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Ausstellung zum Raffael-Jahr in Dresden: »Raffael – Macht der Bilder. Die Tapisserien und ihre Wirkung«

Ausstellungsansicht »Raffael – Macht der Bilder. Die Tapisserien und ihre Wirkung.«
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Alexander Peitz

2020 – das Raffael-Jahr

Rafael Santi, geboren 1487 in Urbino, starb vor 500 Jahren 1520 in Rom 

Viele Museen in Deutschland haben nach der Corona bedingten Zwangspause wieder geöffnet, so dass auch wir vom sisterMAG noch einmal die Referenz, die man dem berühmten Renaissancemaler Raffaelo Santi, genannt Raffael anlässlich seines 500. Todestages am 6. April mit einem Raffael-Jahr in vielen Museen erwiesen hat, bekunden wollen.

Die sicher bedeutungsvollste Rückschau auf sein Werk fand im römischen Scuderie del Quirinale bis Anfang Juni 2020 statt. Gleich zu Beginn der Ausstellung zeigten die Ausstellungsmacher den im antiken Pantheon stehenden Sarkophag Raffaels mit dem von Pietro Bempo verfassten Vers:

„Dieser hier ist Raffael. Als er lebte, fürchtete die Natur, von ihm übertroffen zu werden, und als er starb, mit ihm zu sterben.“

Mit dieser Inszenierung traf man gleich zwei mit Raffael verbundene Wahrheiten: die hohe Bedeutung, die er seinen antiken Vorfahren in ihrer Kunst beimaß und die geniale Art, in seinen Werken das Ideal der Schönheit zu verwirklichen.

Raffael – der große Künstler der italienischen Renaissance

Raffael arbeitete seit 1508 in Rom. Wie kaum ein anderer bewies er mit der Ausmalung der päpstlichen Gemächer, der vatikanischen Stanzen, der vatikanischen Loggien und mit einem lustvollen Blick die der Villa Farnesina seine Fähigkeit, die unvollkommene Natur mit seinem ästhetischen Empfinden in seinen Werken zu verbessern. Bunt, lebensnah und lebensfroh sprechen uns diese einzigartigen monumentalen Bilder mit ihren vielen Details an.

Aber es gab ein Vorher, eine Zeit in Florenz, wo er sich an den Großen seiner Zeit probierte und im Malen einer großen Zahl von Madonnenbildern seinen Stil fand. Eine Auswahl war in der Berliner Gemäldegalerie zu sehen, nachzulesen in unserer Ausstellungsbesprechung »Raffael in Berlin. Die Madonnen der Gemäldegalerie«Dazu passend kann man noch bis zum 23.08.2020 sehen »Raffael in Berlin. Meisterwerke aus dem Kupferstichkabinett«. 

Aber auch eine Reise nach Dresden lohnt sich! Unter dem Motto »Macht der Bilder« zeigt die Gemäldegalerie Alte Meister Raffaels Tapisserien. Unter Tapisserien versteht man die Bildwirkerei, das Einwirken von Bildern in eine textile Fläche. Raffaels Tapisserien liefern eine kunsthistorische Geschichte der besonderen Art.

Raffaels Tapisserien – ihr Weg durch Europa

Im Auftrag von Papst Leo X. schuf Raffael 1515/16 einen Zyklus, der die Apostelgeschichte in zehn Bildern für die untere Wandzone der Sixtinischen Kapelle im Vatikan darstellen sollte. Seine Entwürfe für diese Tapisserien, die sogenannten »Raphael Cartoons« fertigte Raffael in Originalgröße, mittels Abklatschverfahren seitenverkehrt und coloriert an. In Streifen geschnitten wurden sie transportiert und von Pieter van Aelst in seiner Teppichweberei in Brüssel gewebt. Die ersten sieben trafen Weihnachten 1519 in der Sixtinischen Kapelle ein. Diese erste Serie ist heute in der Pinacoteca Vaticana der Vatikanischen Museen zu sehen. Mit drei weiteren wurde unmittelbar nach der ersten vatikanischen Serie eine Serie gewebt, die auf Umwegen später Berliner Museen schmückte. Sie war 1542 vom englischen König Heinrich VIII. erworben worden. 1650 nach der Hinrichtung Karl I. wurde sie als Teil des »Commenwealth Sales« nach Spanien (Sammlung Herzog Alba) verkauft. 160 Jahre blieb sie hier. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts kaufte sie ein englischer Privatsammler und holte sie auf die Insel zurück. 1844 erwarb diese Serie Preußen unter Friedrich Wilhelm IV. für die Königlichen Museen Berlin. Man platzierte sie zunächst im Schloss Monbijou, dann im Alten Museum und 1904 erhielt sie im heutigen Bodemuseum einen eigenen Raum. Er heißt heute Gobelin-Saal. 1945 sind alle Berliner Tapisserien höchstwahrscheinlich in einem Sicherungsdepot in Berlin-Friedrichshain verbrannt.

Die Dresdner Tapisserien

Sie nahmen einen anderen Weg! Die Cartoons waren bei Pieter van Aelst in Brüssel geblieben, der sie an andere Werkstätten auslieh. Drei der Cartoons gingen auf diesen Wegen verloren, die restlichen sieben gelangten schließlich nach Genua und wurden auf Anraten Peter Paul Rubens 1623 vom englischen Thronanwärter, dem späteren König Karl I. (s.o.) erworben. Damit hatte das zweite große Kapitel in der Geschichte der »Apostelteppiche« begonnen. Neben einer Reihe von Nachwebungen für europäische Königshöfe wurde in der Mitte des 17. Jahrhunderts auch die spätere Dresdner Serie im englischen Mortlake gefertigt. Zunächst von einem Kardinal von Fürstenberg erworben, wechselten 6 Tapisserien 1728 in den Besitz der Sammlungen des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs August II. (»dem Starken«).

Raffaels Cartoons übrigens wurden seit 1699 in einer Galerie in Hampton Court ausgestellt. Heute befinden sich die sieben Vorlagen für die Bildwerke als Dauerleihgabe des englischen Königshauses im Londoner Victoria & Albert Museum.

Wie sehen sie aus, die Tapisserien, was erzählen sie

Auf seinen Tapisserien reduzierte Raffael Episoden aus dem Leben von Petrus und Paul jeweils auf ein herausragendes Ereignis beider »Apostelfürsten«.

Der wunderbare Fischzug
Raffael (Raffaelo Santi)
Bildteppich nach einem Karton von Raffael Teppich; 415 x 514 cm
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Herbert Boswank

Der wunderbare Fischzug am See Genezareth:

…sagte Jesus zu Simon Petrus: »Fahr hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!« Simon antwortete ihm: »Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Doch auf Dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen.« Das taten sie und sie fingen eine große Menge Fische, ihre Netze drohten aber zu reißen.  (Lukas 5,1-11)

Weide meine Schafe
Raffael (Raffaelo Santi)
Bildteppich nach einem Karton von Raffael Teppich; 431 x 623 cm
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Herbert Boswank

Weide meine Schafe oder Berufung Petri

Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: »Simon, Sohn des Johannes, liebst Du mich mehr als diese?« Er antwortete ihm: »Ja Herr, Du weißt, dass ich Dich liebe.« Jesus sagte zu ihm: »Weide meine Lämmer!« Jesus fragte dies noch zweimal, Petrus antworte noch zweimal dasselbe und die Aufforderung lautete immer: »Weide meine Lämmer!« (Jh. 21, 15-18)

Die Heilung des Lahmen
Raffael (Raffaelo Santi)
Bildteppich nach einem Karton von Raffael Teppich; 431 x 640 cm
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Herbert Boswank

Die Heilung des Lahmen

Petrus und Johannes gingen zum Gebet in den Jerusalemer Tempel. Ein von Geburt an Gelähmter wurde hereingetragen und bettelte beide an. Petrus aber sagte: Silber und Gold besitze ich nicht. … Im Namen Jesu Christi, geh umher! … und richtete ihn auf! Er sprang auf, konnte stehen und ging umher … (Apg. 3,1-8)

Die Predigt des Paulus zu Athen
Raffael (Raffaelo Santi)
Bildteppich nach einem Karton von Raffael Teppich; 431 x 535 cm
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Herbert Boswank

Die Predigt des Paulus zu Athen

Paulus war zornig ob der vielen Götzenbilder, die er in Athen wahrnahm. Er sprach täglich die Menschen daraufhin an. Viele waren skeptisch, viele aber auch neugierig. Also hörten sie ihm zu, als er das ihnen unbekannte Evangelium Gottes, von Jesus und der Auferstehung auf dem Areopag zu Athen verkündete. (Apg. 17,16-34)

Das Opfer zu Lystra
Raffael (Raffaelo Santi)
Bildteppich nach einem Karton von Raffael Teppich; 431 x 647 cm
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Herbert Boswank

Das Opfer zu Lystra

Paulus war mit Barnabas in Lystra. Er ließ einen Gelähmten aufstehen. Das Volk meinte, Götter in Menschengestalt vor sich zu haben und wollte Opfer darbringen. Beide riefen „Männer, was tut ihr? Auch wir sind nur Menschen, …“ Sie wollten die Opfer verhindern. Apg. 14, 5-21)

Ausstellungsansicht »Raffael – Macht der Bilder. Die Tapisserien und ihre Wirkung.«
Gemäldegalerie Alte Meister
© SKD, Foto: Alexander Peitz

In diesem Saal erkennen wir links »Den Tod des Ananias« und rechts »Den Zauberer Elymas mit Blindheit geschlagen«.

Ananias lebte in einer Gütergemeinschaft. Wenn etwas verkauft wurde, wurde der Erlös den Aposteln gebracht. Ananias verkaufte sein Haus und behielt einen Teil des Geldes für sich. Petrus stellte ihn zur Rede. Als Ananias das hörte, stürzte er zu Boden und starb. (Apg. 5,1-5).

Elymas, der Zauberer, störte Paulus und Barnabas als diese an einen Prokonsul auf dessen Wunsch das Wort Gottes richten wollten. Paulus durchschaute das Treiben des Zauberers und rief zu ihm »…willst du nicht endlich aufhören, die geraden Wege des Herrn zu durchkreuzen? Jetzt kommt die Hand des Herrn über dich. Du wirst blind sein und eine Zeit lang die Sonne nicht mehr sehen.« (Apg.13, 6-12)

Tapisserien waren im 15. und 16. Jahrhundert das Medium zur Repräsentation schlechthin, gleich ob in religiösen oder weltlichen Kreisen. Außer der primären vatikanischen Serie für Leo X. sind noch zwei dieser frühen Serien erhalten. Sie befinden sich im Palacio Real in Madrid und im Palazzo Ducale im italienischen Mantua.

Dank August des Starken haben wir die Chance, die unvergleichlichen Werke hier in Dresden zu sehen. Und dabei darf man nicht vergessen, im gleichen Museum hängt eines der berühmtesten Gemälde Raffaels: »Die Sixtinische Madonna«, einst für den Hochaltar der Klosterkirche San Sisto in Piacenza geschaffen – aber das ist eine andere Geschichte.

»Raffael – Macht der Bilder. Die Tapisserien und ihre Wirkung«

Noch bis 30. August 2020
Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Gemäldegalerie Alte Meister

Öffnungszeiten:
Täglich außer montags 11 bis 17 Uhr
Freitags 17 bis 20 Uhr