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Fashion im Film – Der Hut

Was Marlene Dietrich, Harrison Ford, Dagobert Duck, Audrey Hepburn und Humphrey Bogart gemeinsam haben? Ihre berühmtesten Filmrollen tragen alle einen markanten Hut. Tatsächlich hat sie oft erst der Hut zu den Stilikonen gemacht, die sie heute sind. Welchen Symbolwert Mode im Film besitzt und was ein Hut über eine Figur auf der Leinwand erzählt, zeigt Euch Autorin Barbara Eichhammer in diesem kleinen filmhistorischen Überblick im sisterMAG.

Fashion im Film – Der Hut

Was Marlene Dietrich, Harrison Ford, Dagobert Duck, Audrey Hepburn und Humphrey Bogart gemeinsam haben? Ihre berühmtesten Filmrollen tragen alle einen markanten Hut. Tatsächlich hat sie oft erst der Hut zu den Stilikonen gemacht, die sie heute sind. Welchen Symbolwert Mode im Film besitzt und was ein Hut über eine Figur auf der Leinwand erzählt, zeigen wir Euch in diesem kleinen filmhistorischen Überblick.

Mode im Film

Medienwissenschaftlich betrachtet ist Mode eines unserer stärksten Kommunikationsmittel. Kein anderes Medium ist so eng mit dem Körper und damit Subjekt verbunden. Anders ausgedrückt: Was wir tragen, lässt Rückschlüsse zu auf unsere Klassenzugehörigkeit, Geschlechterrollen, Religion, Werte oder Kulturräume. Mode ist dabei ein Zeichensystem; ein Mittel zur sozialen, kulturellen und individuellen Identitätskonstruktion. Auch im Film nehmen Fashion Pieces daher eine narrative Funktion ein: Die Kostüme helfen, die Figuren zu typisieren und die Handlung voranzutragen. Mode erlangt so im Kino einen symbolischen Zeichenwert, der über die materielle Funktion des Kleidungsstücks weit hinausreicht. Als Julia Roberts in Pretty Woman (1991) etwa nach ihrem Make Over im Pünktchenkleid mit einem eleganten Strohhut zum Poloturnier erscheint, signalisiert die neue Garderobe nicht nur ihren sozialen Aufstieg, sondern darüber hinaus einen veränderten Charakter der Hauptfigur. Allerdings setzt ein Bekannter das Outfit schnell als Kostümierung herab (https://www.youtube.com/watch?v=2DW8xGt7De4&list=PLCv20BbLS7aWeyDtKmwXk5BHCKb_OkSTo&index=10). Aus kulturgeschichtlicher Sicht kann der Hut an sich schon ein Zeichen für gesellschaftlichen Stand sein. Bereits in der Antike war er als Statussymbol vorwiegend Priestern, Herrschern und Königen vorbehalten, die damit ihren Rang zur Schau stellten. Im Mittelalter hatte jede Standesschicht ihre spezifische Kopfbedeckung. Im Kino kommen diese historischen Bedeutungsebenen buchstäblich zum Tragen und lassen Themen wie Klasse, Gender und Status auf der Leinwand aktuell werden.

Die Melone & Charlie Chaplin

Im frühen Schwarz-Weiß-Film sorgte vor allem eine Kopfbedeckung für Furore: die Melone! 1850 ursprünglich als Reithut in London erfunden, wurde die Melone zum universellen Zeichen ihrer Zeit. Sie gilt als typisch englische Kopfbedeckung des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Während sie zunächst bei den Arbeiterschichten beliebt war, wurde die Melone ab dem 20. Jahrhundert zum Hut der Mittelklasse und Geschäftsmänner, insbesondere der Bankangestellten in der City von London. Britische Komiker wie Charlie Chaplin und Stan Laurel machten ab den 1910ern den schwarzen, halbkugelförmigen Hut mit ihren Slapstick Einlagen auf der Leinwand zum Kultobjekt. Ihre Filmfiguren greifen dabei die Tradition der Music Halls auf. In seinen Filmen verkörperte Chaplin beispielsweise die Figur des Tramps, eines armen Landstreichers, der sich mit der Würde und den Manieren eines Gentlemans zu verhalten versuchte, ungeachtet in welch peinlicher Lage er sich befand. Als Hut der Mittelschichten wird die Melone bei Chaplin daher zum Symbol für soziale Unterschiede.

Der Zylinder & Marlene Dietrich

Hüte verweisen im Kino jedoch nicht nur auf Klassenunterschiede. Sie vermögen auch Geschlechterrollen in Frage zu stellen und neu zu definieren. Ab den 1930ern sorgte auf der Leinwand eine Frau in Männerhüten für Aufsehen: Schauspielerin Marlene Dietrich wurde in Strapsen und mit Zylinder zum Inbegriff der Femme Fatale. Ihre Rolle der Lola Lola im Film Der blaue Engel (1931) machte sie zum deutschen Weltstar und zur unangefochtenen Stilikone. Ihr modischer Gender Mix stand den konventionellen Rollenerwartungen quer entgegen. Denn der Zylinder galt seit dem 19. Jahrhundert als modisches Accessoire des männlichen Großbürgertums. Auf Marlenes Kopf brach der Gentleman-Hut hingegen stereotype Geschlechter sowie Standesbilder auf. Bereits in Morroco (1930) erscheint sie im für die 1930er Jahre klassisch-männlichen »White Tie Look«, d.h. im schwarzen Frack, weißen Hemd und mit Zylinder. Tatsächlich war sie der erste weibliche Hollywood Star, der die verführerische Seite einer Frau in Hosen und in Männerhüten aufzeigte und die Kleidungsstücke auch in der Öffentlichkeit trug. So trotzte sie sozialen Normen, revolutionierte die Frauenkleidung und bereitete den Weg für einen androgynen Fashion Stil. Die Gendergrenzen brachen auch Liza Minelli im Musical Cabaret (1972) und Diane Keaton in Annie Hall (1977) auf, als sie beide mit schwarzer Melone als Accessoire auftreten. Bis heute zeigt sich Diane Keaton übrigens gerne in schwarzen Herrenanzügen und Herrenhüten auf ihrem Instagramprofil @diane_keaton (Link: https://www.instagram.com/p/B3QBO4YF_Xj/)

Der Fedora & Indiana Jones

Auch bestimmte Bilder von Maskulinität werden im Kino durch Hüte verfestigt: So ist eine der bekanntesten Kopfbedeckungen der Filmgeschichte wohl der Fedora von Indiana Jones – erstmals an Harrison Ford in Jäger des verlorenen Schatzes (1981) zu sehen. Der weiche Filzhut besitzt im Film maskulinen Symbolwert – und verweist auf seine Tradition in männlich-konnotierten Hollywood Genres. So kannte man den Fedora bereits von Italo-Western mit Clint Eastwood oder Abenteuerfilmen mit Charlton Heston. In Indiana Jones steht der Fedora für eine Männlichkeit, die sich über Muskelkraft, Abenteuerlust und Reisen definiert. Sobald »Indy« den Hut aufsetzt (und die Dozentenbrille abnimmt), geht es auf in den Dschungel. So sieht der Zuschauer die Hauptfigur nur im Fedora, wenn er sich auf seine archäologischen Expeditionen begibt und in actionreichen Szenen mit Feinden kämpft. Der Hut symbolisiert hier eine spektakelhafte Maskulinität, die gerade in den Actionfilmen der 1980er Jahre das Körperliche auf der Leinwand betonte. Wie sehr dieser Hut zum Kultobjekt mit materiellem Wert geworden ist, zeigt eine Versteigerung von 2018: Für Harrison Fords Fedora kam ein Gebot von 443.000 Euro zustande.

Der Ascot Hut & Audrey Hepburn

Kultstatus hat auch Audrey Hepburns Hut in Frühstück bei Tiffany (1961) erlang: Der schwarze »Chapeau du Matin« mit einem langen Seidentuch an der Hutkrempe spiegelte Holly Golightlys dramatischen und geheimnisvollen Charakter wider. In Kombination mit ihrem kleinen Schwarzen steht der Hut hier im wahrsten Sinne des Wortes für Klasse, Kultiviertheit und Eleganz. Als wirkmächtiges Symbol für Klassenzugehörigkeit präsentiert sich auch der Ascot Hut von Audrey Hepburn in My Fair Lady (1964). Professor Higgins plant ein Sozialexperiment: Er wettet, dass er aus dem einfachen Blumenmädchen Eliza mit Sprachunterricht eine feine Lady der Upper Classes machen könne. Nach ihrem Make-Over zeigt sie sich in einem der mittlerweile legendärsten Filmkostüme mit dem ikonischen schwarz-weißen Hut.

Hüte im Film besitzen eine kulturelle Symbolkraft: Gesellschaftliche Ordnung, Gender oder Religion lassen sich durch die zahlreichen Konnotationen der Fashion Pieces auf der Leinwand erzählen. So kam übrigens der Zylinder 1947 auf den Entenkopf von Dagobert Duck. Als modisches Accessoire des Großbürgertums macht er die reichste Ente der Welt zusammen mit Gehrock und Stock zu einer Karikatur des typischen, männlichen Kapitalisten.