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Zur Ausstellung »Passion« von Steffen Volmer in den Kunstsammlungen Chemnitz

Auf die Frage, was ihm diese Ausstellung bedeute, antwortet Steffen Volmer nach kurzem Überlegen schon ein wenig stolz, dabei auffällig bescheiden bleibend, es käme für ihn einem Ritterschlag gleich. Die Bedeutung des Hauses, seine große Tradition mit Gemäldeausstellungen, die weit im ganzen Land Beachtung finden, machten ihn dankbar, hier in diesen Räumen seine erste Einzelausstellung vorstellen zu dürfen.

Das Bündel, 2019
Steffen Volmer
Zeichnung, 50 x 36 cm
Leihgabe des Künstlers
Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/Laszlo Toth, © VG Bild-Kunst Bonn, 2019

Der 64jährige Künstler hatte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig von 1976 bis 1981 studiert und begeisterte sich schon in dieser Zeit für das Zeichnen, die Grafik, Lithografie, das Radieren – obwohl diese Techniken in ihrer hochschulinternen Bewertung weit hinter der Malerei rangierten. Steffen Volmer beflügelte die Freude, mit den unterschiedlichsten Techniken, Grenzen in der bildenden Kunst überschreiten zu können. Gemeinsam mit gleichgesinnten Lehrern und Kollegen begannen Experimente, die bei Steffen Volmer in Arbeiten auf Papier, Stoff, Pappen, Leinwänden oder Acrylglas mündeten. Dabei verwendet er die unterschiedlichsten Materialien zur Bearbeitung. Vom einfachen Stift und Pinsel, über Tee, dessen Farben sich nicht vorhersehbar im Material verändern können bis zur aggressiven Notentinte, die unter Umständen das Papier, das sie ziert, »zerfrisst«.

In den 1990er Jahren entstanden in einem leeren Chemnitzer Fabrikgebäude, das als Kunstzentrum VOXXX firmierte, große Papier- und Leinwandarbeiten. Eine von diesen, eine 4m hohe schreitende Figur mahnt uns zum »Weitertragen-ÜberTRAGEN« und eröffnet damit den zeitlichen Rahmen der in 25 Jahren geschaffenen Werke. Alles, was danach kam, ist kleiner, subtiler, mit vielen Gedanken Hinterlegtes. Ansichten seines Ateliers, Selbstbildnis bei der Arbeit, die in figurativer Form gehaltenen Gemälde stellen Fragen, deren Beantwortung aber meist dem Betrachter überlassen wird, z.B. »Von HIER aus« oder »Gestörte Ordnung«.

Links: Steffen Volmer
Von HIER aus, 2019
Zeichnung, 50 x 35 cm
Leihgabe des Künstlers
Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/Laszlo Toth
© VG Bild-Kunst Bonn, 2019

Rechts: Steffen Volmer
Gestörte Ordnung, 2019
Zeichnung, 50 x 35 cm
Leihgabe des Künstlers
Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/Laszlo Toth
© VG Bild-Kunst Bonn, 2019

Der Mensch mit seinen Lebensthemen und in seiner Lebenswelt sind für Steffen Volmer Ausgangspunkte für seine Kunst.

Bücher im eigentlichen Sinne spielen dabei als »Künstlerbücher« eine große Rolle. Aber abgesehen von ihnen kann man die gesamte Ausstellung als Tagebuch erlebter Jahre mit Freuden, Ängsten, Ideen, Abgründen, Hoffnungen, Widerständen, vielen Gedanken lesen.

Herz im Kopf, 2013
Steffen Volmer
Cliche-verre, 65 x 45,5 cm
Leihgabe des Künstlers
Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/Laszlo Toth, © VG Bild-Kunst Bonn, 2019

Steffen Volmer nutzt dafür u.a. vier Künstlerbücher, von 1996 »Tragen«, 2000 »Unruhe«, 2005 »Passage« und von 2015 »Zentrale«. Sie liegen als Unikate vor, allerdings zu ihrem Schutz in Vitrinen.  Für den Besucher ohne Nachteil, da alle Seiten in einer famosen Rauminstallation zu betrachten sind. Der Künstler zeichnet mit klar figürlichen, rätselhaften, wunderlichen und abnormen Bildern Stimmungen, die Freude, Wut, Ungerechtigkeit, Zweifel, all das, was uns täglich widerfährt, wiedergeben. Dazu gehören umfangreiche, eng beschriebene Manifeste, auf denen schonungslos eigene Ansichten des Künstlers prangen. Und die gibt es reichlich. Nach dieser durchaus anstrengenden Auseinandersetzung – künstlerisch und inhaltlich, erfreuen und entspannen im dritten Saal der Präsentation wunderschöne Plakate für Theateraufführungen und Ausstellungen. Spannend ist eine räumliche Arbeit in Acryl, bei der die Betrachtung aus verschiedenen Richtungen Überschneidungen der Konturen verursacht und damit  verschiedene Bilder erzeugt.

Steffen Volmer war und ist ein Experimentierer!

Balance, 2002
Steffen Volmer
Zeichnung auf Acrylglas, 85 x 60 x 6,5 cm
Leihgabe der Stiftung WRT Dr. Weckerle
Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/Laszlo Toth, © VG Bild-Kunst Bonn, 2019

Verabschieden wir uns von ihm vor der 2003 geschaffenen Arbeit »Regen«. Am Boden dick auftreffende große Regentropfen ziehen den blauen Dunst eines eng begrenzten Regenschauers nach sich, schemenhaft zeichnen sich darin die Umrisse einer menschlichen Gestalt ab.

Hilflos?
Stehen wir im Regen?
Regen als Zeichen des Lebens?
Wer weiß die Antworten?

»Passion« von Steffen Volmer

Vom 17. November 2019 bis 3. Februar 2020
Kunstsammlungen Chemnitz

Kunstsammlungen am Theaterplatz
Theaterplatz 1
09111 Chemnitz

Öffnungszeiten:
Di, Do bis So 11 bis 18 Uhr
Mi 14 bis 21 Uhr
Mo geschlossen

Weitere Informationen findet man auf der Website der Kunstsammlungen Chemnitz