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Die Blütezeit der Mode

Moderedakteurin Marie Jaster entführt euch in die Welt der Blumen-Mode in unserer sisterMAG Ausgabe No. 62. Lest hier den ganzen Artikel über blumige Modekollektionen und Modelabels.

Die Blütezeit der Mode

Seit Jahrhunderten begleiten sie uns nicht nur in unseren Gärten, sondern auch in der Kunst und in der Mode: Blumen. Auch diesen Sommer sind sie auf den Laufstegen der Welt wieder allseits präsent. Es wird also Zeit, sich zu fragen, warum uns Flowerpower-Prints so glücklich machen – und Jahr für Jahr wieder ein Comeback feiern.

»Es gibt überall Blumen für den, der sie sehen will«, so ein weises Sprichwort von Maler Henri Matisse. Und in der Mode muss man sich wirklich nicht anstrengen, um Blumen zu entdecken, denn jedes Jahr im Frühling und Sommer erblühen sie auf sämtlichen Kollektionen und Kleidungsstücken auf der ganzen Welt. Neu? Das sind Blumenprints wohl nicht, wie schon Miranda Priestly, die berühmt-berüchtigte Chefredakteurin im Kultfilm »Der Teufel trägt Prada« mit dem sarkastischen Spruch »Florals? For Spring? Groundbreaking.« abtat. Trotzdem übt die Natur auf Designer*innen und Kund*innen jede Saison erneut eine Faszination aus. Doch wieso ist das so?

Die Geschichte der Blumen(mode)

Sich zu fragen, wann Blumen in Kunst und Mode das erste Mal aufgetaucht sind, das ist wohl so ähnlich, wie die Frage nach dem Huhn und dem Ei zu stellen. Es gibt sie schon so lange, dass sich kaum jemand sicher ist, wann es die erste Blume wirklich auf ein Kleidungsstück geschafft hat. Natur und Kleidung, beide gehören seit Anbeginn zusammen. Expert*innen vermuten aber, dass der Ursprung in China, dem Land des Porzellans, im 12. Jahrhundert liegt, als Kostüme aufwendig von Hand mit Blüten bestickt oder auch Seidenstoffe mit zarten Blütenmotiven bemalt wurden. Kurze Zeit später blühte die Mode in ganz Asien auf – wortwörtlich.

Von dort schafften es die Blumenmotive dann auch nach Europa, allerdings war das feine Muster nur etwas für die Reichsten der Reichen, die sich diese aufwendige Handarbeit aus der Ferne leisten konnten. Die erste Blume, die es zu Ruhm und Ehre schaffte, war die Pfingstrose, die damals ein beliebtes Symbol in China war und die viele Menschen in Europa das erste Mal als Bestickung auf einem Seidenstück zu Angesicht bekamen.

Im Mittelalter noch dezent und eher als Symbol für Unschuld und Reinheit in kirchlichen Gemälde eingesetzt, erfreuten sich Blumen ab dem 15. bis 17. Jahrhundert dank Stilleben von Künstler*innen wie Adriaen van Utrecht oder Jan Frans van Son in den Niederlanden und dank der venezianischen Spitzenmacher*innen in Italien immer größerer Beliebtheit. Dort hatten die Weber*innen herausgefunden, wie sie ihre eigenen Stoffe mit unterschiedlichen Blumenmustern anfertigen konnten.

Der Höhepunkt der Blumen-Obsession in der Mode fand dann wohl in der Viktorianischen Ära von 1837 bis 1901 statt, unter der Herrschaft von Königin Victoria schränkte die neue strenge Etikette die Oberschicht so ein, so dass viele begannen, sich geheime Botschaften in Form von Blumen zu senden. So entstand die Floriograhie, die Sprache der Blumen. Rote Rosen signalisierten Liebe, dunkelrote Rosen standen für Scham. Kein Wunder also, dass Blumen wie Rosen, Sonnenblumen und Gänseblümchen auch extensiv auf Textilien, Tapeten, Fliesen und Kleidern Einzug hielten.

Mit der Industrialisierung veränderte sich nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Mode. Massenproduktionen wurden realisierbar ebenso wie Kleiderdrucke. In den 1920er-Jahren waren geblümte Seidenkimonos, aber auch kastenförmige Blumenkleider im Alltag beliebt. Seine wahre Blütezeit feierte der Blumenprint dann aber in den Sechziger- und Siebziger-Jahren des 20. Jahrhunderts, als Freidenker*innen und Hippies die Städte eroberten. Aus naturalistischen Blumen wurden psychedelische, pop-artige Flowerpower-Prints in knalligen Farben. Mary Quant und André Courrèges waren DIE König*innen der Blumen.

Blumen – Ein Symbol der Hoffnung

Kurz gesagt: Seit dem 12. Jahrhundert gab es kaum eine Zeit, in der Blumen keinen Platz in der Mode hatten. Ob naturgetreue Abbildung im romantischen Zeitalter oder poppiger Print in den Wilden Siebzigern, die Natur scheint für viele Designer*innen eine Inspiration zu sein. Kein Wunder, schließlich verbindet die Menschheit Blumen vor allem mit positiven Aspekten: das Frühlingserwachen nach einem langen, kalten Winter, Liebesversprechen mit tausend roten Rosen, aber auch die Widerstandsbewegung in den Siebziger-Jahren, die Blumen anstatt Waffen einsetze, um für Frieden zu demonstrieren.

Ebenso verständlich ist es, dass wir uns gerade in diesem Jahr der Pandemie wieder nach mehr Blumen und ihrer fröhlichen Aura sehnen. Nach unbeschwerten Sommertagen, nach Frieden und Optimismus. Wer Blumen trägt (und welche Zuhause in einer Vase hat), der kann einfach keine schlechte Laune haben! Wir stellen die Brands vor, die dieses Lebensgefühl Saison für Saison mit jeder Menge Trendbewusstsein transportieren:

Brands, die für ihre ikonischen Blumenprints bekannt sind

Brock Collection

Bei Brock Collection verschwimmt die Grenze aus Moderne und Tradition so fließend, dass man manchmal nur an der zerrissenen Blue Jeans erkennt, dass man versehentlich keine Zeitreise zu Queen Victoria gemacht hat. Das Label wurde 2014 von Laura Vassar Brock und Kristopher Brock in Los Angeles gegründet und spielt seither mit dem Kontrast von Romantik, Basics und ein bisschen Grunge-Feelings. Millefleurs-Prints fehlen bei den beiden in keiner Saison.

La DoubleJ

Viel fröhlicher, bunter und exzentrischer geht es da bei La DoubleJ aus Mailand zu. J.J.Martin hat das Brand 2015 für echte Maximalistinnen gegründet, die auffällige Prints, voluminöse und verspielte Schnitte lieben und keine Angst davor haben, im Mittelpunkt zu stehen. Ihre bekannten Archiv-Prints kann man dabei aber nicht nur als Kleidung kaufen, sondern auch als Wohnaccessoires, Schmuck und Möbel.

Rodarte

Die Gründerinnen von Rodarte, Kate und Laura Mulleavy, könnte man wohl getrost als die Mütter des romantischen Blumenprints bezeichnen. Inspiriert werden sie dabei vor allem von der Natur selbst, Kunst, Poesie, Kultur, Musik und Film – kein Wunder, wohnen und arbeiten die beiden doch in Los Angeles, der Hauptstadt von RomComs und Blockbustern. Mit ihren aufwendigen Roben, traumhaften Laufsteg-Inszenierungen und jeder Menge Liebe zum Detail verwandeln sie jede Frau in eine Märchenprinzessin – und das Happy End ist (auch ohne Märchenprinz) garantiert.

Simone Rocha

Ob Simone Rocha im falschen Jahrhundert geboren wurde? Den Eindruck kann man jedenfalls bekommen, wenn man ihre Mode sieht. Ihr Debüt gab sie im Jahr 2010 und seitdem beeindruckt sie die Modebranche immer wieder mit ihren femininen Kollektionen, die mit schweren Materialien und Stoffen wie Brokat, massiver Spitze und Details wie Schleifen und Perlenverzierungen in eine andere Welt und Zeit entführen.

Ulla Johnson

Ulla Johnson ist die Königin des modernen Bohème-Chics. Mit wunderschönen Prints, aufwendigen Stickereien und liebevoll gesetzten Details feiert sie die moderne Weiblichkeit so wie kaum eine andere Designerin. Was ihre Ästhetik dabei so besonders macht? Man merkt ihr den Mix aus New York City, Los Angeles und ihren vielen Fernreisen an. Weltoffenheit und Lässigkeit bekommt man beim Kauf eines Ulla-Johnson-Designs scheinbar kostenlos dazu.

Zimmermann

Zimmermann ist in Europa noch nicht so lange bekannt wie in seiner Heimat Australien. Denn eigentlich haben die beiden Gründerinnen, Nicky und Simone Zimmermann, das Brand schon 1991 in Sydney gegründet. Doch heute ist auf der ganzen Welt klar: Keine Saison ohne die ausladenden, modernen und hippiesken Entwürfe der beiden Schwestern. Prints und ausgefallene Muster sind bei dem Brand ein Must-have, Weiblichkeit und Romantik ebenso wie Eleganz spielen eine große Rolle. Der Sydney Morning Herald schrieb über Zimmermann: »Wenn die Stadt Sydney eine Person wäre, wäre sie braun gebrannt, frech und würde einen Zimmermann-Bikini tragen, so sehr ist das sonnige Label zum Synonym für australischen Stil geworden.« Da können wir nur zustimmen.

Eine Zukunft ohne Flowerpower und Blumenprints? Einfach unvorstellbar! Denn dieser Sommer ist der Sommer unseres Lebens mit jeder Menge Hoffnung, Lebenslust und ja, auch eine modische Blütezeit nach einem Jahr in Jogginghose. Und wie sagt der US-amerikanische Philosoph Ralph Waldo Emerson so schön: »Blumen sind das Lächeln der Erde« – und, da sind wir uns sicher, auch der Mode.