Handstickerei für viele Modedesigner wie Dior, Mary Katrantzou, Hardy Amies oder Norman Hartnell, aber auch für kirchliche Würdenträger, textile Kirchenaccessoires und für Uniformen der Streitkräfte Seiner Majestät, der Royal Forces. Sir Hardy Amies (1909-2003), ein Designer, der unter anderem Queen Elisabeth II. über viele Jahre belieferte, nutzte die einmaligen Stick-Motive für seine ausgefallenen Kleider der Upper Class. Eine besonders enge Zusammenarbeit von Hand & Lock bestand zu dem Modeschöpfer Sir Norman Hartnell (1901-1979), der als Hoflieferant die Damen des Hofes, The Queen Mother und deren Tochter, Königin Elisabeth II. Sowie die Prinzessinnen Anne und Diana einkleidete:

„Nach dem plötzlichen und frühen Tod ihres Vaters im Februar 1952 vollzog Elizabeth den Übergang von der Prinzessin zur Königin. Norman Hartnell wurde beauftragt, ein Kleid für die offizielle Zeremonie im folgenden Juni zu entwerfen und herzustellen. In seiner Autobiografie beschrieb er, wie die Königin darauf bestand, dass Großbritannien und alle Mitglieder des Commonwealth vertreten sein sollten. Hartnell integrierte die Embleme von England, Schottland, Irland und Wales sowie die kombinierten Blumen der Commonwealth-Länder. Das reich bestickte, voluminöse Kleid signalisierte die Ankunft einer Königin, die treu den Vorsitz führen und alle ihre Untertanen vertreten würde.“

Darüber hinaus verziert Hand & Lock Gewänder von Theater- und Filmgarderoben (König der Löwen), Brautkleider und natürlich den Frack von Michael Jackson. Jeder Auftrag und sei es nur ein kleines Familien-Monogramm, ein Logo oder ein goldverziertes Abzeichen erhält die gleiche Aufmerksamkeit.

 

Der Weg in die Moderne

 

Hand & Lock hat sich bewusst auch der modernen Maschinen-Stickerei gewidmet. Für den Designer und die Kunden sind die Hauptvorteile unbegrenzte Farben, weniger komplexes Farbmanagement und weniger menschliche Fehler. Die schwedische Firma „Coloreel“ hat ein Gerät entwickelt, das mit nur einer Spule, mit weißem Garn und einer Reihe von Tintenstrahlpatronen, ausgestattet ist. Im Verbund mit einer digitalen Strickmaschine wird der Faden während des Stickens mit den verschiedensten Farben präzise, je nach Wunsch, eingefärbt. So sind Hell-Dunkel-Verläufe innerhalb einer oder mehrerer Farben möglich. Die Umweltbelastung ist deutlich geringer als bei den hergebrachten Färbeverfahren. 

 

Das Besondere, das Typische

 

In der Motivwahl haben Blumen in der Stickerei von „Hand und Lock“ eine große Bedeutung. Blumen sind Gesten der Zuneigung, der Liebe, untrennbar sind sie mit weiblicher Schönheit verbunden. Extravagante Kleider von Marie Antoinette, das Hochzeitskleid von Königin Victoria mit ihrem Orangenblütenkranz, aber auch die New Look-Kollektion von Christian Dior sind Beispiele für eine feminine Blumenmode. Florale Motive spielen auch in der heutigen Mode eine große Rolle, wobei aufwändige Stickereien mit ausgeklügelten digitalen Maschinen geschaffen werden. Hand-Stickereien sind wegen der hohen Kosten fast nur noch für Modelle der Haute Couture möglich. Dabei erfordern Form, Textur und Aussehen der Blumen Stichtechniken, die sich über viele Jahre herausgebildet haben. Da ist die „Spider Web Rose“ , ein Rundstich für die Rosenform, der „Schlingstich“, ein Schleifenstich für Blütenblätter oder der „Kettenstich“ für Ränke und Stängel in der Regel mit dem Tambourhaken gestickt und viele andere mehr. 

„Hand & Lock“ als Schule

 

Heute ist „Hand & Lock“, ähnlich wie „Maison Lessage“ in Paris, darum bemüht, das Handwerk des Stickens, insbesondere die handgeführte Nadel an die folgenden Generationen weiterzugeben. Hand & Lock unterhält eine „School of Embroidery“, die Stick-Kurse und Workshops in London und in der ganzen Welt anbietet. Besonders gefragt sind die Tambour-Perlenkurse in London, Sydney und Chicago. Es handelt sich um die Haute-Couture-Stickkunst, um die hinreißenden, aber arbeitsintensiven Perlenkleider akkurat und in einer vertretbaren Zeit herzustellen. Die Schüler lernen, wie sie die verschiedenen Materialien und Stichtechniken mit einem Tambourhaken handhaben. Das Hochzeitskleid von Diana, Prinzessin von Wales, ist ein gutes Beispiel:

„…Das ikonische Kleid wurde von den bis dahin eher unbekannten Designern, dem Ehepaar Emanuel entworfen. … Das elfenbeinfarbene Seidentaft-Design umfasste eine große Krinoline, einen sanft runden Ausschnitt, übergroße Puffärmel, ein Baiser und eine 25-Fuß-Schleppe. Das Mieder war mit antiken handgefertigten Spitzen verziert, die Queen Mary gehört hatten, und das ganze Kleid war mit Tausenden von Pailletten und über 10.000 Perlen bestickt. … S. Lock & Co (jetzt Hand & Lock) wurde mit der arbeitsintensiven und komplexen Stickerei auf den 139 Metern Tüll beauftragt, aus denen der Schleier bestand.“

Der „Hand & Lock Prize for Embroidery“

 

Seit 2001 findet ein jährlicher Stickereiwettbewerb statt, bei dem man sich um den „Hand & Lock Prize for Embroidery“ bewerben kann. Eine besondere Bedeutung bekam dieser Wettbewerb während der langwierigen Corona-Pandemie. In dieser Zeit mobilisierte Hand & Lock viele Menschen, sich diesem kreativen Handwerk zuzuwenden. Das University College London unterstütze es sogar medizinisch. Im Jahr 2020 zeigte ihre Studie, dass künstlerische Aktivitäten „Entzündungen und Stresshormone senken“ und dazu beitragen, das Demenzrisiko zu verringern. Viele der Arbeiten präsentierte Hand & Lock auf Ausstellungen.

 

Das Engagement

 

Anlässlich des 250-jährigen Firmenjubiläums 2017 ließ Hand & Lock 13 besondere Taschen von britischen Luxus-Accessoire-Unternehmen entwerfen. Zu den Designern gehörten Agnes B, Alfie Douglas, Aspinal of London, Asprey, BVS Design, Globe Trotter, House of Holland, Jill Haber, Lost Property of London, Lulu Guinness, Patrick Cox, The Cambridge Satchel Company und Vivienne Westwood. „The Embellished Handbags“ wurden über das gesamte Jahr im Victoria and Albert Museum in London ausgestellt und im Dezember bei Sotheby’s versteigert. Die bei der Auktion gesammelten Gelder in Höhe von 20.000 Pfund erhielten der Queen Elizabeth Scholarship Trust (QEST) und der H&L Prize for Embroidery, um junge Handwerker zu unterstützen und zu betreuen. 

 

Für 2023 ist der „Hand & Lock Prize for Embroidery“ bereits in 4 Kategorien (Sticken, Textil-, Interior- und Accessoire-Design sowie Mode-Design) ausgeschrieben. Der erste Preis in jeder Kategorie bekommt 4.000 USD, dazu eine gerahmte, handgestickte Gedenkplakette, hergestellt von den erfahrenen Handwerkern von Hand & Lock, eine kostenlose einjährige Mitgliedschaft bei The Textile Institute, einen Wochenendkurs bei Hand & Lock und ein Praktikum bei Hand & Lock. Mittlerweile erhält der Preis Hunderte von Einsendungen von Modestudenten und talentierten Stickern aus der ganzen Welt. Aber es ist nie zu spät!