Follow my blog with Bloglovin

Eine kleine Kulturgeschichte der Blumen

Wie bleiben Blumen frisch und wie konserviere ich Blumen für die Ewigkeit? Das Trocknen von Blumen als modisches Accessoire oder gar zur Übermittlung von Botschaften reicht bis in die Antike zurück. Und die Geschichte bleibt spannend und voller interessanter Details. Lest hier in sisterMAG No. 62 eine kleine Kulturgeschichte der Trockenblumen.

Getrocknet, gepresst, geliebt

Eine kleine Kulturgeschichte der Trockenblumen

Wie bleiben Blumen frisch in ihren Farben und wie konserviere ich Blumen für die Ewigkeit? Trocknen ist das Zauberwort! Trockenblumensträuße als modisches Accessoire oder gar zur Übermittlung von Botschaften zu verwenden, reicht bis in die Antike zurück.

Heute erleben getrocknete und gepresste Blumen eine neue Renaissance. Die Geschichte der Trocken- und gepressten Blumen – ein kleiner Rückblick!

»Through working with flowers we began to discover things about ourselves that had been dormant. We found agility not only with our fingers but with our inner eyes in searching for line, scale and harmony. In bringing out these talents within ourselves, we gained a dimension that enabled us not only to search for harmony in an arrangement, but also to discover the importance of carrying it into our lives and our homes.« – Grace Kelly –

Ägypten – Trockenblumen sind ein wichtiger Artikel

Die Ägypter nutzten Blumen bei der Herstellung ihrer Parfüme und Kosmetika, die sie während religiöser und königlicher Zeremonien verstreuten. Eine aus getrockneten Blumen geknüpfte Girlande oder ein Trockenblumenkranz wohlriechend mit Düften angereichert, begleiteten geliebte Menschen ins Jenseits. Trockenblumen fand man auch in Gräbern, so zum Beispiel gepresste Lorbeerblätter oder Blüten von Kornblumen, des Bitterkrauts, aber auch Blütenblätter der Seerose. Ein letztes Geschenk an die Toten. Girlanden im 3000 Jahre alten Sarg der Mutter von Tutanchamun.

Die Antike – Trockenblumensträuße ehren die Toten

Schon die Griechen entdeckten, dass man Blumen erhalten kann, indem man sie trocknet. Vielleicht war es Zufall, aber an den Gebeinen eines verstorbenen prähistorischen Menschen fand man im Nahen Osten einen getrockneten Blumenstrauß verschiedener Sorten – als Zeichen der Liebe und Trauer!

Im Mittelalter

Im Mittelalter nahm man Kräuter und Blumen als sogenannte „tussie-mussies“, um Krankheiten und schlechte Gerüche zu vertreiben. Man glaubte, dass die physische Erscheinung einer Pflanze körperlichen Eigenschaften oder gar Krankheiten ähnelt. So dachte man z.B. dass Löwenzahn aufgrund seines Saftes stillenden Müttern helfen könne.

Japan – Oshibana

Was ist Oshibana? In Japan ist es ein beliebtes Kunsthandwerk. Blumen werden gepresst, um die Schönheit der Pflanzen zu erhalten. Der Ursprung der Kunstform reicht bis ins Japan des 16. Jahrhundert bei anhaltendem Comeback. Es soll Samurai-Kriegern Geduld, Harmonie mit der Natur und Konzentrationsfähigkeit gelehrt haben. Oshibana heisst, ein ganzes Bild aus natürlichen Elementen zu „malen“.

Typischerweise erfordert die Herstellung eines Oshibana viel Zeit und Kreativität:

  • Auswahl der richtigen Blüten und Blätter
  • Pflücken zur richtigen Zeit
  • Trocknen und Pressen – hier ist Erfahrung gefragt, welche Sorten sollen verwendet werden, wie soll die Dekoration aussehen
  • Das Arrangement der einzelnen Teile, häufig mit einer vorher geplanten Skizze als Vorlage, welche Produkte eignen sich, Pampasgräser, Lagurus, Lavendel?
  • Oft Verwendung von Washi-Papier als Grundlage

Engere Beziehungen nach Japan während des Viktorianischen Zeitalters brachte die Kunst des Blumenlegens auch nach England und Europa.

GRACE KELLY UND OSHIBANA

Grace Kelly praktizierte während ihrer Jahre als Fürstin Grace von Monaco Oshiban. Sie half, die Kunst der gepressten Blumen weltweit zu fördern, indem sie gepresste botanische Materialien verwendete, die ihr aus dem Ausland geschickt wurden. Wer mehr darüber erfahren möchte, dem sei das Buch „My Book of Flowers“ empfohlen, welches 2 Jahre vor ihrem tragischen Tod erschien. Eine ausführliche Rezension des Buches findet ihr hier.

Ein Blick nach Großbritannien

Von Tussie-Mussies & Nasenstübern

Im 16. Jahrhundert, am Ende des elisabethanischen Zeitalters, waren tief ausgeschnittene Dekolletés in Mode. Busenblumen wurden dank ihrer sinnlichen Konnotation der letzte Schrei. Ein Boom für Floristen, die ihren Warenkorb mit den unterschiedlichsten Blumen zum Trocknen füllen mussten.

Im viktorianischen Zeitalter wurde es modisch, in den oberen Teil des Mieders kleine Blumensträuße zu stecken, welche als „bouquet de corsage“ bekannt wurden. Frauen trugen diese zu formellen Anlässen, vor allem zu Hochzeiten, da die am Mieder befestigten Blumen helfen sollten, böse Geister abzuschrecken, die die bevorstehende Ehe zum Scheitern hätten verurteilen können. Dieses Blumengesteck wurde übrigens später einfach zur „Corsage“ und wanderte vom Busen auf die Schulter. Heute tragen noch immer viele amerikanische Mädchen eine Corsage um das Armgelenk, wenn sie ihre „Prom“ besuchen zum Teil für hohe Preise. Blumen wurden zum unersetzlichen Accessoires auf Fächern, Handschuhen oder gar als Corsagen um das Handgelenk.

Die Popularität der Blumen-Phänomene (siehe Seite rechts) eroberte ganz Europa, oft in Form von Sammelmappen gefüllt mit Stiefmütterchen, Veilchen oder Geranien. Wissenschaftlich genutzt bewiesen gepresste Blumen ferne, bisher unbekannte Arten. So stellte ein Mr. Streeter von der Rochester Academy of Science 1891 erstmalig Clematis und Rittersporn aus Alaska vor. 1920 erschien die Publikation „Flower of the Holy Land“, in der Frederick Vester gepresste Blumen aus Jerusalem zeigte.

Die Sprache der Blumen – Was ist Floriografie?

 „Floriografie“ – Sprache der Blumen! Es ist ein Mittel der verborgenen Verständigung durch die Verwendung und Anordnung von Blumen. Bereits seit tausenden von Jahren wird Blumen eine bestimmte Bedeutung und Aussage zugeschrieben. Beispiele sind Blumensymbole in der hebräischen für die Liebenden im Hohelied, als Emblem für das israelitische Volk und den kommenden Messias. William Shakespeare schrieb Blumen eine sinnbildliche Bedeutung zu – insbesondere in seinem Werk Hamlet!

Floriografie, vor allem in England und den USA

Das Interesse und die Auseinandersetzung mit „Floriografie“ war vor allem im viktorianischen England und den USA während des 19. Jahrhunderts groß. Geschenke aus Blüten, Pflanzen und speziellen Blumenarrangements wurden verwendet, um eine verschlüsselte Botschaft an den Empfänger zu senden. So entstanden ganze Blumen-Lexika. Viktorianische Liebespaare tauschten „sprechende Sträuße aus“, die als Nasenstüber oder Tussie-Mussies bezeichnet wurden.

Wie sprechen Blumen? – als Strauß oder Trockenstrauß

Ein Beispiel: „Als eine liebe Freundin von mir eine Fehlgeburt hatte, konnte ich nicht wirklich die Worte finden, um ihr zu sagen, wie traurig auch ich mich fühlte. Stattdessen schenkte ich ihr ein hübsches kleines Tussi-Mussi aus Gras (was auf die Vergänglichkeit des Lebens anspielt), eine weiße Rosenknospe (ein von der Liebe unberührtes Herz), Sauerklee (mütterliche Liebe), Holunder (Mitgefühl), Goldrute (Ermutigung) und blühendem Schilf (Vertrauen in den Himmel), mit einer Karte, die diese Symbole erklärte. Dieser duftende und visuelle Ausdruck der Trauer tröstete uns beide.“.2

 

Neuzeit – International Pressed Flower Art Book

Nobuo Sugino begann 1993 ins Ausland zu reisen, um gepresste Blumen, wo immer er sie finden konnte, zu sammeln. Diese Sammlung wurde 1997 zum „International Pressed Flower Art Book“. Seit 2010 ist Nobuo Sugino Präsident der International Pressed Flower Art Society, die sich für die Ausbildung und die Förderung von Pressblumenkunst auf der ganzen Welt einsetzt.

Trockenblumen, Trockenblumensträusse, Trockenblumenkränze, „Strohblumen“ behalten ihre Beliebtheit

Und heute? Getrocknete Blumen sind wieder en vogue! Auch wenn sie Herstellung und Pflege bedürfen. Die Ideen für getrocknete Kunstwerke sind mannigfaltig: schwebende Wolken, Hoops, Kränze und Loops. Neue Kreationen entstehen. Als unverzichtbar für getrocknete Sträuße gelten „Broom-Bloom“, auch Besenblüte genannt. Sie sind buschig, werden gebleicht und können aus verschiedenen Kräutern hergestellt werden. Pampasgräser sind beliebt. Kaum eine Homestory oder Hochzeit von Berlin bis San Francisco kommt ohne Trockenblumen aus. Neu sind nicht nur trockene, sondern auch flache Arrangements. Das Modehaus Oscar de la Renta arbeitete für die Herbst-/Winterkollektion 2021 mit der Künstlerin Tricia Paoluccio zusammen, um faszinierende Blumenmuster aus gepflückten und gepressten echten Blumen zu kreieren. Von lässigen, bedruckten Baumwollkleidern über maßgeschneiderte Crepe-Kreationen bis hin zur aufsehenerregenden Abendgarderobe strotzt die Kollektion vor Blumen und frischem Glamour. Viral wurde vor allem das Kleid von Taylor Swift, das sie während der Grammy-Verleihung 2021 trug.

Wie sieht Dein Warenkorb im Detail aus?

Und damit seid ihr an der Reihe: Ran an die schweren Bücher und presst Eure liebsten Blüten! Ganz ohne Herbarium-Auftrag in der Grundschule, sondern aus Lust am Gestalten und mit viel Freude an DIY-Ideen für Haus, Kleiderschrank oder Schmuckschatulle.

Für mehr Inspiration haben wir zwei interessante Künstlerinnen, die mit dem Metier „gepresste & getrocknete Blumen“ arbeiten, interviewt: Tricia Paoluccio und Reed Navarro.