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Diese Ausstellung solltet ihr in Berlin nicht verpassen: „Pop on Paper. Von Warhol bis Lichtenstein“

Staatliche Museen zu Berlin
Preußischer Kulturbesitz
Kulturforum
12.05.2020 bis 16.08.2020
Andy Warhol, Marilyn, 1967, Farbsiebdruck aus dem 10-teiligen Portfolio, © 2020 The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Artists Rights Society (ARS), New York, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Jörg P. Anders

Pop Art – in Berlin?

Das Berliner Kupferstichkabinett besitzt eine herausragende Sammlung an Werken der US-amerikanischen Pop Art, die zu den bedeutendsten in Europa zählt. Die bis Mitte August laufende Ausstellung erzählt in 10 sehr übersichtlich aufbereiteten Kapiteln über die Kunst einzelner Künstlerinnen und Künstler, über ihre Themen und über parallele Entwicklung in der Pop Art in Europa.

Pop Art – wie kam es dazu?

Die Anfänge der Pop Art liegen in den USA und in Großbritannien

Die gegenstandslose Malerei rief in beiden Ländern schon in den 50er Jahren Widerspruch hervor. Die jungen Künstler, die ihr Geld mit Werbeplakaten verdienten, lehnten die komplizierten Gedanken über Farbe und Bewegung der Abstrakten Expressionisten (z.B. von Jackson Pollock) ab. Ihr Ziel war es, den Alltag abzubilden, so wie er war. Diese nicht neuen Gedanken, denkt man an die Realisten des 19. Jahrhunderts, die versuchten, den Arbeitsprozess abzubilden, so wollten die jungen Künstler der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts die neue, ihre „populäre“ Welt darstellen. Für sie waren Konservendosen, Duschvorhänge, Comicstrips, Picknicktische oder Cola-Flaschen bildwürdiger als Farben und Formen, als Landschaften oder Arbeitswelten. Viele von ihnen kamen ja aus der Werbebranche.

Andy Warhol Ohne Titel (Tomato Soup), aus: Campbell’s Soup I, 1968, Blatt aus einer Serie von 10 Siebdrucken, © The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Licensed by Artists Rights Society (ARS), New York , Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Dietmar Katz

Zuerst gab es die „Proto-Pop“

Schon Ende der 40er, Anfang der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts arbeiteten der schottische Grafiker Eduardo Paolozzi, der Engländer Richard Hamiliton und die Amerikaner Robert Rauschenberg und Jasper Johns in New York daran, mit Motiven und Dingen des Alltags aber auch der aufblühenden Konsumgesellschaft Gemälde und Assemblagen zu schaffen. Sie waren die Vorreiter der Pop Art, auch „Proto-Pop“ genannt, die die kommende Generation mit Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Tom Wesselmann oder Mel Ramos inspirierten, die „populäre“ Kunst in ihrem Sinne fortzusetzen.

Richard Hamilton, Adonis in Y fronts, 1963, Siebdruck, © Richard Hamilton. All Rights Reserved / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 / Leihgabe aus Kölner Privatbesitz (Promised Gift) / Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Dietmar Katz

Die Hauptakteure – Andy Warhol

Der vielleicht berühmteste unter ihnen, Andy Warhol, handelte nach seiner Maxime „Pop Art is liking things“, die er auf eine einfache, aber vielschichtige Weise umsetzte. Berühmt wurden seine 32 „Campbell’s Soup Cans“, die er 1962 als kleinformatige Bilder auf Leinwand gemalt wie reale Suppenbüchsen auf einem Board nebeneinander ordnete und zum Verkauf anbot. Einige Jahre später ließ er sie in einer zehnteiligen Siebdruckfolge wiederholen, bald mutierten sie zum Markenzeichen seines Tuns. Die förmliche, sich wiederholende Darstellung eines allen bekannten Massenartikels erzielt die veränderte Wahrnehmung und Aussage., wie auch bei den 1964 geschaffenen „Brillo Boxes“ (Putzkissen). Der Philosoph Arthur C. Danto erklärte es in seinem Buch „Die Verklärung des Gewöhnlichen“ so: „Warhol und andere … hatten gezeigt, dass von zwei Gegenständen, die genau gleich aussahen, eines ein Kunstwerk und das andere keines sein konnte.“ Ziele Warhols Arbeiten waren das Populäre und Kommerzielle, die in ihrer bewussten Wiederholung maschinenmäßig wirkten. Mit seinem Interesse an Pressefotografien, die er z.B. für Jaqueline Kennedy oder Marilyn Monroe künstlerisch bearbeitete, schuf er legendäre Kultbilder. Dabei folgen die Farben nicht dem natürlichen Kolorit der Natur, sondern das Porträt wurde durch die willkürlich atypische Farbwahl aufgelöst und verlor damit das Individuelle. Prägend war für Andy Warhol die Anwendung der Siebdrucktechnik, die er in seinen künstlerischen Arbeiten weiterentwickelte.

Pop on Paper. Von Warhol bis Lichtenstein, Ausstellungsansicht, 2020, © Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker

Die Hauptakteure – Roy Lichtenstein

Die Drucktechnik spielte auch in der Kunst Roy Lichtensteins eine entscheidende Rolle. Seine große Zeit kam, als er begann, Motive und Sprechblasen aus Comic-Heften neu zu arrangieren. In seinen sehr charakteristischen Gemälden spürte er der Klischeehaftigkeit gezeichneter Emotionen in den US-Comics nach. Dabei unterschied er nicht zwischen Bildern, Plakaten, Einladungskarten, Einwegartikeln oder dekorierten Papptellern. Er bearbeitete Klassiker der modernen Kunst mit dem Anspruch, ein neues Kunstwerk zu schaffen, „das andere Qualitäten hat als der Picasso, der Mondrian oder das abstrakt-expressionistische Bild.“ Vor allem Plakate nutzte er als multiples Medium und Multiplikator, indem er sie auch als Einladungsblätter („Mailer“) verteilen ließ, um eine größere Gruppe von Konsumenten anzusprechen. Voraussetzung war die Druckkunst, die es erlaubte, Serien zu produzieren, der Abschied vom Heiligtum des Unikats war gewollt. (siehe auch https://www.sister-mag.com/magazin/sistermag-no-51-august-2019/ S.154-161).

Roy Lichtenstein, Crying Girl, Plakat für die Leo Castelli Gallery, New York, 1963, Offsetlithographie auf Papier, Sammlung Hans + Uschi Welle, © Estate of Roy Lichtenstein / VG Bild-Kunst, Bonn 2020, Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Jörg P. Anders

Sex, Konsum, Abstraktion

Mel Ramos, Tom Wesselmann und Allen Jones verknüpften in ihren Bildern Frauen mit angepriesenen Konsumartikeln. Man denkt bei diesen Bildern unwillkürlich an die ersten Zeilen des Kataloges: „Während wir uns heute vor allem mit den Schattenseiten der modernen Konsumgesellschaft, ja ihrem Übergang in eine Post-Konsumgesellschaft beschäftigen müssen, … „ erscheinen diese Gemälde wie aus einer anderen Welt, in der sie aber gern gesehen wurden. Die Ausstellung zeigt Bilder von Jim Dine, Peter Phillips und John Wesley, präsentiert sehr schöne Skizzen und Skulpturen von Claes Oldenburg und zeigt, dass auch Pop Art Abstraktion kennt. Monumental und gigantisch stellt James Rosenquist in einem mehrere Meter langem Panorama Amerikas Way of Life der sechziger Jahre dar.

Mel Ramos, Tobacco Rose, 1965, Siebdruck in vier Farben, aus „11 Pop Artists II“, © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 / Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Volker-H. Schneider
James Rosenquist, F 111, 1965, Plakat der Galerie Leo Castelli, New York, Offsetlithographie, © Estate of James Rosenquist / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 / Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek / Dietmar Katz

Mode mit Pop Art

Pop Art erfasste auch die Mode. So ab 1966 ergriff die Jugend Amerikas eine nicht vorauszusehende Liebe zu sogenannten „Paper Dresses“, einfachen, minimalistischen Kleidern aus Vliesstoff, die ganz und gar dem in den Sechzigern vorherrschenden Modetrend entsprachen. Einfache Schnitte, preiswert im Kauf präsentierten sie als bunte „Werbefläche“ Andy Warhols Hollywoodstarporträts oder Pop Art-Graphiken anderer Künstler. Innerhalb von 8 Monaten wurden

500 000 Kleider verkauft (Katalog).

Souper Dress, unbekannt, USA, um 1967, Minikleid aus Papiervlies, bedruckt mit Campbell ́s Soup Cans, Sammlung Kamer/Ruf, Ankauf 2003 mit Mitteln der Kulturstiftung der Länder, © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstgewebemuseum / Saturia Linke

Und Europa?

Gegen Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde Pop Art auch in Deutschland und Europa modern. Die Werke verfolgten keinen einheitlichen Stil, aber mit Arbeiten von K.P.Brehmer, Sigmar Polke, Maria Lassnig , Ulrike Ottinger, der Gruppe um Equipo Cronica und nicht zuletzt von David Hockney (nicht ausgestellt, siehe aber https://www.sister-mag.com/magazin/sistermag-no-57-mai-2020/hosen-in-der-kunst/ S.72) gab es auch in diesem Bereich der Welt Kunstwerke im Pop Art-Stil, die zu gesellschaftlichen Entwicklungen Antworten suchten.

Ulrike Ottinger, Ohne Titel, 1966/67, Farbsiebdruck, © Ulrike Ottinger / Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Dietmar Katz
„Mein Werk ist eng verwandt mit der Werbegrafik, weil es vorgetäuschte Intellektualität entlarvt, und sich ohne Umschweife äußert.“
Mel Ramos
Pop on Paper
Von Warhol bis Lichtenstein12.05.2020 bis 16.08.2020
Kulturforum, Kupferstichkabinett
Matthäikirchplatz, 10785 Berlin
Di – Fr. 10 bis 18: Uhr
Wochenende 11-18 Uhr
Tickets: 8-16 Euro
Tel.: 030 266424242