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Wiedereröffnung der restaurierten Kaiserzimmer im Schloss Pillnitz – Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Restaurierte Kaiserzimmer im Schloss Pillnitz

Eine Reise in das reizvoll gelegene Pillnitz bei Dresden wird in diesem Herbst noch attraktiver. Der im Elbtal situierte, sich sanft an einen Höhenzug anschmiegende Ort lockt nicht nur mit seiner stimmungsvollen Landschaft, seinen alten Weinbergen und Weinstuben oder der Sommerresidenz des Hofkapellmeisters Carl-Maria von Weber. Auch das weithin bekannte Schloss Pillnitz ist um eine Attraktion reicher geworden.

Eine Zimmerfolge im Westflügel des Bergpalais des Schlosses kam Ende des 18. Jahrhunderts zu Ruhm und Ehre, als im August 1791 Kaiser Leopold II. (1747 – 1792), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, anlässlich des Pillnitzer Monarchentreffens für 3 Tage hier wohnte. Die Kaiserzimmer!

Kaiserzimmer im Bergpalais von Schloss Pillnitz,
25.08.2020
© SKD, Foto: Klemens Renner

Als Referenz an den Architekten Christian Traugott Weinlig (1739 – 1799), der sie im frühklassizistischen Stil entworfen hatte, benannte man sie nach 1971 als »Weinlig-Zimmer«. Dank einer hervorragenden Restauration durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien und Baumanagement und der Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung entstand in den letzten 3 Jahren das einzige weitgehend im Original erhaltene Beispiel frühklassizistischer Dekoration im Umkreis des Dresdner Hofes wieder neu.

Kaiserzimmer im Bergpalais von Schloss Pillnitz,
25.08.2020
© SKD, Foto: Klemens Renner

Was bewegte die Monarchen seinerzeit nach Pillnitz?

Der Beginn der französischen Revolution lag 2 Jahre zurück. Ihre anfänglichen Ergebnisse wurden von den übrigen europäischen Regenten so auch von Leopold II., dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, eher ambivalent aufgenommen. Zum einen wurde die Schwächung des französischen Königshauses begrüßt, ebenso die Bildung der konstitutionellen Monarchie nach Verabschiedung der französischen Verfassung von 1791, so dass vor allem England, aber auch Österreich und Preußen an einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Frankreich zunächst kein Interesse  hatten. Österreich war durch den Krieg gegen das Osmanische Reich gebunden und Preußen war mit Russland mit der Teilung Polens beschäftigt. Alle hatten aber die Dynamik der rasch voranschreitenden Revolution unterschätzt. Erst der missglückte Fluchtversuch König Ludwig XVI. und wiederholte Bitten der Königsfamilie, doch militärisch einzuschreiten, führten zu einem Treffen der beiden deutschen, eher verfeindeten Großmächte Österreich und Preußen. Dieses Treffen fand in Pillnitz statt.

Johann Heinrich Schmidt
Die Monarchenzusammenkunft in Pillnitz
am 25. August 1791
Öl auf Leinwand, 134 x 220 cm
Gemäldegalerie Alte Meister,
Staatliche Kunstsammlungen Dresden
© SKD, Foto: Hans-Peter Klut

vorn links: Kaiser Leopold,
vorn rechts: König von Preußen Friedrich Wilhelm II,
vorn Mitte: Kurfürst von Sachsen Friedrich August III.

Gastgeber war Friedrich August III. von Sachsen, der nicht an den Gesprächen teilnahm. Kaiser Leopold II. und Friedrich Wilhelm II. von Preußen erörterten vor allem ihre Probleme mit der Türkei und Polen, hörten aber auch den Führer der französischen Emigranten Charles Philippe, Graf von Artois, den Bruder König Ludwig XVI., und verabschiedeten die sogenannte »Pillnitzer Deklaration«. Darin legten sie fest, sich in monarchischer Solidarität für die Stützung der Monarchie in Frankreich einzusetzen und gemeinsam gegen den westlichen Nachbarn aufzutreten, wenn es zu einer großen Koalition europäischer Mächte mit diesem Ziel käme. Dazu konnte es allerdings nicht kommen, weil von vornherein klar war, dass sich England nicht beteiligen würde. Die Folge war vielmehr das Aufflammen der revolutionären Aktivitäten in Frankreich, die letztlich in der Verurteilung und Hinrichtung des Königs Ludwig XVI. und Monate später seiner Frau Maria- Antoinette führten.

1792 kam es dann zum Krieg zwischen Österreich, Preußen und später noch anderen Ländern auf der einen und Frankreich auf der anderen Seite, dem Ersten Koalitionskrieg. Er währte bis 1797, zeigte lange Zeit keine Vorteile für eine Seite, es gab Teilfriedensverhandlungen, so mit Preußen 1795, schließlich endete er 1797 im Frieden von Campo Formio.

Kaiserzimmer

Kaiserzimmer im Bergpalais von Schloss Pillnitz,
25.08.2020
© SKD, Foto: Klemens Renner

Die Kaiserzimmer im Pillnitzer Schloss erstrahlen wieder in ihrem Zustand von 1791, seien es die Wandbespannungen aus strohgelbem und hellblauem Seidenatlasgewebe oder farbigen visionären Wandmalereien, die das Farb- und Dekorkonzept der Raumfolge wieder erleben lassen. Teilweise ergänzen originale, sorgfältig restaurierte Möbelstücke das Ambiente.

Kaiserzimmer im Bergpalais von Schloss Pillnitz,
25.08.2020
© SKD, Foto: Klemens Renner

Besonders stolz sind die heutigen Schlossherren und -damen auf einen neuerworbenen frühklassizistischen Kronleuchter in Form eines Ei.  Ein formschöner böhmischer Glasbehang wird von einem Gestell aus vergoldeter Bronze gehalten und lässt das Zimmer über den ganzen Tag erstrahlen.

Klassizistischer Leuchter der Chursächsischen Spiegelfabrik in Ei-Form,
um 1800
© Frank C. Möller Fine Arts/Michael Holz

Das 18. Jahrhundert, anfangs eher durch die Kunst des Rokoko geprägt, schwenkte, nicht zuletzt durch den intensiven Weckruf eines Johann Joachim Winckelmanns,  »Der einzige Weg für uns … unnachahmlich zu werden, ist die Nachahmung der Alten…« wieder auf die griechischen antiken Vorbilder um. Alles Bisherige wurde vergessen und eine neue, strengere, klarere und durch einfache Formen elegant wirkende Kunst nahm ihren Lauf – ein Wechsel, der fast konform zu den gesellschaftlichen Umbrüchen passte.

Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Schloss Pillnitz
28.08.2020 bis 01.11.2020

August-Böckstiegel-Straße 2, 01326 Dresden

Täglich 10 – 18 Uhr, montags geschlossen

Eintrittspreise
Regulär 8 €, ermäßigt 6 €
Unter 17. J. Freitag frei
Ab 10 Personen pro Person 7 €