Follow my blog with Bloglovin

Von der Muschel ans Ohr – Was es mit Perlen auf sich hat

Perlen sind Kugeln aus Perlmutt, die in Muscheln heranwachsen und irgendwann zum Teil einer Kette, eines Armbands oder eines Ohrrings werden. Die wenigsten von ihnen stammen heutzutage aus der Natur, der Löwenanteil wird gezüchtet. Doch welche Arten von Perlen gibt es, und wie unterscheidet sich ihre Qualität? Alexander Kords klärt in der neuen sisterMAG Ausgabe auf.

Von der Muschel ans Ohr – Was es mit Perlen auf sich hat

Eine Perle ist eine Kugel aus mehreren Schichten Perlmutt, die jahrelang in einer Muschel wächst. Dann wird sie geerntet und in den meisten Fällen zum Hingucker in einem Schmuckstück. Wir haben uns mal angeschaut, was für Arten von Perlen es gibt, wer sie als erster gezüchtet hat und welche Qualitätsmerkmale wichtig sind.

Es ist schon ein ziemlicher Klunker, den Vermeer seinem »Mädchen mit dem Perlenohrring« angehängt hat. Eben weil er so groß ist, gehen viele Experten davon aus, dass es sich unmöglich um eine echte Perle handeln kann. Schließlich sieht die junge Dame mit ihrer schlichten Kleidung alles andere als wohlhabend aus, ein Schmuckstück dieser Größe hätte sie sich also gar nicht leisten können. Stattdessen ist davon auszugehen, dass es sich um ein Perlenimitat aus Glas handelt. Aber was macht Perlen eigentlich so wertvoll?

Schicht für Schicht

Mal abgesehen davon, dass sie einfach wunderschön sind, muss man sich nur anschauen, wie eine Perle entsteht. Sie wächst im Inneren einer Muschel, wobei sich über mehrere Jahre eine Schicht von Perlmutt nach der anderen bildet. Lange wurde angenommen, dass der Grund für die Entstehung einer Perle das Eindringen eines Fremdkörpers ist, der zum Schutz der Muschel in Perlmutt eingeschlossen wird. Forscher gehen heutzutage jedoch davon aus, dass die auf dem Meeresboden lebende Muschel problemlos mit einem Sandkorn klarkommen sollte. Täte sie es nicht, dann würde es am Grunde der Ozeane vor Perlen nur so wimmeln. Stattdessen ist es sehr wahrscheinlich, dass die Bildung einer Perle durch eine Verletzung des inneren Mantels der Muschel ausgelöst wird.

Perlen aus Fluss und Meer

Wie vor allem an den verschiedenen Farben zu erkennen ist, ist Perle nicht gleich Perle. Grundsätzlich lassen sich Fluss- und Meerwasserperlen unterscheiden. Erstere bilden sich in den so genannten Flussperlenmuscheln, von denen es in Deutschland einst eine reiche Population gab. Heute sind sie vom Aussterben bedroht, was vor allem daran liegt, dass sie ab dem Mittelalter regelrecht gejagt wurden. Dazu muss man wissen, dass eine Muschel stirbt, wenn sie gewaltsam geöffnet wird. Weil nur etwa jede 2.000. Muschel eine Perle enthält, sind viele Menschen umhergezogen und haben eine Muschel nach der anderen umgebracht. Da half es auch nicht, dass die illegale Perlenjagd schon ab dem 16. Jahrhundert von staatlicher Seite untersagt und teilweise drakonisch bestraft wurde – etwa mit dem Abhacken einer Hand. Auch wenn die Flussperle weniger glänzt als ihre Kollegin aus dem Meer, war sie dennoch lange die Basis für wundervolle Schmuckstücke. So kann im Grünen Gewölbe in Dresden eine Kette bewundert werden, die aus 177 Perlen aus dem Vogtland besteht.

Neue Farben aus der Südsee

Für Abwechslung im Weiß der deutschen Flussperlen sorgte ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Einführung von Perlen aus der Südsee und Japan nach Europa. Plötzlich erstrahlten die Schmuckstücke in zahlreichen Farben wie rosa, blau, grün und lila! Südsee-Perlen können sogar golden oder silbern schimmern, während Tahiti-Perlen eine schwarze Farbe haben. Ihre Ernte war anfangs noch viel schwieriger als bei Flussperlen, schließlich mussten Taucher Muscheln auf dem Meeresboden aufspüren und in großen Mengen an die Wasseroberfläche bringen. Ohne Atemgerät tauchten sie in die Tiefe und waren dort zusätzlich Gefahren wie wilden Tieren und Strömungen ausgesetzt. Angesichts dessen verwundert es nicht, dass Perlen ein rares und extrem teures Gut war – bis es möglich wurde, sie künstlich zu züchten. Heutzutage verarbeitet die Schmuckindustrie fast ausschließlich Zuchtperlen. Um einer Muschel eine Perle zu entlocken, pflanzen ihr die Züchter vorsichtig eine kleine Kugel aus Perlmutt und etwas Mantelgewebe ein. Die Chance, dass die Muschel das Implantat annimmt, ist relativ gering, nur eine von drei produziert letztlich eine Perle. Und selbst von diesen Perlen sind nur rund zehn Prozent qualitativ dazu geeignet, in den Verkauf zu gelangen.

Vorreiter Mikimoto

Als Pionier der Perlenzucht gilt der Japaner Kokichi Mikimoto. Als der im Jahr 1878 als Jurymitglied an einer Perlenschau teilnahm, stellte er fest, dass die meisten Ausstellungsstücke zahlreiche Schönheitsfehler aufwiesen. Also machte er es sich zum Ziel, die perfekte Perle zu züchten. 1888 nahm er einen Kredit auf und startete seine erste Perlenzuchtfarm. Es sollte fünf Jahre dauern und ihn an den Rand des finanziellen Ruins bringen, bis er 1893 endlich die erste Zuchtperle präsentieren konnte. Weil die Öffentlichkeit skeptisch war, eröffnete Mikimoto ein Juweliergeschäft in Tokio und arbeitete weiterhin daran, komplett runde Perlen herzustellen, die nicht von denen aus der Natur zu unterscheiden waren. Das gelang ihm schließlich im Jahr 1905. Es dauerte aber bis in die 1920er-Jahre, bis das Geschäft mit Zuchtperlen zu florieren begann. Trotz zunehmender Konkurrenz ist das Unternehmen Mikimoto bis heute äußerst erfolgreich und ist für die Krone verantwortlich, die die Gewinnerinnen der Miss-Universe-Wahl alljährlich auf den Kopf bekommen.

AAA-Qualität

Generell sind natürlich gewachsene Perlen sehr viel wertvoller als Zuchtperlen. Beide Arten müssen sich jedoch einer Qualitätskontrolle unterziehen, um ihren Wert zu bestimmen. Dafür gibt es allerdings kein einheitliches System, was die Sache ein wenig erschwert. Zwei Skalen haben sich etabliert: Süßwasser- und Akoya-Perlen werden von AAA bis A bewertet, Südsee- und Tahiti-Perlen von A bis D. Perlen von verhältnismäßig geringer Qualität erhalten dabei ein einfaches A (Süßwasser und Akoya) bzw. ein D (Südsee und Tahiti). Die Bewertung einer Perle übernimmt der Händler, wobei er sich an verschiedenen Kriterien orientiert. Dazu gehören die Größe, der Glanz, die Beschaffenheit der Oberfläche und die Dicke der Perlmuttschicht. Während diese Kategorien einigermaßen objektiv beurteilt werden können, hängen die Farbe und die Form vom jeweiligen Zeitgeist ab. Geht es um Schmuckstücke, die aus mehreren Perlen bestehen, dann fließt auch deren stimmige Zusammensetzung in die Bewertung ein. Perlen, die komplett durch die Qualitätskontrolle fallen, werden übrigens meist pulverisiert und an die Kosmetikindustrie verkauft. Von dieser wird das Pulver dann zu Hautcreme verarbeitet, die angeblich den Alterungsprozess der Haut verlangsamt.