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Frederico Barocci im Palazo Ducale in Urbino (Marken)

Palazzo Ducale in Urbino
Foto Michael Neubauer

Eine große Zeit vergeht

Mit dem angehenden 16. Jahrhundert verlor sich die klassische Kunst der Renaissance, die grossen Gemälde und Fresken der Hochrenaissance waren gemalt, Techniken wie Perspektive oder das Dreidimensionale beherrscht. Man hatte das Gefühl, besser geht es nicht mehr. Eine neue Generation versuchte in den Jahren nach 1520 sich von diesen zum Klassischen erhobenen Stilprinzipien Raffaels, Leonardo da Vinci und des jungen Michelangelos zu befreien. Obwohl deren charakteristischen Merkmale durchaus äusserlich nachgeahmt wurden, kam es immer mehr zu einer Abkehr von den harmonischen und ausgewogenen Kompositionen der Hochrenaissance. Ohne eigene „Manier“ wurden typische Bewegungen des späten Michelangelo auf übertriebene Weise wiedergegeben.
Das Einmalige, Zufällige und Bizarre dominierte, klassische Regeln wurden in Frage gestellt, verdrehte, überdehnte Körperhaltungen verdrängten die bisher geläufige Harmonie. Aber war es möglich die berühmten Meister der letzten Generation zu übertreffen? Neue Wege wurden gesucht, die auf recht verschiedene Weise gefunden wurden. Ruhelos und fieberhaft waren die jungen Künstler dabei Interessantes und Ungewöhnliches zu schaffen. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

URBINO
Foto: Michael Neubauer

Auf der Suche nach Neuem

Aber auch andere Ideen ergaben sich. Antonio Allegri da Correggio (1489 – 1534) war vielleicht einer der ersten, der die Motive mit mehr Schwung und Lebendigkeit auf seine Leinwänden zauberte, der die „klassischen“ Formen der Hochrenaissance dynamisierte. Die ersten Zeichen des aufkeimenden Barocks waren gesetzt. Er traf den Nerv der Zeit, denn man war mit dem, was war, nicht zufrieden. 

Foto: Michael Neubauer

 

Ein weiterer warf bescheiden seine Kunst ein den Ring: Federico Barocci (1535 – 1612). Ihm wird man später bescheinigen, den Manierismus überwunden und dem Frühbarock den Weg gewiesen zu haben. Heute wenig bekannt, war er ein ganz Grosser seiner Zeit.

Sein Weg

Er entstammte einer künstlerisch engagierten Familie. Der Grossvater war in Mailand Bildhauer und Architekt gewesen, der Uhrmacher und Steinschneider von Schmucksteinen sein Vater. Bei ihm lernte er Zeichnen. Weitere Stationen seiner Ausbildung waren Forli, Pesaro und natürlich seine Heimtstadt Urbino, die ihm auf seinem Weg die Malerei von Tizian und Raffael, die Werke Michelangelos und die der Antike näher brachten.
Erste Werke entstanden in Urbino, zwei Romaufenthalte folgten, wo er u.a. mit dem Maneriesten Federico Zuccari (1540 – 1609) Fresken bearbeitete. Dabei fiel seine ausserordentliche Begabung auf. War es der Neid, der ihm giftig zusetzte?
Auf jeden Fall wurde er krank, schwach, kraftlos. Er ging zurück nach Urbino – für immer. 2 Jahre vergingen, ehe er wieder begann zu malen.

Bedächtig, zurückgezogen plante er seine Werke durch zahlreiche Vorzeichnungen und Vorarbeiten. Triumphal stellte sich der Erfolg 1569 mit der Kreuzabnahme in Öl auf Leinwand, 412 × 232 cm für den Dom von Perugia ein. Zeigten Werke bis dahin Einflüsse von Raffael und Correggio, offerierte er jetzt eine ganz eigene den Manierismus verlassende Malweise. Eine Vielzahl leuchtender Farben sorgten für ein differenzierte Buntheit, einzelne Farben leuchten in brillanter Weise und setzen markante Sichtpunkte. Mit Licht und Schatten differenzierte er die mit zahlreichen Personen bestückten Szenen.

All das, und dazu die bewusst eingesetzte Dynamik in den Motiven zeugte von typisch barocken Eigenschaften. Eine immense Zahl bedeutender Werke folgten, die grosse Wirkung und anhaltenden Einfluss auf zeitgenössische und spätere Künstler ausübten. Frederico Barocci erreichte einen ungewöhnlichen Bekanntheitsgrad, obwohl er über 40 Jahre nur in seiner Heimatstadt Urbino wirkte. Er erhielt wichtige Aufträge aus ganz Italien und darüber hinaus.

 

 

 

 

 

Foto:
Michael Neubauer

Die Ausstellung in Urbino

Zum ersten Mal wird in Urbino – betont Direktor Gallo – in einer großen Einzelausstellung das Werk eines der größten italienischen
Maler gezeigt: Federico Barocci.

Die Ausstellung ist in sechs Themenkomplexe unterteilt, die in der Reihenfolge die zeitliche Abfolge von Baroccis Werk zeigen.

Raum 1
zeigt, in welchem Umfeld Barocci arbeitete. Darstellung seiner Beziehung zu seinem Mäzen und Freund Herzog Francesco Maria II. della Rovere (1549 – 1631).
Hier befindet sich das Gemälde „Die Madonna von Gatta“ aus den Uffizien.

Raum 2
zeigt die grossen Altarbilder, wie
Kreuzabnahme (Perugia)
Madonna von San Simone (Nationalgalerie der Marken)
Heimsuchung in der Neuen Kirche (Rom)
Institution der Eucharistie in der Minerva (Rom)

Raum 3
ist Zuneigung, Natur und Emotionen gewidmet, u.a. mit
– Christus erscheint der Magdalena (Uffizien)
– Madonna delle Ciliegie (Vatikanische Kunstgalerie)
– Heilige Familie der Katze (London)

Raum 4
der Grafik von Barocci gewidmet

Raum 5
hier kann man Kompositionen von der Vorbereitungsphase bis zum fertigen Werk bewundern

Raum 6
die letzten Werke des Malers aus dem ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts (Barock) u.a.
– Selige Michelina (Vatikanische Kunstgalerie)
– Madonna des Rosenkranzes (Senigallia)
– Himmelfahrt der Jungfrau (Nationalgalerie der Marken)

Baroccis Kunst wird in der Roveresco-Wohnung im zweiten Stock fortgesetzt,  wo der Palazzo Ducale die größte Anzahl von Werken seiner sakralen Produktion beherbergt.

 

Baroccis Werk
Die Flucht des Aeneas aus Troja“ von 1598, 

das heute in der Galleria Borghese in Rom zu sehen ist. Es stellt die zweite Fassung eines Gemäldes dar, welches ursprünglich 1589 für den Kaiser Rudolf II. in Urbino entstand.

aus dem Newsletter der Galleria Nazionale delle Marche

 

FEDERICO BAROCCI URBINO. DIE EMOTION DER MODERNEN MALEREI
Urbino, Palazzo Ducale, 20. Juni – 6. Oktober 2024