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David Hockney – Landschaften im Dialog – Die „Vier Jahreszeiten“ der Sammlung Würth

„Ich male seit meiner Kindheit, aber ich weiß bis heute nicht, was mein Pinsel in der nächsten Sekunde tun wird“
Der Maler David Hockney im Interview mit Sven Michaelen, SZ-Magazin 11/20

Immer schon inspirierte der jahreszeitliche Wandel der Natur viele Künstler, diesem Wechsel zwischen Werden und Vergehen nachzuspüren. 

In mehreren Serien malte Giuseppe Arcimboldo (1527-1593) von 1563 bis 1573 die „Vier Jahreszeiten“. In phantastisch anmutenden Porträts drapierte er die Köpfe mit Blumen und Früchten in typisch jahreszeitlich charakteristischen Formen, mischte aber auch anorganische Objekte und Tiere dazwischen.

Im Stil der Art nouveau lithografierte Alfons Maria Mucha (1860-1939) 1896 hingebungsvoll „The Four Seasons“. Vier mit romantischen Kleidern eingehüllte Damen bewegen sich schwungvoll vor einer saisonal typischen Flora. 

Natürlich vergisst man neben vielen weiteren Beispielen in der bildenden Kunst die Musik nicht,  Antonio Vivaldi (1678-1741) komponierte 1725 vier Violinkonzerte, jedes für eine Jahreszeit. 

Und ganz modern, auch  der englische Maler David Hockney (*1937 in Bradford) huldigte den Jahreszeiten mit drei alleinstehenden Bäumen, die er in Öl mit satten, bunten  Farben  auf vier Leinwände zauberte. 

David Hockney, Three Trees near Thixendale, Spring, 2008, Öl auf acht Leinwänden, Sammlung Würth 12500, © David Hockney, Foto: Richard Schmidt

David Hockney ist einer der facettenreichsten und einflussreichsten Künstler der Gegenwart. Seit über 60 Jahren experimentiert er mit den Medien Malerei, Zeichnung, Grafik, Fotografie und gegenwärtig mit digitaler Technik. Berühmt wurde er mit seinen bildhaften „Swimming Pools“ der 1960iger Jahre, die er nach seinem Studium an der Royal College of Art in London schuf. Er lebte zu dieser Zeit im sonnigen Kalifornien. Er malte mit leuchtenden Acrylfarben die schönsten Poolszenen, von denen „A Bigger Splash“ (1967) seine Bekanntheit, seinen Ruhm und seinen Wert auf dem Kunstmarkt begründete. Seine Bilder „befreien“ die dargestellten Motive durch die einfache, klare, von Balast befreite Art . Er schafft eine neue Wirklichkeit!
Fehlen hier oft Personen, widmet er sich anderseits intensiv Porträt- und Aktdarstellungen. So setzte sich David Hockney immer wieder mit queerer Erotik auseinander – auch zu einer Zeit als Homosexualität in Großbritannien noch als Straftat galt.

David Hockney, Three Trees near Thixendale, Summer, 2007, Öl auf acht Leinwänden, Sammlung Würth 12501,
© David Hockney, Foto: Richard Schmidt

Die aktuelle Berliner Ausstellung  „Landschaft im Dialog“ mit der Serie  Three Tree near Thixendale“ der Sammlung Würth belegt das zunehmend große Interesse Hockneys für Natur und Landschaft.  Er war in den 1990iger Jahren zu seinen Wurzeln im Norden Englands, nach Yorkshire,  zurückgekehrt. Die hier viel intensiver erlebbaren Jahreszeiten beflügelten sein Interesse, diesen Wandel in der Natur im Laufe eines Jahres darzustellen. Die vier monumentalen Bilder, jedes mißt 183 x 488 cm, brillieren in der Wandelhalle der Berliner Gemäldegalerie in ihren kräftigen Farben und einer intimen, professionell ausgeleuchteten Atmosphäre  auf ganz besondere Weise. David Hockney arbeitete zwei Jahre von 2007 bis 2008 an diesen Bildern. Umfangreiche Vorarbeiten in der Natur vor Bäumen bei Thixendale und seine Erfahrungen in der malerischen Umsetzung der einheimischen Natur summieren sich in Spring, 2008, Summer, 2007, Autumn, 2008 und  Winter,2007.

David Hockney, Three Trees near Thixendale, Autumn, 2008, Öl auf acht Leinwänden, Sammlung Würth 12502, © David Hockney, Foto: Jonathan Wilkinson 

„Über Yorkshire sagt David Hockney: Es gibt Berge, Moore, Felder. Es ist abwechslungsreich für eine englische Grafschaft.“
Moritz von Uslar: David Hockney: 99 Fragen an David Hockney. In: Die Zeit. 31. Oktober 2012,

 Jedes Bild trifft die drei Bäume in ihrer jahreszeitlich veränderten Form aus einer etwas anderen Perspektive, keines der vier Bilder will eine naturgetreue Interpretation sein. Die Arbeiten sollen eine künstlerische Umsetzung des Empfundenen und Gefühlten zeigen. Sie sind aus jeweils acht Leinwänden mit sichtbaren Trennlinien zusammengesetzt. Man beobachtet seine verschiedensten Techniken, flächige mit breitem Pinsel aufgetragene Farben, mit Linien geborene Äcker und durch tausende Stricheln imitierte Getreidefelder.  

David Hockney, Three Trees near Thixendale, Winter, 2007, Öl auf acht Leinwänden, Sammlung Würth 12503, © David Hockney, Foto: Richard Schmidt 

Vincent van Gogh, Ernte in der Provence (für Émile Bernard), 1888, Rohrfeder in Graubraun,
über Vorzeichnung mit Graphitstift, © Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Dietmar
Katz

Augenfällig beginnt hier der Dialog mit den Künstlern vergangener Jahre. Betrachtet man Vincent van Goghs  Rohrfederskizze „ Felder mit Getreidebündeln“ zeigen sich die „Getreidestrichel“ Hockneys wieder.

Er hatte sich intensiv mit Werken holländischer und englischer Landschaftsmaler , mit Vincent van Gogh (1853 – 1890),  deren Techniken und Bildkompositionen beschäftigt.
Eine Reihe ihrer Landschaftsbilder aus dem 17. und 18. Jahrhundert stehen den Besuchern zum direkten Dialog  mit den Bildern von David Hockney zur Verfügung. Auch sie hatten sich der heimatlichen Landschaft zugewandt, hatten Skizzen im Vorfeld gefertigt und im Atelier ihr Gemälde nach ihren künstlerischen Vorstellungen konstruiert. 

John Constable, Higham Village am Flusse Stour, um 1804, Öl auf Leinwand, © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Andres Kilger

Sicher war ihr Konzept zur Aufteilung des Raumes für David Hockney interessant. Sicher orientierte er sich an dem Formenvokubular eines Jacob van Ruisdael (1628 – 1682), eines Meindert Hobbema (1638 – 1709) oder John Constable (1776 – 1837), übersetzte es aber in seine eigene eigenwillige Sprache. Und allen gemeinsam sind prächtige, weit verästelte Baumriesen, die das Wachsen,Verzweigen, aber auch das Standhafte und Mutige im Leben verbildlichen.

Meindert Hobbema, Dorfstraße unter Bäumen,
um 1663, Öl auf Leinwand, © Staatliche Museen
zu Berlin, Gemäldegalerie / Jörg P. Anders

„David Hockney: Wenn einen zutiefst die Frage fasziniert, wie die Welt wirklich aussieht, muss man zwangsläufig in jedem denkbaren Verfahren interessiert sein, ein Bild herzustellen. “
aus dem Mediengespräch der Ausstellung „David Hockney INSIGHTS, Kunstforum Wien vom 09.02.2022 mit Bettina M. Busse

David Hockney – Landschaften im Dialog
Die „Vier Jahreszeiten“ der Sammlung Würth zu Gast in Berlin
09. April – 10.Juli 2022
Eine Sonderausstellung der Staatlichen Museen zu Berlin und der Sammlung Würth
Kulturforum Gemäldegalerie
Matthäikirchplatz, 10785 Berlin

Sonderöffnungszeiten: Di – Fr 10 – 18 Uhr, Sa + So 11 – 18 Uhr

Informationen zu einem umfangreichen Bildungs- und Vermittlungsprogramm unter
www. smb.museum
www. smb.museum/veranstaltungen

Buchung einzelner Veranstaltungen unter
service@smb.museum