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Picasso / Miro. Eine Künstlerfreundschaft im KUNSTMUSEUM Münster

In Münster kann man jubeln! Das in Deutschland einzigartige „Kunstmuseum Pablo Picasso“, schon bisher durch eine exklusive Präsentation von vor allem grafischen Werken von Pablo Picasso, Georges Braque, Marc Chagall, Henri Matisse und Honore Daumier geadelt, erhielt als Geschenk zum 20. Geburtstag seines Bestehens eine bedeutende Sammlung von 53 Werken des spanischen Künstlers Joan Miro (1893-1982) als Dauerleihgabe geschenkt. Leihgeber ist der Sparkassenverband Westfalen-Lippe. Ergänzt wird die Sammlung durch 14 Fotos des Schweizer Fotografen Ernst Scheidegger, die Joan Miro bei seiner Arbeit in seinem Atelier zeigen. Alle Werke der Sammlung, mehrheitlich großformatige Grafiken, stammen alle aus der Pariser Galerie Maeght, die seit 1948 alle Werke Miros verlegte. Alle 53 Werke hatten noch nie die Pariser Galerie für Ausstellungen o.ä. verlassen, kommen also als echte z.T. unbekannte Originale nach Münster.

Mit Joan Miros Werken zieht ein Künstler in das von Pablo Picasso beherrschte Haus ein, der nicht nur Landsmann von ihm war, sondern zu den wenigen gehörte, die mit Picasso freundschaftlich verbunden waren.

Sie trennten knapp 12 Jahre im Alter, aber eine gemeinsame regionale kulturelle Verwurzelung in den Gassen der hafennahen Altstadt von Barcelona bot ihnen ein Leben lang die Basis für ihr künstlerisches Schaffen und für eine Freundschaft, die sie beide bis in ihr hohes Alter begleiteten. Pablo Picasso war 1881 im südspanischen Malaga geboren, 1895 zog die Familie nach Barcelona. Schon mit 15 Jahren richtete ihm sein Vater in der Altstadt Barcelonas ein Atelier ein (Carrer de la Plata 5), nur 500 m vom Geburtsort des mittlerweile 2jährigen Joan Miro entfernt (Passatge del Credit 4), ein.

Beide Maler erlebten in ihrer Jugend die Altstadt Barcelonas.

Er war hier am 20.04.1893 geboren. Lange Zeit atmeten sie in ihrer Jugend die gleiche Luft. Das bunte Treiben in den engen Gassen und Plätzen der Altstadt, das soziale Umfeld in dieser lebensvollen und -bejahenden Metropole hinterließen bei beiden eine lebenslange Liebe zu ihrer Heimat, ihrem Katalonien.

Nach 1911 erholte sich Joan Miro im neuerworbenen Bauerngut in Montroig (südl. von Tarragona),
oft bezog er sich in Frühwerken auf diese ländliche Gegend, z.B.
„La Ferme“ 1921
„Terre Labouree“ 1923/24

Joan Miro,
Die Landleute,1969, Lithografie,
Copyright Sucessio
MiroVG Bild-Kunst,
Bonn 2020

Dabei konnten sie unterschiedlicher nicht sein. Während der selbstbewusste, nie verlegene, das Leben in vollen Zügen genießende Pablo Picasso nicht nur durch sein phantastisches Jahrhundertwerk Beachtung findet, gab seine Persönlichkeit, sein Lebensstil bis heute vielen Kunsthistorikern für ihre Nachforschungen reichlich Stoff. Anders Joan Miro, von ihm kennen wir vor allem sein Werk. Er war zurückhaltend, kein Wortführer, bescheiden in seinem Auftreten. Er formulierte es so:

„Die humoristischen Elemente, die man vielleicht in. Meiner Malerei findet, habe ich nicht gewollt. Wahrscheinlich kommt dieser Humor daher, dass ich versuche, meiner tragischen Veranlagung entgegenzuwirken: ist also Reaktion, nicht Absicht.“
Joan Miró

1912/15 Studium an Francesc Galis privater Kunstakademie/Barcelona
1915/18 Zeichenkurse im Cercle Artistic de Sant Luc

Joan Miro,
Der Gebildete – rot, 1969, Lithografie,
Copyright Successio Miro/VG, Bild-Kunst
Bonn, 2020

1919 reiste er erstmalig nach Paris. Er besuchte Pablo Picasso in dessen Atelier. Es war die Geburtsstunde einer immerwährenden Freundschaft, eine Gunst, die nur wenige bei Picasso errangen.

Aber Paris war mehr, Paris war für Miro das „künstlerische Erweckungserlebnis“ für sein Tun. Neben Picasso lernte er Wassily Kandinsky, Paul Klee und Hans Arp kennen. Durch Max Ernst, Andre Masson und Andre Breton zog es ihn zum Surrealismus, ohne letztlich diesem Stil treu zu bleiben. Die Balance zwischen Traum und Spontanität einerseits und ästhetischer Kontrolle und Disziplin andererseits führten bei ihm zu der Erkenntnis, die Gestaltung des Bildes und die magischen Seiten der Dinge zu betonen und nicht die durch Träume erzeugten poetischen Assoziationen. Richtungsweisend war sein Gemälde „Terre labouree“ von 1923/24. Mit diesem und folgenden zeigte sich sein eigener Weg, der sich von den Surrealisten entfernte.

Die 30iger Jahre folgten mit ihren düsteren politischen Entwicklungen in Europa, 1936-39 auch in Spanien. Joan Miros Bilder wurden ernster, das beschwingte verlor sich. Inzwischen war er ein international anerkannter Künstler, dem es gelang, die Zeit des Spanischen Bürgerkrieges in Frankreich und New York zu verbringen. Als deutsche Truppen im 2. Weltkrieg auf Paris vorrückten, flüchtet er auf die Insel Mallorca, neben Barcelona und Paris der dritten Station seines Lebens, auf die er 1956 endgültig übersiedelte.

Zwischenzeitlich hatte er sich 1938 mit dem Polen Louis Marcoussis der Radiertechnik gewidmet und am Ende des Krieges mit dem Keramiker Llorens Artigas Teller und Vasen mit seinen Motiven veredelt. Alle künstlerischen Techniken, von der Malerei, Plastik, Grafik, von Holzschnitten und Farblithografien bis zu neuen zu bearbeitenden Materialen, fanden sein kreatives Interesse. Unermüdlich und mit gleichbleibender Konzentration schuf er ein gigantisches Lebenswerk. Er hinterließ allein 3500 grafische Arbeiten, von denen ab jetzt 53 in Münster bewundert werden können.

Joan Miro
Moderausch, Gelb, 1969
Lithografie
Copyright Successio,
Miro/VG Bild-Kunst,
Bonn 2020

Die Sammlung umreißt die Schaffensperiode von 1938 bis 1982, eine Zeit, in der Joan Miro seinen ganz persönlichen künstlerischen Stil gefunden hatte. Die Beschäftigung mit der Drucktechnik fesselte ihn, riesige bunte Keramikwände entstanden, Plakatentwürfe für Sport und Tourismus folgten, die Begeisterung für Literatur schlug sich in Malbüchern für Tristan Tzara und Paul Eluard nieder. Es waren keine Illustrationen zum Text, sondern wie in all seinen Werken durch Musik, Erlebnisse, Gedanken, Träume und vielleicht auch Wünsche, Erwartungen inspirierte Figuren, die in ihm während des Entstehens einen Schock empfinden ließen, „der Leben in sich hat“(2).

„Für mich ist Form niemals etwas Abstraktes, es ist immer ein Zeichen von etwas. Es ist immer ein Mensch, ein Vogel oder sonst etwas. Für mich ist Form niemals Selbstzweck.“
Joan Miró

An diese Gedanken, seine Kunst als die Wiedergabe von etwas Figürlichem zu empfinden, muss man sich bei der Auseinandersetzung mit seinem Werk erinnern. Nicht die rasche Logik wird uns die Bilder erschließen, sondern die Lust, seinen Eingaben in Ruhe einfühlsam zu folgen, wird uns seine Freude und seine Kritik an dieser Welt erkennen lassen. Man muss sich einlassen und ihm folgen können, wenn er sagt, zwei und zwei ist nicht gleich vier. Nur so regt es unsere Fantasie an.

Die Ausstellung „Picasso/Miro. Eine Künstlerfreundschaft“ zeigt im Nebeneinander der grafischen Werke beider die unterschiedlichen Arbeitsweisen, Techniken und Temperamente in der Verwirklichung ihrer Werke. Welchen Einfluss hatte der Surrealismus auf beide, wie unterscheiden sich Tierdarstellungen, wie war ihr schöpferischer Umgang mit Bildideen kunsthistorisch alter Meister? 100 Exemplare ihres grafischen Werkes werden den zu Lebzeiten lebendigen Dialog der beiden Großen der spanischen Kunst fortsetzen.

Joan Miro
Der Kutschenführer, 1973
Radierung, Aquatinta und Carborundum
Copyright Successio
Miro/VG Bild-Kunst
Bonn 2020

„Wenn wir nicht trachten, das religiöse Wesen, den magischen Kern der Dinge herauszufinden, werden wir den Quellen der Verdammung, die den Menschen heute zahlreich geboten werden, nur noch neue hinzufügen.“
Joan Miró

Quellen

  1. Kunstmuseum Pablo Picasso
  2. Joan Miro. Die Farbe seiner Träume, Hrsg: Markus Müller, 2010
  3. zum schirn mag. Der magische Kern der Dinge. Ekkehard Tanner, 02.Juni 2016

Picasso/Miro. Eine Künstlerfreundschaft.

19.09.2020 bis 31.01.2021

Kunstmuseum Pablo Picasso Münster

Picassoplatz 1, 48143 Münster

Tel. 025 41447-10

inbfo@picassomuseum.de

www.kunstmuseum-picasso-muenster.de

Mo-So und an Feiertagen 10- 18:00 Uhr

Freitags 10-19:00 Uhr