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Botanische Illustrationen: Olga Chuykova

Für die April-Ausgabe haben wir die in Berlin lebende Künstlerin Olga Chuykova in ihrem Atelier besucht. Wie sieht die Arbeit einer Illustratorin eigentlich aus? Und wie macht man überhaupt botanische Illustrationen? Lest hier das ganze Interview mit Olga.

Wie macht man überhaupt botanische Illustrationen?

Interview mit Olga Chuykova

Giovanna Garzonis Arbeiten haben unzweifelhaft einen riesigen Einfluss auf die botanische Kunst, sie sind eine große Quelle der Inspiration. Ich liebe ihre botanischen Gemälde ihrer Details wegen und der reichhaltigen Farbpalette. Ich liebe es, wie sie die Motive aus verschiedenen Blickwinkeln darstellt, um letztlich auch das Temporäre der Natur zu zeigen Sie hilft uns, über die Schönheit in allem nachzudenken – von verwelkenden Blüten und trockenen Blättern bis zu unseren alltäglichen Vögeln und Insekten.

In meinen Arbeiten bemühe ich mich darum, die Magie, Schönheit und Mysterien zu enthüllen, die wir in der Natur um uns herum entdecken können. Subtile, versteckte und oft unbemerkte Details sind zu erkennen, wenn Blätter und Blumen welken, aber dann wieder neu treiben. Der Kreislauf beginnt von Neuem!

Erzähl uns ein bisschen über dich: Wer bist du, was machst und wo lebst du? Woher kommst du?

Ich heiße Olga Chuykova ich bin eine zeitgenössische botanische Künstlerin. Ich male mit Wasserfarben Illustrationen und veranstalte Wasserfarben-Workshops in Berlin, Russland und ganz Europa.

Seit 2015 lebe und arbeite ich in Berlin. Ich habe an der Akademie der Bildenden Künste im russischen Wolgograd studiert und besitze den Abschluss in Grafikdesign. Ich bin Mitglied der American Society of Botanical Artists und der Botanical Society of New Zealand.

Schon mit 10 Jahren fühlte ich mich als Künstlerin und konnte mir nie vorstellen, etwas anderes zu tun. Ich habe als Bildhauerin gearbeitet, habe mit Öl, Acryl- oder Pastellfarben gemalt, immer um Kunstwerke zu schaffen. Mein Schwerpunktthema war die Natur, aber ich liebe es, in anderen Bereichen wie Stillleben, Portraits und in abstrakter Kunst zu experimentieren.

Wie hast du mit botanischen Illustrationen angefangen?

Der genaue Zeitpunkt – das ist schwer zu sagen. Ich hatte lange nicht mit Wasserfarben gearbeitet, sie waren aber immer in meinem Hinterkopf. Ich war noch unsicher, sie für alles zu verwenden. Vor etwa sechs Jahren hatte ich eine wunderschöne Sonnenblume bei einem Floristen gekauft und fühlte mich von ihrer Form und ihren Farben sofort inspiriert. Ich dachte, dass Wasserfarben das beste Medium wären, sie darzustellen. So kam ich nach einer langen Pause zu den Wasserfarben zurück. Diese Sonnenblume war mein erster Versuch, in die Welt der botanischen Kunst einzutauchen.

Was ist die größte Herausforderung in deiner Arbeit?

Definitiv Zeit. Die Zeit reicht nie, all die geschäftlichen Auftragsarbeiten zu erledigen, um dann neue Experimente starten zu können. Man weiß nicht, ob eine neue Idee wirklich erfolgreich sein wird, also lässt man sie erst einmal liegen.  Das ist frustrierend.

Strebst du in deinen Illustrationen nach Präzision oder nach künstlerischem Ausdruck?

Ich versuche, eine Balance zwischen beidem zu erreichen, aber wenn ich die Wahl hätte, würde ich die Präzision bevorzugen.

Wie verdienst du Geld? Sind botanische Illustrationen deine Einnahmequelle?

Ja, ich verdiene mein Geld mit dem Illustrieren. Ich fertige botanische Illustrationen zu kommerziellen Zwecken, für private Kollektionen, Auktionen und Ausstellungen an. Aber auch andere Arten von Illustrationen male und zeichne ich mit Wasserfarben, Tinte, Acrylfarben oder Bleistift.

Was würdest du als den größten Unterschied zwischen modernen Arbeiten und den Kunstwerken und Illustrationen der Renaissance bezeichnen?

Ich glaube, dass der wesentliche Unterschied in der Bedeutung hinter dem Bild liegt: Heutzutage sehen wir eine schöne Rose, eine weiße Lilie, eine Orchidee – als feine und bezaubernde Blumen. Früher waren Blumen Teil einer reichen visuellen Symbolik, die eine wichtige Rolle in der Kunst spielten. Rosen zum Beispiel sind ein Symbol für wahre, vollkommene und ewige Liebe. Orchideen stehen für Eifersucht, Misstrauen und Täuschung.

Es gibt sogar ein Buch, das sich der Symbolik der Blumen widmet: »The Garden of the Renaissance« – sehr zu empfehlen!

Mit welchen Materialien und Werkzeugen arbeitest du?

Ich benutze ausschließlich professionelles Zubehör, bin aber immer neugierig auf Neues. Meine Kollektion an Wasserfarben besteht aus vielen Sorten, vom klassischen „Winsor & Newton“ zur relativ neuen Marke „Daniel Smith“. Ich habe Lieblingsmarken wie „Winsor & Newton“ wegen ihrer großartigen Pinsel und „Fabriano“ wegen des exzellenten Papiers.

Warum lebst du in Berlin? Siehst du dies als kreative Stimulation an, oder gibt es pragmatische Gründe?

Primär war es eine pragmatische Entscheidung, dann aber habe ich mich in Berlin verliebt und lebe jetzt sehr gern hier. Ich liebe das Reisen und finde vielleicht eines Tages noch ein anderes Zuhause.

Benutzt du echte Blumen, wenn du malst? Woher bekommst du die?

Ich arbeite sowohl mit echten Blumen als auch mit Bildern. Manchmal ist alles, was ich habe, meine Erinnerung und ein paar Skizzen. Ich liebe es, Blumen auf Wochenendmärkten oder in kleinen Läden mit einer interessanten Auswahl an Pflanzen zu kaufen. Im Sommer und im Frühling gehe ich gern in einen botanischen Garten und mache Fotos – eine Menge Fotos! Ich skizziere und zeichne auch interessante Pflanzen. Zusätzlich zu den Fotos ist das eine großartige, inspirierende Grundlage für neue Arbeiten.

Du gibst viele Workshops. Was machst du mit deinen Studenten? Was lernen sie?

Workshops gebe ich sehr gern. Mein Wissen zu teilen und Enthusiasten wie mich zu treffen, ist immer sehr aufregend. Meine Workshops sind für zwei Arten von Studenten: für die, die keine oder nur sehr wenig Erfahrung haben, und für die, die sicher mit Wasserfarben umgehen können. Mit der ersten Gruppe fangen wir mit den Grundlagen an: wie man das Zubehör und verschiedene Arten von Papier auswählt, wie man den Arbeitsplatz organisiert.

Wir machen sehr viele lustige Übungen, um zu sehen, wie unterschiedlich Wasserfarben sein können, erklären die Zusammensetzung und die Eigenschaften der Farben. Der Kurs wird mit einer gut gemachten botanischen Illustration beendet.

Mit der erfahrenen Gruppe studieren wir komplexe Farben, Formen und Texturen von Pflanzen. Bei der Arbeit mit unseren Präparaten beleuchten wir mögliche Schwierigkeiten bei der künstlerischen Umsetzung, die durch Veränderungen von Farbe und Gestalt, durch Öffnen der Knospen oder dem Verwelken der Blätter auftreten können. Wir lernen, Skizzen anzufertigen, und wie man sie danach verwendet.