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Zur Ausstellung »MANTEGNA + BELLINI« MEISTER DER RENAISSANCE in der Gemäldegalerie Berlin vom 01. März bis 30. Juni 2019

Es ist soweit! Die Ausstellung zu den beiden bedeutendsten Malern der Renaissance ist nach der Präsentation in London in Berlin eingetroffen. Andrea Mantegna und Giovanni Bellini beherrschen die Gemäldegalerie am Berliner Kunstforum mit ihrer grandiosen, einmaligen Darbietung ihrer Gemälde und Zeichnungen. In der Fülle der Werke und der gebotenen Vollständigkeit kann man von einer Jahrhundertausstellung sprechen, die sich in dieser Form kaum wiederholen lassen wird. Leihgaben aus aller Welt – über 50 – und der reiche Bestand an Gemälden und grafischen Werken in London und Berlin erlaubten diese Präsentation, die seit 2016 von wissenschaftlichen Mitarbeitern aller beteiligten Museen erarbeitet wurde. Seit dem 1. März 2019 sind die Museumstore für alle geöffnet.

Nun kann ich mir vorstellen, dass so manche/r sisterMAG-Leser/in sofort an die uns oft fremd anmutenden Darstellungen religiöser Mythen denkt und das Interesse an Kenner und Spezialisten delegiert.

Es wäre schade, denn die Lebenszeit von Andrea Mantegna (1431 – 1506) und Giovanni Bellini (ca. 1435– 1516) umfasst die Zeit der Frührenaissance in Italien, einer Zeit des Aufbruchs, der kulturellen Erneuerung.   Im weströmischen Reich (dazu gehörte die Apenninenhalbinsel) waren die meisten der wissenschaftlichen und kulturellen Werke und Werte der Antike verloren gegangen. Anders in Ostrom, dem Byzantinischen Reich. Von hier zogen Gelehrte und Künstler nach Italien und beförderten mit ihren modernen Gedanken der Antike Technik, Kunst und Wissenschaft. Der Buchdruck wurde erfunden, mechanische Uhren gefertigt, der Bergbau und das Hüttenwesen oder die große Schifffahrt erlangten in ganz Westeuropa einen nie gekannten Aufschwung. Namen wie Christoph Columbus, Leonardo da Vinci, Albrecht Dürer oder Johannes Gutenberg stehen dafür. Und die bildende Kunst zeigte parallel dazu ihr großes Können. Malschulen in Florenz, Venedig und Rom entstanden. Eine heiße Zeit, das Quattro- und Cinquecento in Italien!

Schon deshalb muss man diese Ausstellung sehen, denn Mantegna und Bellini waren das Leitgestirn der italienischen Renaissance. Auch die besonderen verwandtschaftlichen Beziehungen beider, Mantegna heiratete 1453 Bellinis Schwester Nicolosia, die daraus über 10 Jahre resultierende Nähe ihres Schaffens, die Entwicklung ihrer Stile, die ohne den anderen nicht möglich gewesen wären. Man bestaunt bei Bellini den Blick für die Natur und die gefühlvolle Verwirklichung realer Landschaften, während auf Mantegna die Antike einen großen Einfluss ausübte. Mit großer Kenntnis dieser Zeit und mit brillanter Technik im Detail schuf er seine Werke. Die große Zahl an Arbeiten beider Maler in London und Berlin war die Grundlage für die Idee dieser Ausstellung der Superlative. Es gibt Bilder, die die britische Insel noch nie vorher verlassen haben, jetzt können wir sie in Berlin bestaunen. Dazu gehört z.B. das »Porträt des Dogen Leonardo Loredan« von Giovanni Bellini oder drei monumentale Bilder des »Triumphzuges Cäsars«, Eigentum der englischen Königin aus der Mantegna-Gallery auf Hampton Court.

Es ist eine Freude, diese Bilder in einem farblich und beleuchtungstechnisch hervorragenden Ambiente in der Wandelhalle der Gemäldegalerie auf sich wirken zu lassen. Sitzmöglichkeiten und das phantastische Platzangebot laden zum Verweilen ein. Die Ausstellungskomposition und die Brillanz der einmaligen Werke erzeugen eine festliche, erhabene Stimmung.

In neuem Licht. Werke in der Wandelhalle
Ausstellungsansicht, Gemäldegalerie
© Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker

Andrea Mantegna, aus einfachen Verhältnissen stammend, wurde schon als Kind mit seinem Maltalent erkannt. Seine erste Ausbildung erhielt er in Padua. Arbeiten in Verona und Ferrara folgten, ab 1460 zog er nach Mantua, wo er bis zu seinem Tod Hofmaler am Hofe des Marchese Luigi III. Gonzaga blieb. Zahlreiche Werke belegen seine intensive Beschäftigung mit dem Kupferstich. In vielen Gemälden lässt sich seine Begeisterung für die Antike durch die natürliche Darstellung der menschlichen Anatomie und die würdevollen, ernsten Gesichtszeichnungen ablesen. Sein großes Vorbild Donatello ist mit einigen Skulpturen in der Ausstellung vertreten.

Links: Andrea Mantegna
Grablegung (recto)
Feder in Braun, auf Papier, 13 x 9,5 cm
© Brescia, Musei Civici di Arte e Storia, Archivio Fotografico

Mitte: Andrea Mantegna
Christus als Schmerzensmann, ca. 1495-1500
Leinwand, 78 x 48 cm
© Statens Museen for Kunst, Copenhagen

Rechts: Andrea Mantegna
Bildnis des Kardinal Lodovico Trevisan, 1459/60
Pappelholz, 45,5 x 34,8 cm
© Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Jörg P. Anders

Giovanni Bellini  gehörte einer venezianischen Malerfamilie an, sein Schaffen war lebenslang mit Venedig verbunden. Er unterhielt eine große Malschule für die zahlreich eingehenden Aufträge. Typisch war in seinem Schaffen die für Venedig bekannte Porträtmalerei. Zahlreiche seiner Madonnenbilder betonen das Mutter-Kind-Verhältnis. Die bei Mantegna noch eher zu beobachtende Strenge in den Bildern weicht bei Bellini im Laufe seines Lebens größerer Wärme der Farben und Weichheit der Konturen. Giovanni Bellini wurde zum offiziellen Maler der Republik Venedig ernannt.

Links: Giovanni Bellini (zugeschrieben)
Der Heilige Markus heilt die Hand des Schusters Anianus, ca. 1490
Feder in Braun auf Papier, 18,4 x 17,2 cm
© Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Jörg P. Anders

Mitte: Giovanni Bellini
Maria mit Kind, ca. 1475
Pappelholz, 76 x 54,2 cm
© Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Jörg P. Anders

Rechts: Giovanni Bellini
Bildnis des Dogen Leonardo Loredan, 1501-02
Pappelholz, 61,6 x 45,1 cm
© The National Gallery, London, erworben 1844

Die hohe Auftragslage verlangte eine rasche Bearbeitung, so dass Bellini bekannte Bildkompositionen Mantegnas neu bearbeitete, sich ihrer Idee bediente oder einige sogar abpauste.

Diese Besonderheit spielt in der Ausstellung »Mantegna + Bellini« eine interessante Rolle, die uns gleich am Anfang der Präsentation unter dem Titel »Darbringung Christi im Tempel« von Mantegna aus dem Jahre 1454 und dem gleichen Motiv Bellinis von 1470/75 überrascht. Interessanterweise nimmt man an, dass in Mantegnas »Darbringung« die Figur am rechten Rand des Bildes ein Selbstporträt ist, die weibliche Figur am linken Bildrand identifiziert man mit Mantegnas Frau Nicolosia. Weitere Beispiele paralleler Motive lassen sich finden.

Die großzügige Schau gliedert sich in 17 Themenbereiche, vornehmlich aus der christlichen Liturgie. Beide Maler haben dazu Stellung genommen, wodurch ein direkter Vergleich möglich wird, Unterschiede und Ähnlichkeiten sich im Schaffen verdeutlichen.

Links: Giovanni Bellini
Die Darbringung Christi im Tempel, ca. 1472
Holz, 80 x 105 cm
© Fondazione Querini Stampalia, Venedig / cameraphoto arte snc

Rechts: Andrea Mantegna
Die Darbringung Christi im Tempel, ca. 1453
Leinwand, 77,1 x 94,4 cm
© Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt

Links: Giovanni Bellini
Das Blut des Erlösers, um 1460-65
Pappelholz, 47 x 34,4 cm
© The National Gallery, London

Rechts: Andrea Mantegna
Der Heilige Sebastian, ca. 1459-60
Pappelholz, 68 x 30 cm
© Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie

Links: Giovanni Bellini
Maria mit Kind, ca. 1475
Pappelholz, 76 x 54,2 cm
© Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Jörg P. Anders

Rechts: Andrea Mantegna
Maria mit schlafenden Kind, um 1455
Leinwand, 48,4 x 32,2 cm
© Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Jörg P. Anders

Gleichberechtigt neben den Gemälden zeigt die Ausstellung zahlreiche zeichnerische Studien und Skizzen beider Maler, die oft als Vorstufen oder aber auch als Untermalungen fungierten. Die gesonderte Anordnung der oft kleinformatigen Schätze in der Ausstellung lässt eine intensive Betrachtung zu. Beachtenswert sind Studien, die die perspektivisch bedingte Verkürzung von Extremitäten zeigen.

Links: Giovanni Bellini (zugeschrieben)
Der Heilige Markus heilt die Hand des Schusters Anianus, ca. 1490
Feder in Braun auf Papier, 18,4 x 17,2 cm
© Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Jörg P. Anders

Rechts: Andrea Mantegna
Grablegung (recto)
Feder in Braun, auf Papier, 13 x 9,5 cm
© Brescia, Musei Civici di Arte e Storia, Archivio Fotografico

Noch ein Highlight: Noch bis zum 21. Juli 2019 zeigt die Gemäldegalerie in einer Sonderschau »Bellini Plus. Forschung und Restaurierung« Werke Bellinis, die in Vorbereitung der Ausstellung untersucht und restauriert wurden. Umfangreich werden die Schritte der Restaurierung durch Text, Fotos und Kartierungen erläutert.

Links: Giovanni Bellini
Die Darbringung Christi im Tempel, um 1490/95
Detail mit aufgelegter Umrisszeichnung von Andrea Mantegnas
»Die Darbringung Christi im Tempel«, ca. 1454
© Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Babette Hartwieg

Rechts: Giovanni Bellini (Schule)
Die Darbringung Christi im Tempel, um 1490/95
Pappelholz, 74 x 104 cm, nach Restaurierung
© Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt

Links: Giovanni Bellini
Die Darbringung Christi im Tempel
Detail, nach der Restaurierung
© Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt

Rechts: Giovanni Bellini (Schule)
Darstellung Christi im Tempel
Detail, UV-Aufnahme nach der Restaurierung
© Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt

Der Direktor der National Gallery, London Mr. Gabriele Finaldi schreibt:

„Mantegna als rigoroser Humanist der italienischen Renaissance und Bellini als poetischer Interpret menschlicher Emotionen – komplementärer und damit erhellender könnten diese beiden künstlerischen Visionen nicht sein.“

Die Ausstellung wurde zunächst vom 1. Oktober 2018 bis zum 27. Januar 2019 in der National Gallery, London präsentiert.

Mantegna und Bellini. Meister der Renaissance

Eine Sonderausstellung der Staatlichen Museen zu Berlin und der National Gallery London in Kooperation mit dem British Museum
Vom 1. März bis zum 30. Juni 2019
im Kulturforum, Gemäldegalerie, Matthäikirchplatz, 10785 Berlin-Tiergarten

Öffnungszeiten:
Di, Mi, Fr 10 bis 18:00 Uhr
Do 10 bis 20:00 Uhr
Sa, So sowie Karfreitung, Ostermontag, 1. Mai, Himmelfahrt und Pfingstmontag 11 bis 18:00 Uhr

Website: www.mantegnabellini.de

Es finden zahlreiche Führungen, Ausstellungsgespräche und Bildungsprogramme statt (siehe Website). Dort findet man auch ein Quiz, um Ähnlichkeiten und Unterschiede beider Maler in ihren Werken zu erraten, was als »Copykids« für Kinder und Jugendliche gedacht ist. Wer Lust und Muse hat, kann der Frage nachgehen »Ist das Bild von Mantegna oder Bellini?«.

Katalog:

Im HIRMER-Verlag ist der Katalog zur Ausstellung erschienen, der nach informativen Vorbemerkungen der Gliederung der Ausstellung folgt. 304 Seiten, Buchhandelspreis 39,90 €. Eine Katalogbeschreibung kann hier nachgelesen werden.