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Friedrichswerdersche Kirche in Berlin-Mitte – Erste Eindrücke nach erneuter Sanierung von 2012 bis 2020

Friedrichswerdersche Kirche Außenansicht 2019
© Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker

Zur Freude aller Berliner und vieler Kunstliebhaber darüber hinaus ist die umfassende Restaurierung und Sanierung der von Karl-Friedrich Schinkel entworfenen »Friedrichswerderschen Kirche« in Berlin Mitte in ihrem ursprünglichen originalen Zustand abgeschlossen (ursprüngliche Bauzeit 1824 – 1831). In schlichter Eleganz triumphiert das z.Z. noch völlig leere Bauwerk und preist damit seine harmonisch gediegene Architektur und vielleicht den schönsten Innenraum, den Berlin in dieser Größe hat. Es ist sehenswert, wie ein genialer Baumeister mit durchaus begrenzten Mitteln ein Kunstwerk für die Ewigkeit schuf.

Die Ewigkeit hatte es allerdings mit dem Bau nicht so gut gemeint. Kurz vor Ende des 2. Weltkrieges beschädigten Bomben die Turmfront und weite Teile des Schiffes. Zu DDR-Zeiten erfolgte von 1982 bis 1987 ein umfassender Wiederaufbau. Die Kirche wurde Schinkel-Museum und präsentierte Skulpturen von Bildhauern seiner Zeit. Aber weitere unvorstellbare Gefahren drohten. Die Arbeiten für eine zweigeschossige Tiefgarage für den in unmittelbarer Nähe entstehenden Wohnpark »Kronprinzengärten« brachten die Statik des Baukörpers ins Wanken. Breite, den ganzen Boden der Kirche durchlaufende Risse traten auf, das Gewölbe drohte einzustürzen. Das Museum wurde 2012 geschlossen.

Friedrichswerdersche Kirche am Werderschen Markt
Fotografie, 1856
© bpk / Staatsbibliothek zu Berlin / Leopold Ahrendts
Friedrichswerdersche Kirche Ansicht von Osten 2020
© Dr. Michael Neubauer
Zu allen Zeiten eng umbaut, seinerzeit ohne Bauten in die Tiefe

Nun nach 8 Jahren ist die Rettung und Sanierung vollbracht. Die Kirche steht wieder in alter Schönheit und demonstriert uns, den Touristen aber auch den internationalen Gästen im gegenüberliegenden Außenministerium, das Können und die Schönheit Berlin-preußischer Architektur.

Dabei war dieser Bau für Schinkel nicht typisch. Er ist kein Beispiel klassizistischer Bauweise. Beide bestimmenden Könige, sowohl Friedrich Wilhelm III. als auch sein Sohn plädierten für einen Bau in historischer, in mittelalterlicher Weise. Sie argumentierten, dass eine Kirche dieser Form besser in den alten Stadtteil Friedrichswerder passen würde. So entstand sie als »Schinkels gothisches Schmerzenskind« (Kritiker) als neugotisches Bauwerk. Dabei hatte sich der Architekt nach mehreren Vorschlägen eher an englischen Vorbildern gotischer Bauweise als an französischen oder deutschen orientiert. Es ist übrigens der einzige Kirchenbau Schinkels in Berlins Innenstadt.

Friedrichswerdersche Kirche, perspektivische Ansicht mit Giebelwand zur Falkoniergasse,
Karl Friedrich Schinkel
Zeichnung, 1824
© Staatliche Museen zu Berlin / Kupferstichkabinett

Man schreitet durch eines der beiden von Friedrich Tieck geschaffenen Doppeltore und betritt einen durch Holz und Sandsteinfarbigen warmen, hellen nach oben strebenden Raum. Die spitzwinkeligen in Holz gefassten Arkaden münden im Chor beidseits in kunsthandwerklich bearbeiteten Treppenaufgängen, die zu der schmalen, die Kirche umgreifenden Empore führen.

Friedrichswerdersche Kirche Innenansicht 2019
© Staatliche Museen zu Berlin / Andres Kilger
Friedrichswerdersche Kirche 2020
© Dr. Michael Neubauer
Treppenaufgang zur Empore

Schlanke, durchgehend bis in das Kreuzrippengewölbe führende Pfeiler sind mit ihren korinthisch auslaufenden Kapitellen ebenso Ausdruck des neugotischen Stiles wie die großen Maßwerk geschmückten lichthellen Fenster. An die frühere christliche Funktion erinnern nur noch ein mit einem Kreuz versehener Block im ehemaligen Altarbereich und eine ebenfalls aus Holz bestehende Kanzel.

Friedrichswerdersche Kirche Decke
© Staatliche Museen zu Berlin / Andres Kilger

Friedrichswerder war im 17. Jahrhundert neben Berlin und Köln die dritte aufstrebende Gemeinde, nicht zuletzt durch den Zuzug der protestantischen Hugenotten. Die Reformierte Französische Kirche und einheimischen Protestanten benötigten ein Gotteshaus, das sie gemeinsam benutzen wollten. Eine Interimslösung war in die Jahre gekommen, war baufällig geworden, so dass Friedrich Wilhelm III. Anfang des 19. Jahrhunderts Karl-Friedrich Schinkel mit einem Kirchenneubau beauftragte. Die gemeinsame Nutzung als protestantische Kirche funktionierte bis zur Zerstörung im 2. Weltkrieg.

Die Friedrichswerdersche Kirche ist im Besitz der Staatlichen Museen zu Berlin und wird im Laufe des Jahres wieder als Museum genutzt werden. Ähnlich wie in den Jahren von 1987 bis 2012 werden Bildhauerwerke von Johann Gottfried Schadow, Christian Daniel Rauch, Emil Wolff, Friedrich Tieck, Theodor Kalide und weiteren aus dem Bestand der Schinkelzeit bis zum Kaiserreich zu sehen sein. Es werden Werke von Bildhauern mit französischen und anderen europäischen Wurzeln hinzukommen. Für das Doppelstandbild der Prinzessinnen Luise und Friederike von Preußen (J.G.Schadow) ist ein Platz in der Kirchenmitte bereits reserviert.

Veranstaltungen

Ab Februar 2020 wird es jeden 2. und 4. Sonntag im Monat 14:00 Uhr Führungen für Einzelbesucher (4 €) geben.

Ab Mai 2020 jeden 1. Dienstag im Monat 12:00 Uhr gibt es Einblicke in die Restaurierung von Hagens Schadow-Statue (Work in progress)  (4€).

Am Mittwoch 22.4./29.4./6.5. und 13.5. von 11 – 12:30 Uhr gibt es die Vortragsreihe V14 der Akademie »Schinkel – Ein Blick in Preußens Blüte« Teilnahmegebühr 24€ (Auditorium James Simon Galerie).

Weitere Informationen und Buchung über service@smb.museum oder www.smb.museum