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Piet Mondrian in Düsseldorf oder Guido Reni in Frankfurt – am besten beides! von Dr. Michael Neubauer

In dem Roman-Zyklus “Die Wege der Freiheit” lässt Jean-Paul Sartre einen europäischen Kunstkritiker vor den Bildern Piet Mondrians in einer großen New Yorker Ausstellung verzweifelt sagen:

„Sie haben nichts mit der erlebten Wirklichkeit zu tun: Ich frage mich bloß, ob ich nicht überhaupt aufgehört habe, an die Kunst zu glauben. Mondrian ist unser Gott, erklärt ein amerikanischer Freund dem zerrissenen Europäer. Wir Amerikaner wollen eine Malerei für glückliche Menschen oder für solche, die versuchen, es zu sein. “
art, 1995, S.51

Ja, das wollte Piet Mondrian! In der mit Theo van Doesburg (1883 – 1931) herausgegebenen Kunstzeitschrift „De Stijl“ schrieb er:
„Man dient der Menschheit, indem man sie erleuchtet.“
oder
„Die reine plastische Sicht muss eine neue Gesellschaft aufbauen“, in der die ganze Umwelt ästhetisch erneuert ist und „auf sämtliche Künste, wie wir sie heute kennen, verzichten können, denn dann wird die herangereifte Schönheit das greifbare Wirkliche sein. Mit etwas gutem Willen wird es nicht unmöglich sein, ein irdisches Paradies zu schaffen.“ (art, 1995, S.51)

und … Guido Reni, einer der exzellentesten Barockmaler im 17. Jahrhundert?
Absichtlich und bewusst strebte auch er in seinen Werken nach idealer Schönheit. Er idealisierte seine Motive, verschönerte und liess weg, was nicht passte. Was nicht wundert in einem von Kriegen beherrschten Jahrhundert.

Was könnte uns in einer von Umgewissheiten, Zerrissenheit und Ängsten bestimmten Zeit besser „gut tun“ als ein Blick auf eines dieser optimistisch gemeinten und gemalten Bilder? 

 

 

1575 Guido Reni (–1642)
Himmelfahrt Mariens, um 1598/99
Öl auf Kupfer, 58 x 44,4 cm
Städel Museum, Frankfurt am Main
Foto: Städel Museum 

Guido Reni (1575 – 1642) war zu Lebzeiten ein Star. Bekannt in ganz Europa, geschätzt und begehrt vom Papst bis zu allen bekannten Herrschern seiner Zeit. Er kam aus Bologna, hatte dort in der Malakademie der Carracci alles gelernt, was ihn für eine unglaublich brillante, prosperierende Zeit in Rom Voraussetzung war. Er und seine Werkstatt verzierten Kirchen, Paläste und Gemälde, schufen Fresken, die sich mit Werken Raffaels messen konnten.

Häufig orientierte sich Guido Reni an bekannten Werken und arbeitete sie nach seinem Schönheitsempfinden um. Das und die merkantile  Verwendung seiner Motive u.a. auf Heiligenbildern der Kirche, Kruzifixen oder Kerzen führten beginnend im 18. Jahrhundert zu Kritik und zum Vergessen seiner hohen Kunst. Berühmt sind seine Jesus- und Marienbilder mit dem gen Himmel gerichteten Blick. 

 

Mit dieser Ausstellung in Frankfurt wird Guido Reni wieder auferstehen, blicken wir doch neben seinen „göttlichen“ Werken mit Freude und Neugier auf einen gut aussehenden, zwar frommen und keuschen, aber jederzeit verschwenderischen, vor allem großzügigen Mann. 

 

 

Guido Reni (1575–1642)
Büßende Magdalena, um 1635
Öl auf Leinwand, 90 × 74,3 cm Baltimore,
The Walters Art Museum
Foto: The Walters Art Museum, Baltimore 

Die Motive für die Kunst des fast 300 Jahre jüngeren Piet Mondrian (1882 -1944) waren ähnlich, auch er wollte die Welt in einem ästhetischen, klaren Licht darstellen. Eine solide malerische Ausbildung erhielt er an der Rijksakademie in Amsterdam. Landschaften, alles, was um Amsterdam zu sehen war, bildete er in der realistischen Tradition der Haager Schule ab. Ein erster Abschied von dieser Tradition war 1908 das Bild „Windmühle bei Sonnenschein“. 

 

 

Piet Mondrian. Evolution |
Piet Mondrian,
Windmühle bei Sonnenschein, 1908,
Öl/L, 114,8 x 87 cm,
Kunstmuseum Den Haag

Man kann pointillistische Einflüsse aber auch die des Jugendstils, des Fauvismus und Kubismus beobachten. Theosophische Themen wurden interessant. Kontakte nach Paris bestätigten sein Gefühl, alles Gegenständliche auf einfachste Linienelemente reduzieren zu müssen, Konstrukte aus Waagerechten und Senkrechten entstanden. Der Neo-Plastizismus war geboren, dem Mondrian`s philosophischen Gedanken zugrunde liegen. Seine bekannten Farben Rot, Blau. und Gelb, neben den Unfarben Schwarz, Weiss und Grau bestimmten zukünftig all seine Werke. Die zahlreichen, verschieden großen und variabel angeordneten Rechtecke komponierte er malerisch, nicht rechnerisch – und das konsequent. Als sein  Mitstreiter Theo van Doesburg Diagonale in die Rechtecke einzog, trennte er sich von ihm. Mondrian konterte mit einem auf der Spitze stehendem Quadrat. 1938 verließ Piet Mondrian Paris über London nach New York. Hier fand er seine Erfüllung. Das vorwärts gewandte, brodelnde Leben lag ihm sehr. Schnell fand er fachlichen Kontakt und bereicherte selbst das Kunstleben. 1945 ehrte ihn das Museum of Modern Art mit einer viel beachteten, großen Einzelausstellung. 

 

Piet Mondrian. Evolution |
Piet Mondrian, New York City I, 1941,
Öl und Papier auf Leinwand,
120 x 115,2 x 2,7 cm
© Mondrian/Holtzman Trust, c/o Beeldrecht, Amsterdam, Holland,
Kunstsammlung Nordrhein Westfalen, Düsseldorf,
Foto: Walter Klein, Düsseldorf

Kunstsammlungen Nordrhein-Westfalen  – K2
Mondrian.Evolution
Grabbeplatz 5
40213 Düsseldorf
bis 12. Februar 2023
Montag geschlossen                                                             

 

Museum Städel
Guido Reni. Der Göttliche
Schaumainkai 63,
60596 Frankfurt am Main
bis 05.März 2023
Montag geschlossen