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Die Geschichte des Karomusters

In dieser sisterMAG No. 66 Ausgabe dreht sich alles um das Karomuster und seine vielen Varianten. Nachdem es die Modewelt im Sturm erobert hat und überall zu sehen ist, sind wir neugierig auf seine Geschichte geworden. Hier ist, was wir herausgefunden haben.

Die Geschichte des Karomusters

Das Karomuster und seine vielen verschiedenen Variationen haben die Laufstege der internationalen Modewelt im Sturm erobert. Vor allem im Herbst haben alle mit dem Karomuster versehene Kleidungsstücke in unserem Kleiderschrank. Zwar interpretieren viele neue trendige Looks und legendäre Designer das Karomuster immer wieder aufs Neue, aber die Geschichte dahinter ist viel älter. Seine Verwendung als Outfit ist vielleicht neu. Karomuster gibt es jedoch schon seit Jahrhunderten in vielen verschiedenen Formen. Bedeutsam ist, dass Karo durch Variationen der Muster und Farben emotionale, ja bekennende Interessen ausdrücken kann. Unser Artikel beschreibt deshalb die umfangreiche Geschichte der Karomuster, die für Kulturen oder Gruppen typisch sind. Karomuster sind viel mehr als die aktuellen TikTok- und Laufsteg-Trends.

 

Karomuster – die ersten Spuren in Südindien

Vor dem 13. Jahrhundert trugen südindische Feldarbeiter in Madras, heute Chennai, selbstgemachte Kleidungsstücke mit Karomuster, die sie sich um die Taille wickelten. Sie heißen noch heute „Lungi“. Aus ca. 90 cm langen Musselinstoff wurden Quadrate ausgeschnitten und mit pflanzlichen Farbstoffen eingefärbt. Anschließend wurden sie zu einem gewünschten Muster arrangiert. Musselinstoff gab es auch im Nahen Osten, im Irak z.B., wo er eher nur als Kopftuch getragen wurde.

Die durch Holländer und Briten betriebene Kolonialisierung führte zu einer Massenproduktion von Musselin mit Export in weite Teile der Welt. Die kulturelle Bindung war da- mit hin. Die echten indischen Madras-Karos schafften es aber bis nach Amerika, sie kreierten hier eine beliebte Urlaubsmode.

 

Karomuster und Clan Tartan in Schottland

Im 16. Jahrhundert wurden in Schottland sogenannte „Tartans“ populär, die mit unterschiedlichen Karomustern und Farben die Zugehörigkeit zu einer Region oder Familie kennzeichneten. Die ältesten Tartans wurden in China gefunden und konnten auf ungefähr 3500 v. Chr. datiert werden. In Schottland lassen sie sich bis ins dritte und vierte Jahrhundert zurückverfolgen. Das von Hand gewebte Wolltuch war so sehr in der schottischen Kultur verankert, dass die Briten nach der Schlacht von Culloden im Jahr 1746 die Tartans sogar verboten, um das schottische Volk zu kontrollieren. Es ist der eigentliche Grund, dass die Stoffmuster vereinheitlicht und mit jedem Clan-Namen identifiziert werden konnten. Die Massenproduktion von Tartans wurde schließlich von einem Hersteller namens William Wilson & Sons of Bannockburn begonnen. Sie benannten die Drucke nach Ortsnamen, Straßen und Familiennamen, eigentlich ohne die Absicht, dass sie zu Familiensymbolen werden sollten. Aber das Bestreben, die Highland-Kultur zu bewahren, führten zur Entstehung der schottischen Clan-Tartans in England. So entstand das Tartanmuster in Schottland, das durch eine tiefe Tradition mit dem Land verbunden ist.

 

Sozialkulturelle Einflüsse

Im Verlauf der Zeit wurden die verschiedenen Karos und Farbkombinationen mit politischen Zugehörigkeiten und unterschiedlichen Kulturen in Verbindung gebracht. Obwohl sie in so vielen verschiedenen Trends auftauchen, haben sie für viele Menschen eine weitaus tiefere Be- deutung. Auch auf dem Laufsteg haben Karomuster schon immer einen festen Platz eingenommen und dienten als Symbole für viele verschiedene soziokulturelle Bewegungen.

 

Das Muster und die Die Punk-Kultur

Vivienne Westwood, eine bekannte britische Designerin, etablierte das Tartan Muster im Wesentlichen als Symbol der Punk-Kultur, um der traditionellen königlichen Stellung des Schottenmusters in England entgegenzuwirken. Sie kleidete die Sex Pistols in Tartan und trug dazu bei, dass Tartan in der Punkszene zu einer weit verbreiteten Stilrichtung wurde. Sie nutzte Tartan, um neue, unglaublich einzigartige Schnitte zu entwerfen, die die Modewelt bewegten. Vivienne wurde zu einer der einflussreichsten Designerinnen ihrer Zeit, weil sie mit ihren Entwürfen aktuelle Trends herausforderte und soziale Bewegungen der Auflehnung unterstützte.

 

Schachbrettmuster und Ska

Das Schachbrettmuster symbolisierte den Kampf gegen die Rassentrennung, nachdem es von den Second-Wave-Ska-Künstlern und ihren Zuhörern in den 70er Jahren übernommen wurde. Ska, eine britische Two-Tone-Musik, ist auf Jamaika entstanden. Der Second-Wave-Ska eroberte Eng- land. Die Umsetzung der Rassenrechte war ein wichtiges Zeichen für die multirassische Zusammenarbeit auf der Insel. Das Schachbrettmuster diente als Symbol für die Vereinigung von schwarzen und weißen Musikern.

 

Schachbrettmuster und Skaten 

Zusätzlich wurden die Vans mit Schachbrettmuster zu einem weithin bekannten Symbol der Skaterkulture. Nachdem Skater Schachbrettmuster auf die Oberseite ihrer Schuhe gemalt hatten, brachte Vans 1977 den klassischen Slip-on-Schuh mit Schachbrettmuster heraus. Sie wurden zum Symbol der Punk- und Skatekultur und wurden auch von Bands und in Filmen getragen.

 

Der Einfluss der Designer 

Designer wie Burberry haben Tartan den Schottenkaro seit 1920 zu einem eindeutigen Zeichen ihrer Marke gemacht, das von Geschäftsleuten bis hin zu Prominenten sehr beliebt ist. In den letzten Jahren haben Designer wie Dior, Gucci und Chanel ihre Kollektionen mit karierten Prints, Stoffe und ausgefallenen Schnitten ergänzt. Doch damit nicht genug: Diese neuen Entwürfe zeigen, wie die Modeindustrie diese klassischen Clan Drucke und Farben weiterhin nutzt und sie in neue und aufregende Formen verwandelt.

 

Vichy Karo und mehr: Variationen des Karos

Karos haben auch andere Formen und Variationen angenommen, wie zum Beispiel Gingham, Windowpane, Glencheck und mehr, die eine große Vielseitigkeit ermöglichen. Diese verschiedenen Karomuster sind natürlich zeitlos, fallen aber unweigerlich in trendige Stilrichtungen wie „Dark Academia“ und „Cottage Core“, die sich an ein jüngeres Publikum richten, weil sie vor allem auf TikTok kursieren. Karomuster sind aber auch bei anderen Generationen in der Freizeit- und in der Berufsbekleidung sehr beliebt. Am häufigsten sind die Varianten „Prince of Wales Check“ und “ Glencheck“. Das Beste an den Karomustern ist natürlich, dass sie zu jeder Jahreszeit, Farbpalette und Anlass passen.

 

Von Inida bis zu den schottischen Highlands, von Vichy Karo bis zu Tartans – dies sind nur einige Beispiele für Kulturen und Gruppen von Menschen, die Plaids als Symbol für ihre Gemeinschaft und Zugehörigkeit oder ihr Anliegen verwenden. In dieser Ausgabe von sister- MAG wollen wir einen Blick auf Karomuster und Tartanstoffe werfen, die in der aktuellen Mode eine Rolle spielen. Wir verdanken es all den Menschen, die diese Muster in der Vergangenheit erfunden und bewahrt haben. Wir hoffen, euch gefallen die neuesten Kreationen genauso gut wie uns!