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© Martin Schoeller, AUGUST /
Courtesy of CAMERA WORK Gallery
In der Ausstellung sind ja nur Köpfe!
Ja, alle von Martin Schoeller fotografiert. Das ist das Besondere!
Jedes Modell mußte sich mit einem sehr geringen Abstand des Kopfes zur Linse des Fotoapparates auf einen Hocker setzen. Der Fotoapparat befindet sich in Augenhöhe. Beidseits davon sind Neonröhren installiert, die Lichtreflexe im Auge des Modells erzeugen, so wirken die Augen vital und aufmerksam. Die Pupillen nehmen eine geschmeidige Mittelstellung ein und ziehen den Blick des Betrachters auf sich.
Aber das Tolle ist. Martin Schoeller bereitet sich auf jedes Modell vor. Sondiert Berufliches, Interessen, Hobbys alles was zu ihm gehört, um während des Fotografierens durch ein angenehmes Gespräch abzulenken, die Person soll die Kamera vergessen. Persönliche Nähe ist wichtig. So gelingt es, dass die Abgebildeten im Verlauf der Sitzung so aussehen, ihre Gesichtszüge sich so zeigen, wie sie natürlicherweise sind und nicht wie inszeniert.
„Ich suche nach dem Augenblick, an dem jemand etwas von sich preisgibt. Der Moment, in dem die Person sich nicht selbst darstellt. (Martin Schoeller im Interview) “

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© Martin Schoeller, AUGUST /
Courtesy of CAMERA WORK Gallery
Es entstehen Porträts in extrem hoher Auflösung, die Dimensionen und Aufnahmebedingungen bleiben für alle gleich. So vermeidet Martin Schoeller eine Wertigkeit und schafft neutrale, offene Fotos, die miteinander verglichen werden können. Das ist wiederum interessant, weil er hochrangige Politiker, indigene Gruppen, Filmstars genauso fotografiert wie Obdachlose, Sportler, Handwerker, Bäcker oder Künstler – und damit alle auf eine Ebene stellt.
Ja, in der Ausstellung sind nur Köpfe,
aber sie entstanden auf dem Boden kreativer, interessanter Gedanken. Die Gesichter so dargestellt, verraten sie mit ihrer Mimik eine Menge über die Porträtierten. Sie begeistern die Betrachter seit Jahren, sind weltweit begehrt und machen aus Martin Schoeller einen berühmten, einen der bedeutendsten Fotografen der Welt.

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© Martin Schoeller, AUGUST /
Courtesy of CAMERA WORK Gallery
Die aktuelle Ausstellung in der Galerie CAMERA WORK zeigt eindrucksvolle »Close Ups« von Künstlern, Sportlern und Politikern wie Susan Sarandon, Jane Fonda, Bruce Springsteen, Michael Jordan, Vitali Klitschko und Salman Rushdie, insgesamt über 40 Arbeiten.
Martin Schoeller (*1968 in München) begann seine Karriere Mitte der 1990er Jahre in New York. Nach seiner Ausbildung im Nette-Verein am Berliner Victoria-Luise-Platz bis 1991, arbeitete er als Assistent bei Fotografen in Berlin und Hamburg. Es folgten zwei Versuche, in New York eine Anstellung zu finden. Erst beim zweiten Mal klappte es. Ehrgeiz und Initiative beflügelten! Nach mehrmaligem Anlauf wurde er von 1993 bis 1996 Assistent bei der berühmten US-amerikanischen Fotografin Anni Leibovitz.
„Ich war ihr Sklave und Fußabtreter. Doch ich habe durch ihren Drill den Umgang mit Licht von der Pike auf gelernt. Lampen, Blitze, Effekte sind in der Porträtfotografie das Wichtigste überhaupt. Und sie war die Beste darin.“
Danach machte Schoeller sich selbständig. Mühsam, aber immer dem Ziel einen Schritt näher, arbeitete er sich voran.
„Bernd und Hilla Becher, die Begründer der Düsseldorfer Photoschule, haben mich inspiriert: Sie haben eine Serie über Wassertürme gemacht – alle im gleichen Blickwinkel, im gleichen Licht. Diesen Ansatz von objektiver Fotografie, bei dem die Objekte alle gleich dargestellt sind, und der zum Vergleich einlädt, habe ich versucht, in meinen Porträts umzusetzen. (Martin Schoeller im Interview)“
Von Beginn an war er davon überzeugt, dass den Menschen die Wahrheit ins Gesicht geschrieben steht. Dies fotografisch festzuhalten, war sein Ziel. Technisch konnte das nur mit Nahaufnahmen gelingen. Und es klappte! Man wurde auf ihn aufmerksam, er bekam Aufträge von bekannten Magazinen. Heute sind es Zeitschriften wie Time, Harper’s Bazaar, Vanity Fair, National Geographic, Vogue, GQ, die die Bilder des Fotokünstlers drucken. 1999 löste er den berühmten Richard Avedon als Hausfotograf beim New Yorker ab.
Von 2005 bis 2022 wurden ihm 33 Einzelausstellungen weltweit gewidmet, im gleichen Zeitraum beteiligte sich Martin Schoeller an 39 Gruppenausstellungen, bei „Camera Work“, diese Galerie vertritt den Fotografen, war er 13 mal in diesen 17 Jahren zu Gast.

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Neben den Close-Ups-Porträtreihen widmet sich Martin Schoeller auch thematischen Werkreihen
In Zusammenarbeit mit Yad Vashem, dem World Holocaust Remembrance Center in Jerusalem, fotografierte, interviewte und filmte Martin Schoeller unter dem Titel Survivors: Faces of Life after the Holocaust 75 Holocaust-Überlebende 75 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau.
»Für mich war es das emotionalste Projekt meines Lebens«. Die Geschichten seiner Fotomodelle zu hören, habe ihn für immer verändert. Er hoffe, dass er durch seine Ausstellung diese Erfahrung weitergeben könne.“ Martin Schoeller
aus „Untersuchungen, Analysen und Interpretationen“ von AK, Lothar Adam, Mühlheim,
Weitere Reihen sind
Death Row Exonorees Martin Schoeller interviewte und filmte 15 freigesprochene Todeszelleninsassen. Ziel ist die Abschaffung der Todesstrafe in den USA.
In der Serie Identical porträtiert der Künstler Zwillingspaare.
Seit 2003 zeigt Martin Schoeller in der Werkreihe Female Bodybuilder einige der besten Bodybuilderinnen der Welt.
In der Homeless-Reihe zeigt er obdachlose Menschen. Unter ihnen sind viele Sexarbeiterinnen und -arbeiter, die er in den Straßen von Hollywood getroffen hat. Eine große sozialpolitische Arbeit, an der er sich beteiligt.
Der Großteil der ausgestellten Porträts wird zum ersten Mal präsentiert, darunter die neuen »Close Up«-Werke »Christy Turlington«, »Philip Seymour Hoffman« und »Brad Pitt«.

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© Martin Schoeller, AUGUST /
Courtesy of CAMERA WORK Gallery
CAMERA WORK Gallery
Martin Schoeller
bis 07. Oktober 2023
Kantstraße 149,
10623 Berlin
Tel.: 030 3100776
Dienstag bis Samstag
11:00 bis 18:00