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Heinrich Campendonk – eine Buchrezension

„Heinrich Campendonk ? – schon gehört, aber mehr weiß ich leider auch nicht von ihm!“ – so mag manche Konversation ablaufen. Heinrich Campendonk ist nicht in aller Munde. Und das ist nicht nur schade, sondern ungerecht. 

Abhilfe schafft die kleine Monografie “Heinrich Campendonk“, erschienen im Rahmen der Reihe „Junge Kunst“ im Münchner Verlag Klinkhardt & Biermann (www.klinkhardtundbiermann.de) . Herausgeberin ist die Leiterin des Museums Penzberg – Sammlung Campendonk, Frau Gisela Geiger, die das kleine Werk mit viel Empathie, Hintergrundwissen und einer wunderschönen Bildauswahl ausgestaltet hat. Campendonk`s Bilder sind eine Freude, sie zeigen eine ideale bunte Welt, in der Mensch, Tier und Natur in harmonischem Einklang miteinander leben. Die Liebe zur Farbe führte seinen Pinsel in den jungen Jahren. Später ergänzte er sein Werk mit aquarellierten ausdrucksstarken Tuschpinselzeichnungen. 

Neben der Beschreibung seines Lebensweges, ergänzen eine ausführliche Biografie mit zahlreichen Fotodokumenten und ein kleines Archiv mit Fundstücken, Briefen und Dokumenten das Werk.

Heinrich Campendonk wurde 1889 in Krefeld geboren. Ab 1905 besuchte er die moderne Handwerker- und Kunstgewerbeschule zu Krefeld, die wesentlich seinen künstlerischen Weg bestimmte. Unterstützt durch Helmuth und August Macke, aber auch durch den Galeristen Alfred Flechtheim übersiedelte er 1911 nach Penzberg in den Künstlerkreis um Wassily Kandinsky und Franz Marc. Expressionismus pur, aber auch der eigene Wille in der Bildkomposition und Farbwahrnehmung und – setzung zeigen und begründen den eigenen Campendonk. Nachbareinflüssen öffnete er sich großzügig, seien es kubistische oder gar futuristische.
Tiere findet man nahezu auf all seinen Motiven, besonders liebte er die Kuh, alle tragen zur Bildaussage bei, mahnen zur Geduld, Eile oder Ruhe.

Zwei Ausstellungen, die Sonderbundausstellung in Köln 1912 als auch die Präsentation „Rheinische Expressionisten“ 1913 in Bonn führten seine Gedanken zurück in seine Heimat, dem Rheinland, wo sein Freund August Macke agierte. Aber es war Krieg! Er wurde Vater, wurde eingezogen und brach am Ende der Grundausbildung zusammen. Noch wohnten er und seine Familie in Bayern am Starnberger See, 1923 übersiedelten sie nach Krefeld.  Kontakte zu Herwart Walden in Berlin und dessen Sturm-Galerie entstanden, vor allem jedoch erste Hinterglasmalereien. Sie beeinflussten sein zukünftiges Wirken stark. Immer häufiger entstanden Landschaften mit surrealistisch anmutenden Frauenakten:

„Zusammen mit der subtilen und dennoch hochexpressiven Farbigkeit, der komplizierten und differenzierten Lichtverteilung, dem zunehmend an Eigenwertigkeit gewinnenden Untergrund werden die Bilder mehr und mehr zu magischen Augenblicken, ungewöhnlich suggestiven Inszenierungen. (z.B. Titelbild: -Mädchen und Kühe-, um 1919) “
Heinrich Campendonk, Verlag Klinckhardt & Biermann, 2017, S.44/45

1926 übernahm Heinrich Campendonk den Lehrstuhl für Bildende Kunst an der Düsseldorfer Kunstakademie – für 7 Jahre, dann drängten ihn die Nationalsozialisten aus seinem Amt. Er ging ins Exil nach Antwerpen, bekam 1935 eine Professur an der Rijksakademie in Amsterdam.
1937, während seine Arbeit den niederländischen Pavillon auf der Weltausstellung in Wien schmückte, musste er Teile seiner Arbeiten auf der Münchener Ausstellung „Entartete Kunst“ sehen. Als die Deutschen in Niederlande einmarschierten brach er erneut zusammen. Zum Glück konnte er sich dem deutschen Zugriff erwehren. Nach 1945 blieb der Künstler in Amsterdam, wo er 1957 verstarb. 

Sein umfangreiches Spätwerk blieb völlig privat, lediglich Hinterglasbilder entstanden für die öffentliche Hand. 

Heinrich Campendonk durchlebte das 20. Jahrhundert mit all seinen Höhen und großen Tiefen, die ihn persönlich besonders trafen. Die Verachtung seiner Werke im Heimatland konnte er nicht verkraften. Sein zurückhaltendes, verschlossenes und wenig mitteilsames Wesen, sein Rückzug aus Kunst- und Ausstellungsbetrieb nach dem 2. Weltkrieg mögen begründen, warum man seinen Namen, seine Kunst in Ausstellungen, Katalogen in Biografien auch heute noch suchen muss. Deshalb zu Ihrer Ehre , sehr geehrte Frau Gisela Geiger, die ihn sagen läßt:

„Und ich könnte den Leuten zeigen, wie ich bin“
Im Buch, S.11

Heinrich Campendonk
Verlag Klinkhardt & Biermann, München
2017, zweite überarbeitete Auflage
© für alle abgebildeten Bilder VG
Bild-Kunst, Bonn, 2017