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Zur Ausstellung »Anton Graff: Porträts« in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden

Handwerker, Gerüste, verhangene Fassaden bestimmen zurzeit das Bild des Semperbaus am Dresdener Zwinger. Die Gemäldegalerie »Alte Meister« der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wird einer Verschönerungskur unterzogen. Gemälde, Angestellte und Besucher freuen sich schon auf Dezember 2019, wenn der Prachtbau Gottfried Sempers in neuem Gewand erstrahlen wird. Dabei sind die Tore zu den Sammlungen nach wie vor für alle geöffnet, ja selbst eine kleinere Sonderausstellung schmückt das Ambiente bis zum 16. Juni 2019. Kein geringerer als der Hofmaler Anton Graff (1736 in Winterthur/Schweiz – 1813 in Dresden/Sachsen) zeigt seine Kunst in einer verborgenen Rotunde und einem Nachbarraum.

Selbstbildnis mit 58 Jahren
Anton Graff
Öl/Leinwand, 168 x 105 cm
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut

Symbolhaft steht der ein Leben lang mit Dresden verbundene Maler zu seiner Stadt auch unter diesen erschwerten Bedingungen. Und selbst bei einem Teil der gezeigten Gemälde geht es um Korrektur, Erneuerung, Restauration. Das 1765 geschaffene 100 x 78,5 cm große Selbstbildnis des jungen Graffs steht dabei im Mittelpunkt. Es ist eins von 50 Gemälden Anton Graffs aus der Dresdener Sammlung und eins von 25 ausgestellten. Es ist ein Besonderes! Dieses Bild eröffnete ihm 1766 die lebenslange Karriere als Porträt- und Hofmaler am Dresdener Hof unter Kurfürst Friedrich August III., dem späteren ersten König Sachsens Friedrich August I. Die Bewerbung vermittelte ein Schweizer Gönner. Obwohl Anton Graff sich auf dem Selbstbildnis dem Betrachter mit einem offenen, klaren Blick in locker, aufrecht sitzender Positur selbstbewusst zuwendet, zweifelte er doch, ob sein Können für einen fürstlichen Hof ausreichen würde. Es reichte!

Jugendliches Selbstbildnis 
Anton Graff
Öl/Leinwand, 100 x 78,5 cm
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut

Wie weitere Bilder ist dieses Selbstbildnis des 29jährigen Anton Graff in den letzten 3 Jahren einer umfangreichen Restauration unterzogen worden. Das Bild hatte schon vorher eine umfangreiche Renovierungshistorie hinter sich, wie eine intensive primäre Analytik zeigte. Auch die Malweise Graffs in mehreren Schichten, Nass in Nass, nach vorheriger kreidiger Unterzeichnung der hellen Leinwand wurde wie die für seine Bilder typische »Runzelbildung« dabei geklärt. Am wichtigsten, komplett verlorene Bilddetails galt es, Graff-gerecht zu ersetzen: das seidene Hals-Brusttuch fehlte!

Anton Graff, der nie eine Kunstakademie besucht hat, lernte an einer Malschule in Winterthur und vervollkommnete anschließend sein Können im einträglichen Geschäft des Porträtierens in Augsburg, Ansbach und Regensburg. Dann war der Dresdener Hof lebenslang seine Wirkungsstätte, obwohl Angebote anderer Höfe immer wieder eintrafen. Da er als reiselustiger Mensch die notwendige Freiheit in Dresden geboten bekam und das Finanzielle stimmte, lehnte er andere Offerten ab.

Er porträtierte die Menschen seiner Zeit, Adelige, Bürger, Maler, Politiker, Könige, Dichter und einfache Zeitgenossen. Denkt man heute an Persönlichkeiten jener Zeit, hat man meist seine dazu geschaffenen Porträts im Kopf. Die Porträtierten schauen uns offen ins Gesicht und offenbaren Teile ihres Wesens, ihre Gutmütigkeit oder Beherrschtheit, ihre Strenge oder ihren Stolz, ihre Gelehrtheit. Ihre strahlenden Augen, oft leicht vergrößert, erlauben dieses Phänomen, des »Hineinsehens«. Die Bilder erreichen eine Natürlichkeit, die zum Ansprechen der Abgebildeten verleiten möchten. Die Darstellung der zeitgemäßen Mode, Accessoires, Schmuckstücke, ihre Detailtreue zeigt die Meisterschaft des Dresdener Hofmalers Anton Graff.

Die aktuelle Ausstellung im Semperbau der Dresdener »Alten Meister« zeigt 25 Ölgemälde. Im Mittelpunkt der Rotunde stehen, nicht zuletzt wegen der erfolgten Restaurierung der ersten beiden, 3 Selbstporträts des Meisters mit 29, 58 und 70 Jahren – als jungen freien, neugierigen Einsteiger, als erfolgreichen, viel beachteten Maler vor der Staffelei auf einem Stuhl sitzend und leger den Betrachter begrüßend und als würdevollen, gereiften Menschen.

Links: Anton Graff
Jugendliches Selbstbildnis
Öl/Leinwand, 100 x 78,5 cm
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klus

Rechts: Anton Graff
Selbstbildnis mit 58 Jahren
Öl/Leinwand, 168 x 105 cm
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klus

Betritt man den zweiten Raum umfängt einen sofort das ganzheitliche Porträt der Tina von Brühl, einer hochgebildeten Gartenarchitektin und Dichterin aus dem sächsischen Seifersdorf. Die Farben »Blau-Weiß-Rot« weisen auf das vorhandene freimaurische Gedankengut, das Instrument in ihrer linken Hand auf den Bildungsgrad hin.

Christina von Brühl 
Anton Graff
Öl/Leinwand, 134 x 99 cm
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut

Links von ihr erkennt man ihren Sohn Carl von Brühl, einen späteren preußischen Museumsdirektor. Kurfürst August III., majestätisch vor einer dunkelgrünen, erhabenen Draperie stehend, zeigt alle notwendigen Accessoires eines Herrschers.

Ausschnitt aus Friedrich August III. von Sachsen (1750 – 1827) im weißen Uniformrock mit dem blauen Schulterband, dem Kurfürstenhut und Degengriff, um 1795
Anton Graff
Öl auf Leinwand, 226 x 137 cm
Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden
Foto: Michael Neubauer

Ebenfalls in ganzer Größe füllt Adolph von Carlowitz die linke Museumswand mit seiner Gemahlin aus. Sie lebten auf Schloß Kuckuckstein und führten ein sehr offenes, aufgeklärtes Haus (u.a. mit Novalis, Heinrich von Kleist, Gustav Friedrich Dinter).

Links: Anton Graff
Maria Josepha von Carlowitz
Öl auf Leinwand, 216 x 110 cm
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klus

Rechts: Anton Graff
Carl Adolph von Carlowitz (1771 – 1837)
Öl auf Leinwand, 234 x 133 cm
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klus

Die Ausstellung präsentiert eine Vielzahl bürgerlicher Zeitgenossen, die dem Adel nacheifernd sich wünschten, von diesem berühmten Maler porträtiert zu werden.

Als sehr schöne Ergänzung zeigt die Schau vier Gemälde mit Landschaftsmotiven, gemalt im romantischen Stil, das Dresden nahe Elbtal und den Plauenschen Grund darstellend. Diese Bilder entstanden um 1800. Man erzählt, Anton Graff hätte zum Malen des Elbtales, im Alten Fährgut in Loschwitz (heute Gaststätte und Pension »Il Camino«) logiert. In all den Jahren wohnte er am Altmarkt.

Abend (Eingang in den Plauenschen Grund bei Dresden, der Wasserfall bei der Hegereiterbrücke), um 1800
Anton Graff
Öl auf Leinwand, 38 x 50 cm
Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden
Foto: Michael Neubauer

Wie alle seine Gemälde erzählen die 25 Ölgemälde Anton Graffs von Menschen des 18. Jahrhunderts in ihrer nach außen strahlenden Mentalität, ihrem Stolz und ihrer Mode. Wir erfreuen uns an historisch bedeutenden oder interessanten Persönlichkeiten und bewundern die detailgetreue Wiedergabe.

Es ist ein kurzes, ruhiges Rendezvous mit diesem Maler. Mit viel Sympathie betrachtet man seine Selbstbildnisse und glaubt sofort den Zeitgenossen, die ihn als liebenswürdigen, unterhaltsamen und angenehmen Menschen schilderten.

Wer mehr über Anton Graff erfahren möchte, kann auch einen Blick in sisterMAG N°11 werfen und den Artikel von Robert Eberhardt zu »Frauen im Porträt – Anton Graff« lesen.

Anton Graff (1736 – 1813)
Porträts
13.03. bis 16.06.2019

Ausstellung in der Gemäldegalerie
Alte Meister im Semperbau am Zwinger
Theaterplatz 1
01067 Dresden

Di bis So: 10:00 bis 18:00 Uhr
Mo: geschlossen
Website: https://gemaeldegalerie.skd.museum/