Dekoration
Follow my blog with Bloglovin
Start-up Spotlight: Jora Dahl
In unserer Rubrik »Start-up Spotlight« stellen wir euch im sisterMAG regelmäßig interessante Start-up Unternehmen vor. In dieser Ausgabe wollen wir euch gerne Jora Dahl und ihr Designstudio für Garten- und Produktgestaltung präsentieren. In einem Feature erfahrt ihr hier, was hinter der Marke und Person Jora Dahl und ihrer Unternehmensphilosophie steckt.
Start-up Spotlight: Jora Dahl – Gärten und Pflanzungen
- Branche: Gartenprodukte, Gartengestaltung
- Hauptsitz: Berlin
- Gründer: Jora Dahl, Carsten Becker
Wer bist du, und was machst du?
Ich bin Jora, lebe mit Mann und zwei Kindern in Potsdam und habe letzten Herbst ein Designstudio für Garten- und Produktgestaltung gegründet. Wir entwickeln besondere Pflanzkollektionen und modulare Pflanzpläne, die über unseren Onlineshop verkauft werden. Außerdem beraten wir Gartenbesitzer, wie sie ohne Aufwand und Kosten ihre Gärten in blühende Oasen verwandeln.
Wie bist du auf die Idee gekommen, zu gründen? Was ist deine Motivation hinter Jora Dahl? Was macht das Gärtnern deiner Meinung nach schwierig?
Bis vor zehn Jahren hatte ich keine Ahnung vom Gärtnern und war ein überzeugter Stadtmensch. Dann zog ich nach Potsdam und hatte zum ersten Mal einen eigenen Garten vor der Tür. Ungepflegt und mit viel Beton, aber schnell fing ich an, jede freie Minute zu graben und zu pflanzen. Weitere drei Jahre rannte ich ins Gartencenter, gab Unmengen an Geld aus für kitschige Pflanzen, die nicht funktionierten, pflanzte sie an falsche Stellen, um im nächsten Jahr sowieso wieder alles anders zu machen. Obwohl ich viel zum Thema las, dauerte es Jahre, bis mein erstes Staudenbeet richtig gut aussah. Es ist nicht einfach, bei Null anzufangen. Die Auswahl an Pflanzen ist riesig, aber nur wenige sind wirklich schön, robust und pflegeleicht. Ebenso die Gartenbücher: Die wenigsten geben genau die Tipps, die man braucht, und sprechen mich ästhetisch an.
Was fehlt deiner Meinung nach im Markt für Blumensamen? Welche Produkte findet man bei dir, die man nicht woanders finden kann?
Wie toll und wichtig einjährige Blumen für den Garten sind, habe ich erst durch die „Slowflower-Bewegung“ entdeckt. In den USA, in England und seit neustem auch in Deutschland werden Schnittblumen regional und organisch angebaut, um den Floristen-Blumen aus Übersee, die voller Pestizide sind und unter schlechten Bedingungen angebaut werden, etwas entgegenzusetzen. Die Sorten, die dabei zum Einsatz kommen, sind bombastisch: subtile Vintage-Farben, tolle Pastelltöne … das Gegenteil der Kreischfarben aus dem Gartencenter. Viele dieser Sorten mussten bisher kompliziert über das Internet im Ausland bestellt werden. Das wollte ich ändern!
Aus wie vielen Leuten besteht das Team?
Die wesentliche Kreation der Produkte und die Gartenberatung liegen bei mir. Aber es gibt Dinge, die ich nicht wirklich kann. Die Zahlen sind Aufgabe meines Mannes, der selbst ein eigenes Unternehmen besitzt. Und bei Gartenneugestaltungen bin ich froh, Christiana Helth im Team zu haben – eine Landschaftsarchitektin, die meine Liebe zu blütenreichen Gärten teilt und viele Jahre an Erfahrung mitbringt. Am wichtigsten in den letzten Monaten war allerdings die Kooperation mit der Grafikerin und Illustratorin Marion Rekersdrees. Ihre wunderschönen Blumenzeichnungen, ihre Art zu gestalten, prägen in wesentlichen Teilen die Marke Jora Dahl. Sie war auch in stressigen Zeiten immer mein Sparringspartner und bereichert mit ihrer Kreativität und unkomplizierten Art unser Unternehmen ungemein.
Wie bist du zu deinem jetzigen Job gekommen? Was hast du studiert/gelernt?
Ich hatte nie etwas mit der Gartenbranche zu tun. Das ist häufig ein Vorteil, weil ich mich in meine Kundinnen gut reinversetzen kann. Nach einem Philosophie-Studium und journalistischem Volontariat habe ich jahrelang als Kreativ-Direktorin interaktive Exponate und Ausstellungen konzipiert. Ich habe multimediale Räume entworfen und komplizierte Inhalte und Markenbotschaften darin zugänglich gemacht. Das hört sich weit entfernt an, ist es aber nicht. Im Grunde mache ich jetzt dasselbe, nur mit Pflanzen statt mit Medien. Und das fühlt sich viel besser an!
Der Neustart entstand aus einer Krisensituation. Nach der Geburt unseres ersten Kindes wurde mir klar, dass ich nicht einfach in meinen alten Job zurückkehren kann, wenn ich mein Kind beim Aufwachsen begleiten will. Die Arbeitszeiten in der Kreativbranche sind brutal. Mir war klar: Ich muss mir meinen Job selbst stricken, damit er all meinen Bedürfnissen entspricht. Jetzt, fünf Jahre später, bin ich total dankbar, ich kann mir keine schönere Arbeit vorstellen.
Was sind modulare Staudenpflanzpläne? Wozu braucht man so was?
Staudenbeete anzulegen, ist wirklich eine hohe Kunst, obwohl Stauden meist ganz pflegeleicht sind. Es gibt aber leider unglaublich viele davon, alle unterschiedlich in Höhe, Blütezeit, Ansprüchen, Farbe, Form … Sie blühen über viele Jahre, sind viel pflegeleichter als Rasen und bringen eine unglaubliche Atmosphäre in den Garten. Mit unseren Pflanzplänen kann man sich das lange Bücherstudium und die vielen anfänglichen Fehlschläge sparen, ebenso wie den teuren Gartenarchitekten. Sie sind in fast jede Größe skalierbar und zeigen genau an, wo welche Pflanze im Beet positioniert wird. Die Kombinationen sind ausgesprochen robust und ästhetisch. Wir haben daran, zusammen mit einer Botanikerin und Staudenexpertin, über zwei Jahre gearbeitet und sind stolz, wirklich etwas ganz Neues geschaffen zu haben. Man kann damit unglaublich kreativ gestalten. Ich hoffe, dass wir auf diese Weise vielen Gartenbesitzerinnen den Zugang zu diesen unglaublichen Pflanzen erleichtern!
Wo kommen die Samen von Jora Dahl her? Bist du auch in die Entwicklung der Samen eingebunden?
Die besonderen Samensorten kaufen wir ausschließlich bei holländischen oder britischen Traditionsfirmen ein. Bislang lassen wir dann alles in Deutschland konfektionieren. Die Samen werden hier in Tüten abgefüllt, und diese werden in Werkstätten beklebt. Da die maschinelle Abfüllung aber immer hohe Stückzahlen von einer Sorte vorrausetzt und ich gerne auch mit ungewöhnlichen Sorten in kleinerer Stückzahl experimentieren möchte, suchen wir gerade nach einem Weg, die Samen unkompliziert per Hand abzufüllen. Das ist gar nicht so einfach. Geeignet sind dafür antike Samen-Messlöffel, die nicht mehr produziert werden und die man erst mal auf dem Markt finden muss. Prinzipiell möchten wir unabhängiger und flexibler produzieren und uns in diesem Sinne noch mehr als Manufaktur verstehen.
Wie sieht ein Arbeitstag bei euch aus? Verbringst du viel Zeit draußen, oder ist dein Job eher Büroalltag?
Ich arbeite häufig drinnen vor meinem MacBook, das ist nicht viel anders als bei meinem alten Job. Ich habe mir mit der Geburt unseres ersten Kindes ein kleines Coworking-Büro in unserem Haus eingerichtet und versuche aber, so oft es geht, draußen in meinem Garten und Experimentierfeld zu sein. Das ist wirklich ein kleiner Luxus, für Telefonate kurz durchs Tulpenfeld zu wandern. Mit Marion und Christiana treffe ich mich zu Besprechungen, und einmal im Monat quäle ich mich mit meinem Mann durch Steuer und Zahlen. Grundsätzlich versuche ich so zu arbeiten, dass ich noch viel Zeit mit meinen Kindern verbringen kann. Das wäre in meinem alten Job nicht möglich. Ich möchte beweisen, dass man auch (oder gerade) als Mutter erfolgreich gründen kann!
Wer sind Deine Kunden, woher kommen sie, und wie finden sie dich?
Die ersten Gestaltungsprojekte fanden schon vor Jahren statt, da hatte ich noch nicht mal eine Website und bin einfach durch Freunde empfohlen worden. Mittlerweile gehen die Klickzahlen hoch, vor allem durch Instagram. Ich war nie der Social-Media-Typ und entdecke diese Welt gerade ganz neu. Jetzt muss ich nur noch lernen, das Handy auch wieder zur Seite zu legen. Der Sog ist enorm. Ansonsten haben wir immer auf den stationären Handel gebaut, da ich das Stöbern in besonderen Läden liebe und etwas dagegen tun will, dass diese so sinnliche, analoge Welt verloren geht.
Zu meiner Zielgruppe: Sie ist mir erschreckend ähnlich. Weiblich, um die 40, Kinder und ein großes Bedürfnis nach stilvollem und zugleich einfachem Leben – drinnen wie draußen.
Was sind Deine Ziele für die nächsten fünf Jahre?
Ich würde unglaublich gerne ein Buch schreiben. Eines, das ich gebraucht hätte, als ich mit dem Gärtnern angefangen habe. Das zeigt, dass der meiste Krempel im Garten überflüssig ist, und das ästhetisch inspiriert. Und ich möchte weiter viele neue Produkte rund um meine Pflanzkollektionen entwickeln und vielen Gartenbesitzern dabei helfen, blühende und wirklich pflegeleichte Gärten zu gestalten.
Wie gehst du bei der Gestaltung eines Gartens vor? Welche Fragen stellst du z.B. Kunden?
Am Anfang steht für mich das Ausmisten. Häufig schlage ich einen Gartenrückbau vor. Braucht man zwei Terrassen, wenn es viel schöner ist, den Liegestuhl einfach auf den Rasen zu stellen, genau dort, wo es gerade interessant ist (im Frühjahr beim duftenden Flieder, im Herbst unter den rotglühenden Essigbaum)? Die Menschen sollen sich den ganzen Garten zu Eigen machen. Außerdem sensibilisiere ich dafür, dass der Garten ein Verbindungsstück zwischen Haus und umgebender Landschaft ist. Harmonie entsteht, wenn er Elemente aus diesen beiden Sphären aufgreift und zitiert. Also bitte kein japanischer Garten in der Oberpfalz! Ein Hauptteil meiner Arbeit ist es aber, die richtigen Pflanzen an den richtigen Platz zu bringen. Nur hier gilt: Mehr ist wirklich mehr!