Follow my blog with Bloglovin

»History in Fashion« – Hinter den Kulissen des Grassi Museums Leipzig

sisterMAG war zu Besuch im GRASSI Museum für Angewandte Kunst in Leipzig und durfte einen exklusiven Blick hinter die Kulissen der aktuellen Ausstellungsvorbereitungen werfen, denn seit dem 20. November ist die neue Ausstellung rund um das spannende Thema Sticken zu sehen: »History in Fashion – 1500 Jahre Stickerei in Mode«. Caro hat mit der Kuratorin Dr. Stefanie Seeberg über die Ausstellungsorganisation, die Exponate und das interessante Begleitprogramm gesprochen. Hier findet ihr alle Infos!

Neue Ausstellung:

»History in Fashion – 1500 Jahre Stickerei in Mode«, 21.11.2019 – 29.03.2020

Hinter den Kulissen im Grassi Museum für Angewandte Kunst

Das GRASSI Museum ein besonderes Museums-Ensemble im Herzen von Leipzig beherbergt drei Museen: Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst, das GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig und das GRASSI Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig.

Ersteres wurde bereits 1874 als zweites deutsches Kunstgewerbemuseum gegründet, sieben Jahre nach der Gründung des Kunstgewerbemuseums in Berlin. Benannt nach dem Leipziger Kaufmann und Mäzen Franz Dominic Grassi finanzierte sein Vermächtnis den ersten Museumsbau. Zwischen 1925 und 1929 entstand das bekannte Museumsareal am Johannisplatz, eines der modernsten Museums-Ensembles seiner Zeit.

Schon vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges geschlossen und währenddessen stark zerstört, wurde damals ein Großteil der Museumssammlung ausgelagert. Der Museumsbetrieb war über mehrere Jahrzehnte stark eingeschränkt und wurde Anfang 1980 aufgrund baulicher Schwierigkeiten ganz eingestellt.

Erst 1994 konnten dem Publikum wieder Ausstellungsstücke auf kleinem Raum gezeigt werden. Der Großteil der Bestände verweilte weiterhin in Depots. Bis heute schlummert ein erheblicher Teil der Museumsbestände noch immer im Verborgenen. 2006 wurde der gesamte Museumskomplex aufwendig rekonstruiert und schließlich 2007 feierlich wiedereröffnet. Wir können versichern: Die Architektur des GRASSI Museums hält Highlights bereit, wie z. B. die mit Art déco-Elementen versehene Pfeilerhalle, in der einige Fotos der neuen Modestrecke unserer Ausgabe entstanden sind. Und auch die vom Bauhausmeister Josef Albers gestalteten Treppenhaus-Fenster.

Aber auch die Museumsbestände haben einiges zu erzählen; mit einem Blick hinter die Kulissen des GRASSI Museums für Angewandte Kunst geben wir euch einen exklusiven Vorgeschmack auf die kommende Ausstellung »History in Fashion – 1500 Stickerei in Mode«. Im Gespräch mit Kuratorin Dr. Stefanie Seeberg haben wir Interessantes zur Ausstellung erfahren und erste Exponate entdecken können

Interview mit der Kuratorin Dr. Stefanie Seeberg

Frau Dr. Seeberg – Können Sie einführend etwas über die Geschichte der Museumssammlung sagen?

Gern, die Sammlung ist zu einem großen Teil in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden. Sie soll Künstlern und Kunsthandwerkern Vorbilder und Inspirationen bieten und zur Geschmacksbildung der Bürger* innen beitragen. Die Museumsbestände wurden natürlich stark geprägt durch das Sammlerinteresse des 19. Jahrhunderts. So erklärt sich, dass sich zahlreiche Objekte aus anderen Kulturen in den Beständen finden. Darauf lag damals ein großer Fokus. Inzwischen beherbergt das GRASSI Museum für Angewandte Kunst etwa 230.000 Objekte in seiner Sammlung.

Sie sind Kuratorin der Textilsammlung – Was macht Stickerei eigentlich aus?

Stickerei steht gewissermaßen für das »Einschreiben« oder »Aufbringen« von Bedeutung auf Textilien. Die Technik des Stickens ist direkter zu lenken als z. B. beim Weben, der Malerei oder dem Druck. Was wenige ahnen ist, dass Texte und Bilder schon seit der Spätantike auf Kleidung aufgebracht wurden.

20. November 2019, 19 Uhr 

Die Ausstellung »History in Fashion – 1500 Jahre Stickerei in Mode« könnt ihr vom 21. NOVEMBER 2019 – 29. MÄRZ 2020 Dienstag – Sonntag und an Feiertagen von 10 – 18 Uhr besuchen. Das umfangreiche Begleitprogramm zur Ausstellung findet ihr HIER.

Wie ist die Ausstellung thematisch aufgebaut?

Der erste Ausstellungsbereich beschäftigt sich mit der »Kleidung als Bedeutungsträger«. Er beginnt mit frühen ägyptischen Ausgrabungsfunden, zum großen Teil Fragmente. Wir zeigen die Objekte so, wie sie überliefert sind: mit Schadstellen und Spuren des Gebrauchs, denn sie alle haben ihre Geschichte. Gleich zu Beginn erwartet die Besucher*innen zudem ein ganz besonderes Exponat: eine Knochennadel aus dem Museum für Vor- und Frühgeschichte in Halle. Der zweite Bereich widmet sich der Blumen- und Pflanzenwelt , die der Stickerei als Inspirationsquelle diente. Es folgt die große Materialvielfalt, die durch bestickte Kleidung möglich ist: mit Gold, Silber und Pailletten wurden Textilien beispielsweise noch kostbarer gemacht. Anschließend können Stücke aus anderen Kulturen bestaunt werden. Sie sind ab dem 19. Jahrhundert in vielen europäischen Museen zu finden. Die letzten zwei Bereiche der Ausstellung widmen sich der Gegenwart: Hier wird die Stickerei als Technik für ReUse und Upcycling vorgestellt. Abschließend präsentieren wir die neuen Wege, die Textil- und Modedesigner*innen von morgen gehen. Neun Studierende aus der Textilklasse von Prof. Bettina Göttke-Krogmann, von der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, zeigen hier ihre aktuellen Arbeiten. Auch wenn es der Ausdruck »Fashion« im Ausstellungstitel vermuten lässt, geht es in dieser Schau tatsächlich um die Technik der Stickerei und ihre Anwendung auf Kleidungsstücken jeglicher Art – nicht schwerpunktmäßig um große Namen in der Mode. Trotzdem werden wir auch einige Beispiele der Haute Couture Stücke dabei haben, u.a. von Dolce & Gabbana. Begleitend zur Ausstellung haben wir einen Katalog konzipiert, der zahlreiche Makro-Aufnahmen einzelner Objekte enthält. Interessierte erfahren hier, was sie bei uns alles an Objekten und Geschichten entdecken können.

Was ist das Ziel Ihrer kuratierten Ausstellung »History in Fashion«?

Wir möchten gern einen Einblick in die sehr vielseitige und große Textilsammlung unseres Hauses geben. Die Besucher*innen erfahren bei uns, was Stickerei im Detail ausmacht. Ihre Bedeutung hat sie sich über die Jahrhunderte bewahrt. Bis heute ist gut zu beobachten, dass die historische Stickerei Modesigner*innen noch immer inspiriert. Auch wenn der Großteil der Exponate historisch ist, präsentieren wir keine rein historische Ausstellung. Der Bezug zur Gegenwart ist uns sehr wichtig. Natürlich ist es nicht möglich, die gesamte Historie der Stickerei chronologisch und mit all ihren Details auszustellen. Bei uns sehen die Besucher einen guten Querschnitt mit ausgewählten Beispielen.

Wie wird das Begleitprogramm zur Ausstellung aussehen?

Es wird ein vielfältiges Angebot an Aktionen geben, auf das wir uns schon sehr freuen. Wir bieten mehrere Führungen durch die Ausstellung an. Und auch Workshops, bei denen die Besucher* innen selbst kreativ werden und eigene Textilien besticken können. Mit wenigen Ausnahmen, wird die Jungdesignerin Magdalena Sophie Orland fast jeden Mittwoch von 15 – 17 Uhr eine offene Werkstatt in den Ausstellungsräumen anleiten. Die Teilnehmer*innen können eigenes Material mitbringen und gemeinsam schöne Stickerei-Werke herstellen. Ende November werden außerdem Laurent und Hermann Progin, Meisterschüler der Masterclass von Designer Guido Maria Kretschmer, in der Ausstellung eine offene Werkstatt anbieten. Für Kinder und die ganze Familie gibt es ein zusätzliches Programm mit besonderen Angeboten für die Winterferien. Das detaillierte Begleitprogramm ist auf unserer Website zu finden.