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Eröffnung des „Kleinen Grosz Museums“ in Berlin

Es wird 1912 gewesen sein. Die Eingangstür des “Romanischen Cafes” am Berliner Breitscheidplatz öffnete sich und ein junger weissgepuderter Dandy in einem karierten, auswattierten Jackett, dabei ein Spazierstöckchen schwingend trat herein: der Kunststudent Georg Ehrenfried Gross  (1893 – 1959). Die hier regelmässig versammelte Künstleravantgarde staunte nicht schlecht. Er fiel sofort auf, der junge noch bei Professor Emil Orlik (1870-1932) in der Charlottenburger Lehranstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums studierende „George Grosz“! Aber wie  schon der ins Künstlerische gewandelte Namen zeigte, er wollte mehr. Immerhin lag ein Studium an der „Königlichen Kunstakademie“ in Dresden bei Richard Müller (1874-1954) und Robert Sterl (1867-1932) hinter ihm.  Zu allem, was  in dieser großen Stadt Berlin passierte, hatte er eine Meinung, die er unbedingt auf Papier bringen wollte. Mit dem Blatt „Durchhalten“ trat er erstmals 1915 an die Öffentlichkeit, noch unbeachtet, aber schon in stechender Satire über die amoralischen Zustände.

„Ein makabrer Leichenwagen fährt am Horizont entlang, eigentümliche Gestalten eilen an ihm vorbei, eine mit einem durchsichtigem Kleid bekleidete nackte Frau dreht einem Mann, der einen Sarg unter dem Arm trägt, den Rücken zu. Alle Gesichter sind fratzenhaft verzerrt. Das Ganze wirkt, wie in Eile hingekritzelt, vielleicht wie die Wandkritzeleien frivoler Jugendlicher. “
Georg Grosz, Welt der Kunst, S.5

Ein kaltes, abschreckendes Bild, ein kritisches Bild. Wieland Herzfelde (1896 – 1988), Schriftleiter der seit 1916 erscheinenden Zeitschrift „Neue Jugend“ erkannte sofort, die wirkungsvolle Aussage dieses Bildes und präsentierte George Grosz der Öffentlichkeit. Rasch war sein Name in aller Munde. George-Grosz-Zeichen-Mappen erschienen im „Malik-Verlag“, mittlerweile von den Brüdern Herzfelde geführt. Er war die Plattform für die fortschrittliche Avantgarde jener Zeit. Die Karriere des Künstlers „Grosz“ hatte begonnen, die „goldenen Zwanziger Jahre“ und Berlin warteten nur auf ihren wilden und hemmungslosen Satiriker: George Grosz. 

Ab dem 14. Mai 2022 können wir diese spannende und wenig bekannte  Zeit des jungen George Grosz unter dem Titel „SCHREIBEN SIE DOCH BITTE GROSZ STATT GROSS“ in einem neu eröffneten Museum in der Berliner Bülowstrasse 18 sehen. „Das kleine Grosz Museum“ hat sich mit seinen privaten Initiatoren (George Grosz in Berlin e.V.) vorgenommen, die hervorragende Bedeutung von George Grosz insbesondere für das Berlin der 1920iger Jahre und Berlin überhaupt mit mehreren ins Detail gehenden Präsentationen explizit zu würdigen. Viele Fragen in der Biografie müssen näher betrachtet werden. Die Berliner Dada-Bewegung in ihrer betont politischen Auslegung im Vergleich zu anderen Zentren, wie kommunizierte Grosz mit seinen Dada-Freunden und Hanna Höch? Welchen Einfluss hatte der italienische Futurismus auf die Kunst George Grosz‘? Übernahm er Techniken der Pittura Metafisika? Letztlich fügte er sich unter die Maler der Neuen Sachlichkeit ein, natürlich zum kritischen Teil gehörend. Empfand er sich überhaupt als Stil-Kollege eines Alexander Kanoldts (1881 – 1939) oder Georg Schrimpfs (1889 – 1938)? 

Der richtige Ort für all diese Diskussionen steht bereit. Ganz im Sinne von George Grosz, mitten in seinem Kiez, der Nollendorfplatz ist nicht weit, wird es in einer Tankstelle heissen „Hier bei Grosz, nicht bei Gross“.

DAS KLEINE GROSZ MUSEUM

Bülowstrasse 18
10783 Berlin

Öffnungszeiten:
Sa bis Mo + Do 11 – 18 Uhr
Fr 11 – 20 Uhr
Die + Mi geschlossen

Kontakt
info@daskleinegroszmuseum.berlin