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Das „Goldene Ei“ August des Starken kehrt nach Jahren in das „Grüne Gewölbe“ der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zurück.

Das sog. Goldene Ei, wohl deutsch, um 1700
© Grünes Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen Dresden,
Foto: Michael Wagner

Karl XII. Empfängt Stanislaw Leszczynski
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Das Jahr 1704 war für August den Starken (16701733), König von Polen und Kurfürsten von Sachsen, kein einfaches Jahr. Gemeinsam mit der Armee des Russischen Zarenreiches und zeitweise denen von Dänemark und Norwegen kämpfte Sachsen-Polen gegen Schweden um die Vorherrschaft im Ostseeraum. Der schwedische König Karl XII (1862 – 1718), ein verwegener 18jähriger kluger Hitzkopf machte den Gegnern das Leben schwer.

Ärgerlich für August II. war vor allem, dass Karl XII. in Warschau einen schwedentreuen König, den Aristokraten Stanislaus I. Leszczynski (1677 – 1766), einsetzte und damit August zumindest zeitweilig entthronte. Von 1704 bis 1709 regierte Leszczynski als König von Polen und Großfürst von Litauen.

Wer die sächsische Seele kennt, weiß, sie braucht Ersatz, etwas Erfreuliches in dieser für August so tristen Situation. Sicher deshalb zwischenzeitlich in Dresden anwesend kam dem Kurfürsten 1705 das Angebot der Leipziger Ostermesse, ein ganz besonderes Goldenes Ei zu kaufen, gerade recht. Er war begeistert, kannte zwar den Schöpfer nicht, aber es barg ungeahnte Schätze. Ein überaus wertvolles Spielzeug, ein Zeitvertreib, ein Meisterwerk des Goldschmiedekunst ließ so manche Mußestunde zu einem überraschenden Erlebnis werden. Mit ruhiger Hand ließen sich die Pole des Eies abschrauben. Unter dem breiteren zeigte sich, mit Vorsicht geborgen, eine kleine Henne mit Rubinaugen und einem minutiös gefertigten emaillierten Gefieder. 

Das sog. Goldene Ei, wohl deutsch, um 1700
© Grünes Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen
Dresden,
Foto: Michael Wagner

Aber noch kein Ende des Spaßes, denn auch die Henne bot weiteres: nämlich das, was August beruhigte, eine mit Diamanten und Perlen besetzte Krone, ein Fingerzeig wer in Warschau wohl der eigentliche König von Polen zu sein hat. Die Erklärung folgte auf der Unterseite der Krone. Hier war ein Siegelstein eingelassen, der ein Schiff in stürmischer See zeigte. Darüber las man in französischer Schrift „CONSTANT MALGRE L´ORAGE“ – „STANDHAFT TROTZ DES STURMS“ – so wie er war, August der Starke! 

Das sog. Goldene Ei, wohl deutsch, um 1700
© Grünes Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen
Dresden,
Foto: Michael Wagner

Das sog. Goldene Ei, wohl deutsch, um 1700
© Grünes Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen
Dresden,
Foto: Michael Wagner

 

Zu allem Übermut beinhaltete die Krone auch noch einen kleinen Fingerring, standesgemäß mit Diamanten und Edelsteinen besetzt.  Der Raum unter dem kleineren Eipol sorgte mit einer Tülle für einen sicher parfümierten Schwamm für das Befindliche. 

Ein Spielzeug für Stunden, mit Geschick, Anmut und Überraschung!

Und all das können wir ab sofort im Grünen Gewölbe der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden bewundern. Welchen Weg dieses famose Ei später nahm ist nur bruchstückhaft bekannt. Es fand früh, sozusagen als „Gründungsobjekt“ seinen Platz in der nach 1723 von August dem Starken für die Öffentlichkeit geschaffenen „Wunderkammer“ in den von Kurfürst Moritz um 1550 errichteten „Grünen Gewölben“ des Schlosses. 1924 gelangte es im Rahmen der Fürstenabfindung nach dem Ersten Weltkrieg an die Albertiner des Hauses Wettin. Vielleicht wurde das Ei zwischen vermögenden Sammlern weitergereicht, Genaues ist nicht bekannt. Wichtig und beglückend ist nur, dass diese Rarität an ihren Platz zurückgekehrt ist. Das Neue Grüne Gewölbe zeigt das Goldene Ei August des Starken dank der Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung als Dauerleihgabe dort, wo es zu allen Zeiten eines der Prunkstücke dieser Sammlung war. 

Echte Kunst-Eier gibt es wenige, aber es gibt noch weitere. Dem Augusteiischen sehr ähnlich in Aufbau und Machart ist die goldene Variante in der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums Wien und eine in der Königlich Dänischen Sammlung auf Schloss Amalienborg. Sie unterscheiden sich in den Augenfarben, dem Gefieder der Henne, erreichen aber die ähnliche Größe von 5cm wie das Dresdner Ei. Sprechen wir von Eiern in der Kunst, denkt man sofort an Faberge-Eier. Peter Carl Faberge (1846 – 1920) lebte mit seiner Familie von 1860 bis 1864 in Dresden, besuchte hier die Handelsschule und wie man weiß, des öfteren das Grüne Gewölbe. So ist es denkbar, dass er Anregungen durch das Goldene Ei August des Starken für sein späteres Schaffen fand. 

Es gibt Dinge, lebende und stoffliche, die für sich das Ganze erst zu dem machen, was es ist oder sein will. Das Goldene Ei August des Starken ist so ein Ding. 

Grünes Gewölbe

Öffnungszeiten

täglich 10—18 Uhr, Dienstag geschlossen  (Historisches Grünes Gewölbe)
täglich 10—17 Uhr, Dienstag geschlossen  (Neues Grünes Gewölbe)

Barrierefreier Zugang
Der stufenlose Zugang ist über die Sophienstraße, Taschenberg 2 und die Schloßstraß möglich.

Das sog. Goldene Ei, wohl deutsch, um 1700©
Grünes Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen Dresden,
Foto: Michael Wagner