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Wolken und Licht. Impressionismus in Holland. Museum Barberini Potsdam

Ferdinand Hart Nibbrig
In den Dünen von Zandvoort,
1891/92
Öl auf Leinwand, 42 x 58 cm
Singer Laren, Schenkung P. J. Hart Nibbrig 1981 

Mitte des 19. Jahrhunderts verließen die ersten Maler ihre Ateliers und begannen, frei und unmittelbar in der Natur zu malen. Man nannte sie später Impressionisten. Vor ihnen war einer, der diese Idee als erster verfolgte: Eugène Boudin (1824 – 1898). Geboren in Honfleur, einer malerischen Gemeinde an der französisch-normannischen Cote fleurie, führte er später ein Geschäft für Bilderrahmen und Schreibwaren in Le Havre. So lernte er Kunstmaler kennen. Sie animierten ihn zum Malen, ein Kunststudium in Paris vervollkommnete sein Können. Neben Gustave Courbet, Eugène Isabey, Claude Monet traf er hier auch den Holländer Johan Barthold Jongkind (1819 – 1891). Alle begeisterte er für die von ihm schon betriebene Freilichtmalerei. 

Renoirs Freund, der Kunsthistoriker Georges Rivière (1855 – 1943) beschrieb es so:

„Ein Thema wegen des Farbtons zu behandeln und nicht wegen des Themas selbst – das ist es, was den Impressionisten von anderen Malern unterscheidet. “
Georges Rivière , L’Impressioniste, 1877, in Laudius Heft 19, S. 2

 

 

Das Licht und der atmosphärische Eindruck einer Situation sollte auf die Leinwand gebannt werden. Dafür war Farbe das geeignete Ausdrucksmittel. Den Moment des „Augenblicks“, den mittlerweile die Fotografie perfekt inszenieren konnten, überboten die Impressionisten in ihren oft schnell auf die Leinwände hingeworfenen Eindrücken mit individueller Ausdruckskraft. 

 

 

Jan Toorop
Trio fleuri,
1885/86
Öl auf Leinwand
110 x 95 cm Kunstmuseum Den Haag 

Überall in Europa und den USA hinterließ der Impressionismus seine Spuren, die sich jedoch häufig mit den jeweiligen nationalen Traditionen verbanden, in den Niederlanden ganz besonders mit dem Realismus ihrer alten Meister des 17. Jahrhunderts. Sie hatten seinerzeit mit Jacob van Ruisdaels, Jan van Goyen, Herkules P. Seghers, Paulus Potter und Hendrik Averkamp die Landschaftsmalerei in den Mittelpunkt ihrer Kunst gestellt. 

Persönliche Kontakte, Studienaufenthalte in Paris, Ausstellungen – es war kein Wunder, dass sich auch die holländischen Künstler des 19. Jahrhunderts – mit dieser Tradition im Gepäck – dem neuen, dem modernen Stil des Impressionismus zuwandten. Die in der aktuellen Ausstellung vertretenen Künstler Jozef Israels (1824 – 1911), Anton Mauve (1838 – 1888), Paul Gabriel (1828 – 1903), Gerard Bilders (1838 – 1865) und andere gründeten in der ländlichen Gemeinde Oosterbeek die Malerkolonie „Oosterbeeker Schule“. Erste impressionistische Arbeiten entstanden. 

 

 

Anton Mauve
Morgenausritt am Strand,
1876
Öl auf Leinwand, 43,7 x 68,6 cm
Rijksmuseum, Amsterdam,
Schenkung Herr und Frau Drucker-Fraser, Montreux 

Der Grundstein für die ab 1875 sogenannte „Haager Schule“ war gelegt, das „zweite Goldene Zeitalter der Niederländischen Malerei“ konnte beginnen. Charakteristisch für die Malerei der „Haager“ wie Willem Roelofs, Anton Mauve, Jacob und Willem Maris sind lichthaltige Grautöne, dunstige Wolken über mit Brauntönen abgetönten Waldpartien. Weite Horizonte, Weiden, Polder und Deiche waren neben Strandszenen, Fischern mit ihren Booten und Karren die einfache Wirklichkeit, die die Maler in ihrer typisch „eingegrauten“ Weise abbildeten. Auch das festgehaltene wechselvolle Wolkenspiel an der Küste, dunkle regennasse Wolkengebirge teilen sich mit freundlichen Schönwetterwölkchen den Himmel, unterscheidet den Haager Impressionismus von den meist hellen, heiteren französischen Werken. 

 

 

Vincent van Gogh
Waldrand, 1883
Öl auf Leinwand
33,8 x 48,5 cm
Kröller-Müller Museum, Otterlo 

Eine jüngere Generation marschierte auf, übernahm den Stil, aber nicht die Themen. Das städtische Leben, Architektur, Verkehr und Technik, der Alltag mit seinen überfüllten Strassen, Restaurants und Bars wurde in die Motivwahl einbezogen. Die „Amsterdamer Impressionisten“ die „Achtziger“, erinnern viel eher an ihre französischen Vorbilder, wobei sie allerdings an der eher gedeckten Farbgestaltung, einer verhaltenen Stimmung festhielten. Auch ruhige gefühlsbetonte Bilder bezeugen den besonderen Charakter der Amsterdamer.  

George Hendrik Breitners (1857 – 1923) „Die Singelbrücke bei der Paleisstraat in Amsterdam“ von 1898 zeigt eines der Hauptwerke des Amsterdamer Impressionismus.

George Hendrik Breitner
Die Singelbrücke bei der Paleisstraat in Amsterdam,
1898
Öl auf Leinwand, 100 x 152 cm
Rijksmuseum, Amsterdam,
Nachlass Herr und Frau Drucker-Fraser, Montreux

Der Maler hält in dem lebendigen Bild eine belebte Strasse fest, eine Passantin kommt direkt auf ihn zu. Alles ist in Bewegung, aber helle, leuchtende Farben fehlen. 

Weitere Vertreter des Amsterdamer Impressionismus sind Willem de Zwart, Willem Bastiaan Tholen, Willem Witse, Frans Helfferich und Jacobus van Looy.
Auch Strand-, Freizeit- und Gartenmotive griffen sie auf, Zeugnisse ihrer aufblühenden modernen Welt. 

Ferdinand Hart Nibbrig
Blumenfelder,
1881

Öl auf Leinwand, 40 x 61 cm
Stedelijk Museum Amsterdam,
Nachlass Frau Westendorp-Osieck

Zwei grossartige Etagen des Potsdamer Museums mit Haager und Amsterdamer Werken ergänzen sich in der dritten mit Arbeiten der Holländer, die sie dem postimpressionistischen Stil widmeten, dem Pointilismus und Luminismus. 

Co Breman
Nachmittag, Blaricum,
1903
Öl auf Leinwand, 26 x 54 cm
Singer Laren

Jetzt wird es hell! Ein tupferartiger Farbauftrag ersetzt die bisherigen Pinselstriche. Licht und Farben dominieren effektvoll die Leinwände von Co Breman, Jan Toorop, Jan Sluijters, Leo Gestel oder dem jungen Piet Mondriaan. Die Nähe zu den farbenfroh gestimmten Fauvisten hatte sie mutig gemacht. Die Künstler wollten mit Farben und Lichteffekten ihre Gefühle ausdrücken. Zunehmend rückte die genaue realistische Darstellung der Wirklichkeit in den Hintergrund, erste Schritte zur Abstraktion wurden wahrnehmbar. 

 

 

Jacoba van Heemskerck
Zwei Bäume,
1910
Öl auf Leinwand, 70,5 x 88,2 cm
Kunstmuseum Den Haag

„Impressionismus in Holland“ – so eine komplexe Schau zu diesem Thema gab es noch nie. Die Ausstellung versammelt rund 100 Werke von etwa 40 Künstlerinnen und Künstlern, darunter in Deutschland bislang kaum gezeigte Schlüsselwerke von Johan Barthold Jongkind, Vincent van Gogh, Jacoba van Heemskerck und Piet Mondrian. 

Als es um die Frage der Schönheit in der Kunst geht, zitiert James Joyce in seinem Roman „Porträt des Künstlers als junger Mann“ Thomas von Aquin:

„Dreierlei ist der Schönheit wesentlich: Ganzheit, Harmonie und Ausstrahlung! “
James Joyce, Ein Porträt des Künstlers als junger Mann, SZ/Bibliothek, 2004, S. 238

Impressionismus in Potsdam
– Dauerausstellung „Impressionismus – Meisterwerke der Sammlung Hasso Plattner“
– 2020 „Monet.Orte“
– 2021 „Impressionismus in Russland“
– 2022 „Photographie und Impressionismus“
– 2023 „Impressionismus in Holland“!

 

 

Jan Hendrik Weissenbruch
Blick auf drei Mühlen,
1890
Öl auf Leinwand, 97 x 71,5 cm
Stedelijk Museum Amsterdam,
Schenkung der Openbare Verzameling van Hedendaagsche Kunst (VVHK

 

Wolken und Licht.
Impressionismus in Holland
8. Juli bis 22. Oktober 2023

Museum Barberini
Humboldtstrasse 5-6, 14467 Potsdam

Öffnungszeiten:
täglich 10 – 19:00 Uhr
dienstags geschlossen

Führungen, Sonderveranstaltungen unter
museum-barberini.de